Der neunte Tag
Deutschland/Luxemburg 2004, Laufzeit: 97 Min., FSK 12
Regie: Volker Schlöndorff
Darsteller: Ulrich Matthes, August Diehl, Germain Wagner, Bibiana Beglau, Jean-Paul Raths, Ivan Jirik, Karel Hromadka, Hilmar Thate, Michael König, André Jung
Nicht ganz uneigennützig schicken die Nazis den im Priesterblock des Konzentrationslagers von Dachau inhaftierten, luxemburgischen Abbé Henri Kremer auf Heimaturlaub. Am neunten Tag steht er dann vor der Entscheidung, in den Untergrund zu gehen oder zurückzukehren und damit das Leben seiner Mithäftlinge (vorläufig) zu retten.Beklemmendes Duell zweier großartiger SchauspielerNeben Werner Herzog, Rudolf Thomé und Wim Wenders gehört der Oscar-Preisträger ("Die Blechtrommel") Volker Schlöndorff zu jenen wenigen deutschen Regisseuren, die nach ihrem Aufstand gegen Opas Kino in den 60er Jahren immer noch auf der Leinwand präsent sind. Schlöndorff, der große Moralist des Neuen Deutschen Films, der sich vor allem mit Literaturverfilmungen ("Homo Faber") und sozialkritischen Gegenwartsfilmen ("Die verlorene Ehre der Katharina Blum") einen Namen gemacht hat, greift in "Der neunte Tag" zum ersten Mal das Holocaust-Thema auf ? in einer Facette, die hierzulande vor 40 Jahren schon einmal für Furore sorgte: Rolf Hochhuths Bühnenstück "Der Stellvertreter" prangerte damals das Schweigen Pius XII gegenüber den Judenmorden an. Es blieb ein Sturm im Wasserglas, weil die katholische Kirche den Skandal aussaß, durch Mittelsmänner die Filmrechte aufkaufte und so eine weltweite Verbreitung verhinderte.Schlöndorff bettet diese Problematik in das in Luxemburg stattfindende Duell zwischen dem Gestapochef Gebhardt (August Diehl) und Kremer (Ulrich Matthes), der diesen ? wohl wissend um die zögerliche, wenn nicht gar anbiedernde Haltung des Vatikan ? auf seine Seite zu ziehen versucht. Kremer soll den aufmüpfigen Bischof zur Kooperation mit den Besatzern überreden. Obwohl seine immer noch einflussreiche Familie ihm die Möglichkeit zur Flucht bietet, entscheidet sich Kremer für den stillen Widerstand und die Rückkehr ins Lager, um das Leben seiner Leidensgenossen nicht zu gefährden.Schlöndorff hält sich nicht lange mit der Schilderung des KZ-Lebens auf, die Bilder des Grauens entstehen auch so im Kopf des Zuschauers. Was Schlöndorff im Gegensatz zu so veräußerlichten Holocaust-Aufarbeitungsfilmen wie Spielbergs "Schindlers Liste" interessiert, ist der Kampf zwischen Gut und Böse, dargestellt am "geistigen Duell" seiner beiden Protagonisten. Und dabei liefern sich Ullrich Matthes und August Diehl einen Kampf, den Matthes zwar als moralischer Sieger verlässt, bei dem Diehl aber schauspielerisch so viele Punkte auf seinem Konto verbuchen kann, wie schon lange kein deutscher Star mehr. Nicht zuletzt auch durch die darstellerische Brillanz gelingt es der in verblichenen Farben fast dokumentarisch erzählten Geschichte immer wieder, einen Bogen von der Historie zur Gegenwart zu schlagen.
(Rolf-Ruediger Hamacher)
Hagener Bühne für den Filmnachwuchs
„Eat My Shorts“ in der Stadthalle Hagen – Foyer 11/24
Ruhrgebietsfilmgeschichte erleben
„Glückauf – Film ab!“ im Essener Ruhr Museum
Zermürbte Gesellschaft
choices preview zu „Critical Zone“ im Odeon – Foyer 11/24
Die ganze Palette Kino
9. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/24
Filmfestivalmonat November
Mit der Duisburger Filmwoche, Doxs! und dem Blicke – Filmfestival des Ruhrgebiets – Vorspann 11/24
Kunst des Nicht-Wegschneidens
„Anna Zeit Land“ im Filmforum – Foyer 10/24
Liebe und Macht
choices preview zu „Power of Love“ in der Filmpalette – Foyer 10/24
Restitution von Kolonialraubkunst
„Dahomey“ und „The Story of Ne Kuko“ im Filmforum – Foyer 10/24
„Die Geschichte ist jetzt unfassbar aktuell“
Regisseur Andreas Dresen über „In Liebe, Eure Hilde“ – Gespräch zum Film 10/24
Reise in die Seele des Kinos
Die Ausstellung „Glückauf – Film ab“ in Essen – Vorspann 10/24
Programmkollaps
Vergraulen immer komplexere Kinoprogramme das Publikum? – Vorspann 09/24
Zurück zum Film
Open-Air-Kinos von Duisburg bis Dortmund – Vorspann 08/24
Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Kölner Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24
Lichtspiele mit Charme
Eröffnung der Ausstellung „Glückauf – Film ab!“ im Ruhr-Museum – Foyer 07/24
„Poor Things“, reiches Cannes
Eine Bilanz der ersten sechs Kinomonate – Vorspann 07/24
„Es geht um Geld, Gerechtigkeit und Gemeinschaft“
Regisseurin Natja Brunckhorst über „Zwei zu eins“ – Gespräch zum Film 07/24
Der Tod, der uns verbindet
NRW-Premiere von Eva Trobischs „Ivo“ – Foyer 06/24
Ewige Stadt, ewiges Kino
In Rom werden aus alten verlassenen Kinos wieder Kinos – Vorspann 06/24
Ein letzter Blick von unten
„Vom Ende eines Zeitalters“ mit Filmgespräch im Casablanca Bochum
„Wir erlebten ein Laboratorium für ein anderes Miteinander“
Carmen Eckhardt über „Lützerath – Gemeinsam für ein gutes Leben“ – Portrait 05/24
Grusel und Begeisterung
„Max und die wilde 7: Die Geister Oma“ mit Fragerunde in der Schauburg Dortmund
Wenn Kino Schule macht
Die Reihe Filmgeschichte(n) spürt Schulgeschichten auf – Festival 05/24
Der Kurzfilm im Rampenlicht
Die Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen 2024 – Vorspann 05/24
„Ich wollte die Geschichte dieser Mädchen unbedingt erzählen“
Karin de Miguel Wessendorf über „Kicken wie ein Mädchen“ – Portrait 04/24
Mehr als „Malen-nach-Zahlen-Feminismus“
„Ellbogen“ im Kölner Filmpalast – Foyer 04/24