Die Verführten
USA 2017, Laufzeit: 91 Min., FSK 12
Regie: Sofia Coppola
Darsteller: Colin Farrell, Nicole Kidman, Kirsten Dunst, Elle Fanning
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Feministische Antwort auf Don Siegels gleichnamige Romanverfilmung
Resolutes Regiment
„Die Verführten“ von Sofia Coppola
Ein kleines Mädcheninternat in Virginia. Im Jahr 1864, drei Jahre nach Beginn des amerikanischen Bürgerkriegs, ist die Südstaaten-Villa ein letzter Zufluchtsort, in dem vom Krieg noch nichts zu spüren ist außer hier und da leisen Kanonenschüssen und vorbeiziehenden Südstaatlern. Der Alltag im Farnsworth Seminary, einer typischen Südstaaten-Villa im klassizistischen Stil des Greek Revival mit weißen Säulen an der Frontseite, läuft in streng geordneten Bahnen zwischen Hausarbeit, Gartenarbeit, Schulstunden, Musikunterricht und den Mahlzeiten. Edwina (Kirsten Dunst) ist eine Art Aufpasserin für die Mädchen, während Miss Martha (Nicole Kidman) als Lehrerin und Oberhaupt des Internats ein strenges Regiment führt. Es gibt nur noch fünf Schülerinnen im Haus: Alicia (Elle Fanning) ist fast erwachsen, während Amy (Oona Laurence), Jane (Angourie Rice), Marie (Addison Riecke) und Emily (Emma Howard) noch sehr kindlich sind. Mit Ordnung und Disziplin ist es schlagartig vorbei, als Amy in der näheren Umgebung einen schwer verletzten Soldaten der Nordstaaten findet. Corporal John McBurney (Colin Farrell) hat eine Beinverletzung, und nur der beherzte Einsatz von Miss Martha – mehr lästige Christenpflicht als Freundlichkeit – rettet ihm das Leben. Doch von nun an steht das Haus Kopf. Nichts ist mehr, wie es war...
Auf analogem Filmmaterial im europäischen Breitwandformat gefilmt, ist „Die Verführten“ wie alle Filme Coppolas ein Augenschmaus: Kameramann Philippe Le Sourd taucht das elegante Szenario in gedeckte Farben, eher dunkel gehalten, oft bei schwachem Tageslicht oder gar Kerzenlicht gefilmt. In den Gartenszenen strahlt das Licht nur gebrochen durch die Bäume, Verzerrungen prägen das Bild, wenn die Mädchen durch die Fenster oder ein Fernglas blicken. Die Tonspur ist fast vollständig frei von Musik und wird vom Dialog der Figuren beherrscht. Neben ihrer ersten Zusammenarbeit mit Kidman, Farrell und den Jungdarstellerinnen greift Coppola auch auf alte Wegbegleiterinnen zurück. Elle Fanning, die sich mit ihren 19 Jahren gerade zum Superstar zwischen Arthaus und Blockbuster mausert, konnte bereits als Zwölfjährige in Coppolas „Somewhere“ beeindrucken. Kirsten Dunst stand für Coppola bereits in „Marie Antoinette“, ganz kurz in „The Bling Ring“ und als Siebzehnjährige in ihrem Debüt „The Virgin Suicides“ vor der Kamera. Dass in Coppolas neuem Film auch wieder vier junge Mädchen auftauchen, unterstreicht das Interesse der Regisseurin nicht nur an Frauenfiguren, sondern vor allem an heranwachsenden Mädchen.
Thomas P. Cullinans Romanvorlage „A Painted Devil“ von 1966 wurde von Don Siegel unter demselben Originaltitel „The Beguiled“ (dt. „Betrogen“) bereits im Jahr 1971 mit Clint Eastwood in der männlichen Hauptrolle verfilmt. Coppola stellt mit ihrer Romanverfilmung Don Siegels rüde Version, die Eastwood als üblen Macho in den Mittelpunkt rückt und auch einige Actionszenen beinhaltet, auf den Kopf. Colin Farrell hat außer im Bett zu liegen nicht allzu viel zu tun. Hier geht es vor allem um die Mädchen und Frauen und ihr Zusammenleben. Der verletzte Soldat ist kaum mehr als ein Katalysator für die Gefühle der Protagonistinnen. Zugleich erinnert „Die Verführten“ in seinem hermetischen Frauenbild an „The Virgin Suicides“. In „Die Verführten“ sind es fünf Schülerinnen unter der Aufsicht zweier Frauen, die inmitten der Kriegswirren abgeschottet ein ruhiges Leben leben. In „The Virgin Suicides“ sind es fünf Schwestern, die im Haus der streng religiösen Eltern von den Freuden der Jugend ferngehalten werden. Beide Filme sind in ein ähnlich märchenhaftes Licht getaucht. Beide Filme erzählen von den dramatischen Ereignissen mit einer relativen Gleichmütigkeit. Ist in Coppolas Debüt der verklärende Blick der Nachbarjungs die Perspektive, ist „Die Verführten“ von der Perspektive der Mädchen und Frauen geprägt. Und auch das Finale kehrt sich um. Sofia Coppola stellt mit „Die Verführten“ sämtliche Rollenklischées des Hollywoodkinos auf den Kopf und liefert damit einen Kommentar über die Verhältnisse von Männern und Frauen in Hollywood.
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