Jane Eyre (2011)
GB 2011, Laufzeit: 120 Min., FSK 12
Regie: Cary Fukunaga
Darsteller: Mia Wasikowska, Michael Fassbender, Judy Dench, Sally Hawkins, Jamie Bell, Imogen Poots, Amelia Clarkson
>> www.tobis.de/film/jane-eyre
Gelungene, berührende Literaturverfilmung
Immerzu bewölkt
„Jane Eyre” von Cary Fukunaga
2009 widmete sich Regisseur Cary Fukunaga in seinem mehrfach ausgezeichneten Debüt „Sin Nombre“ der rauen Wirklichkeit Mexikos. Nun lässt er ein Drama folgen, das sich mit der rauen Wirklichkeit des 19. Jahrhunderts in England beschäftigt: Fukunaga adaptiert Charlotte Brontës Roman „Jane Eyre“, der auf autobiografischen Erlebnissen der Autorin beruht und bereits mehrfach, genauer: 18mal für die Leinwand adaptiert wurde.
Die Titelheldin Jane (Mia Wasikowska, „Alice im Wunderland“, „Restless“) wächst als Waisenkind bei der selbstsüchtigen Tante (Sally Hawkins) auf, um schließlich in einem Internat zu landen, wo sie alle erzieherische Strenge über sich ergehen lassen muss. Jahre später findet Jane eine Anstellung als Hauslehrerin auf dem ländlichen Gut Thornfield Hall. Gutsherr Rochester (Michael Fassbender) ist viel unterwegs, die Haushälterin Mrs. Fairfax (Judi Dench) nimmt sich Janes liebevoll an. Im Laufe der Zeit begegnen sich Rochester und Jane immer wieder und bauen eine innige Vertrautheit auf. Während Rochester zunehmend offensiv seine Leidenschaft für die unscheinbare Frau offenbart, hält sie Distanz. Der Standesunterschied, geheimnisvolle Besuche und Rochesters Heiratsofferten an die Adlige Blanche (Imogen Poots) wecken Janes Misstrauen.
Gleich zu Beginn, man sieht eine junge Frau, die verzweifelt durch die herbstlich bewölkte, moosgrüne Steppe flieht, fühlt man sich hineinversetzt in die Brontë-Welt. Fukunaga bewegt sich sicher in der viktorianischen Zeit, weiß den literarischen Stoff mit Bildern von betörender Tristheit zu bebildern. Ein Gesellschaftsbild, ein Liebesdrama, ein Herbstfilm. Die Adeligen sind hochnäsig, die Erzieher böse und gemein, der Geliebte edel, sanft, geheimnisvoll, die Heldin so zerbrechlich wie klug und gefestigt. Sind die Antagonisten vergleichsweise eindimensional gezeichnet, legt der Regisseur seine Protagonisten vielschichtiger an. Damit vermag er zu berühren, ohne dem Trivialen zu verfallen. Mit visueller Leidenschaft und Respekt vor der Vorlage begleitet Fukunaga den dramatischen Weg zweier Verlorener, die in den Konventionen gefangen sind und auszubrechen suchen. Die anmutig eingefangene Natur ist dabei Seelenspiegel, und die Wolken sind allgegenwärtig.
Charlotte Brontës Roman verlangt nach der Verfilmung, und auch wenn es das Kino im Laufe der Zeit damit etwas zu übertreiben scheint, so ist auch diese Leinwandadaption gerechtfertigt. Sei es, weil diese Verfilmung unverbraucht daherkommt, sei es, weil sie die schauerromantischen Akzente besonders hervorhebt, sei es, weil sie mit zwei großartigen Hauptdarstellern aufwartet, sei es, weil sich Cary Fukunaga hiermit auch souverän und stimmungsvoll in einer Literaturverfilmung zu bewegen vermag. Ein sinnliches, trauriges, aber auch hoffnungsvolles Drama.
(Hartmut Ernst)
Die ganze Palette Kino
9. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/24
Filmfestivalmonat November
Mit der Duisburger Filmwoche, Doxs! und dem Blicke – Filmfestival des Ruhrgebiets – Vorspann 11/24
Kunst des Nicht-Wegschneidens
„Anna Zeit Land“ im Filmforum – Foyer 10/24
Restitution von Kolonialraubkunst
„Dahomey“ und „The Story of Ne Kuko“ im Filmforum – Foyer 10/24
„Die Geschichte ist jetzt unfassbar aktuell“
Regisseur Andreas Dresen über „In Liebe, Eure Hilde“ – Gespräch zum Film 10/24
Reise in die Seele des Kinos
Die Ausstellung „Glückauf – Film ab“ in Essen – Vorspann 10/24
Programmkollaps
Vergraulen immer komplexere Kinoprogramme das Publikum? – Vorspann 09/24
Zurück zum Film
Open-Air-Kinos von Duisburg bis Dortmund – Vorspann 08/24
Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Kölner Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24
Lichtspiele mit Charme
Eröffnung der Ausstellung „Glückauf – Film ab!“ im Ruhr-Museum – Foyer 07/24
„Poor Things“, reiches Cannes
Eine Bilanz der ersten sechs Kinomonate – Vorspann 07/24
„Es geht um Geld, Gerechtigkeit und Gemeinschaft“
Regisseurin Natja Brunckhorst über „Zwei zu eins“ – Gespräch zum Film 07/24
Der Tod, der uns verbindet
NRW-Premiere von Eva Trobischs „Ivo“ – Foyer 06/24
Ewige Stadt, ewiges Kino
In Rom werden aus alten verlassenen Kinos wieder Kinos – Vorspann 06/24
Ein letzter Blick von unten
„Vom Ende eines Zeitalters“ mit Filmgespräch im Casablanca Bochum
„Wir erlebten ein Laboratorium für ein anderes Miteinander“
Carmen Eckhardt über „Lützerath – Gemeinsam für ein gutes Leben“ – Portrait 05/24
Grusel und Begeisterung
„Max und die wilde 7: Die Geister Oma“ mit Fragerunde in der Schauburg Dortmund
Wenn Kino Schule macht
Die Reihe Filmgeschichte(n) spürt Schulgeschichten auf – Festival 05/24
Der Kurzfilm im Rampenlicht
Die Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen 2024 – Vorspann 05/24
„Ich wollte die Geschichte dieser Mädchen unbedingt erzählen“
Karin de Miguel Wessendorf über „Kicken wie ein Mädchen“ – Portrait 04/24
Mehr als „Malen-nach-Zahlen-Feminismus“
„Ellbogen“ im Kölner Filmpalast – Foyer 04/24
Sichtbarkeit vor und hinter der Leinwand
Das IFFF fordert Gleichberechtigung in der Filmbranche – Festival 04/24
„Ich mag realistische Komödien lieber“
Josef Hader über „Andrea lässt sich scheiden“ – Roter Teppich 04/24
„Viel Spaß beim Film“
Vom Ende der Platzanweiser:innen – Vorspann 04/24
„Kafka empfand für Dora eine große Bewunderung“
Henriette Confurius über „Die Herrlichkeit des Lebens“ – Roter Teppich 03/24