Die Anonymen Romantiker
Frankreich/Belgien 2010, Laufzeit: 78 Min., FSK 0
Regie: Jean-Pierre Améris
Darsteller: Isabelle Carré, Benoît Poelvoorde, Lorella Cravotta, Lise Lametrie, Swann Arlaud, Pierre Niney, Stephan Wojtowicz, Jacques Boudet
>> www.die-anonymen-romantiker.de/
Tragikomische Liebesgeschichte
Süsse Verführung
„Die Anonymen Romantiker“ von Jean-Pierre Améris
Statistisch gesehen leben etwa 12 Millionen hochsensible Menschen in Deutschland, für die landesweit „Selbsthilfegruppen“ angeboten werden. Am meisten fürchten die von ihrer Umwelt als extrem schüchtern oder ängstlich wahrgenommenen den intimen Kontakt mit anderen Menschen. Diese „Behinderung“ hat Regisseur Jean-Pierre Améris nun als Folie genommen, um uns eine romantische Liebesgeschichte voller Poesie und verhaltener Tragik zu erzählen.
Schon bei ihrer Abschlussprüfung fiel Angelique (Isabelle Carré) in Ohnmacht, als der berühmte Chocolatiére Mercier ihr Talent lobte. Seitdem arbeitet Angelique inkognito für Mercier. Als ihr Chef stirbt, bewirbt sich Angelique bei der kurz vor dem Bankrott stehenden Schokoladenmanufaktur von Jean-René (Benoit Poelvoorde), der sie allerdings als Vertreterin und nicht als Chocolatiére einstellt. Die beiden entdecken ihre Seelenverwandtschaft, denn auch Jean-René leidet unter Berührungsängsten. Als ihm sein Psychiater rät, Angelique zum Essen einzuladen, könnte das Happyend eingeläutet sein – beruflich wie privat. Doch bis dahin gibt es noch einige Hürden zu nehmen, die für normal sensible Menschen eventuell ein Leichtes, für zwei Hochsensible wie Angelique und Jean-René jedoch fast unüberwindlich sind.
Mit dem gleichen Genuss, den Angeliques Pralinen versprechen, erzählt Améris seine romantische Liebesgeschichte, deren kreative Füllung erst den vollen Geschmack ausmacht. Die Gags passieren manchmal am Rande, etwa wenn Angelique bei ihrer ersten Selbsthilfe-Gruppenstunde gleich vom Stuhl kippt, manchmal werden sie genüsslich ausgespielt, wie beim ersten gemeinsamen Dinner, als Jean-René ständig auf dem Klo verschwindet, um seine Angstschweiß-getränkten Hemden zu wechseln. Aber weil Améris so wunderbar die Balance zwischen Märchen und Realität hält – was sich auch in den zeitlosen Kostümen und Dekors manifestiert - lacht man immer mit und nie über seine Protagonisten. Und die sind einfach zum vernaschen: Benoit Poelvoorde mag zwar im ersten Moment etwas zu Altbacken für die mädchenhafte Angelique wirken. Aber sein vereinsamter Dackelblick dürfte auch beim (weiblichen) Publikum „Bemutterungsgefühle“ wecken. Und Isabelle Carré, die uns schon in Zabou Breitmans kleinem Meisterwerk „Claire – Sich erinnern an die schönen Dinge“ zutiefst berührte, verzaubert uns hier mit ihrem unschuldigen Charme. Wenn sie zu der Melodie „I Have Confidence in me“ (Ich hab Selbstvertraun´zu mir) aus dem Richard Rodgers-Musical „Sound of Music“ durch eine Einkaufspassage tanzt, dann möchte man am liebsten, dass sie einem direkt in die Arme rennt. Süßer kann ein Film kaum sein – nicht nur wegen der Schokolade.
(Rolf-Rüdiger Hamacher)
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