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L'enfant - Das Kind

L'enfant - Das Kind
Frankreich/Belgien 2004, Laufzeit: 95 Min.
Regie: Jean-Pierre Dardenne, Luc Dardenne
Darsteller: Jérémie Renier, Déborah Francois, Jérémie Segard, Fabrizio Rongione,, Stéphane Bissot, Mireille Bailly, Anne Gérard, Bernard Marbaix, Frédéric Bodson, Léon Michaux, Samuel De Ryck, Hachemi Haddad, Olindo Bolzan, Sofia Leboutte, Marie-Rose Roland, Annette Closset, Philippe Jeusette

Meine Meinung zu diesem Film

Vater werden ist nicht schwer
juggernaut (162), 20.12.2005

Bruno und Sonia, selbst fast noch Kinder, bekommen ein Kind. Der Vater, ein leichtlebiger Kleinkrimineller, beschließt, das Baby zu verkaufen, und tut es tatsächlich hinter dem Rücken der Mutter. In dem Moment, als Bruno Sonia über den Verkauf unterrichtet, wird sie endgültig zum Muttertier. Und für ihn brechen nun schwere Zeiten an. Die Adoptions-Vermittler, ebenfalls Kriminelle, aber offensichtlich von einem anderen Kaliber als Bruno, wollen eine Kompensation für den rückgängig gemachten Baby-Verkauf, während Sonia von Bruno gar nichts mehr will ? außer, dass er verschwindet. Seine Versuche, das Blatt zu wenden, führen ihn immer tiefer ins Schlamassel. Das Mitleid kann man ihm am Ende trotzdem nicht verweigern, denn er ist zwar schon ein Hallodri, aber eben nicht völlig skrupellos und amoralisch. Und so lassen die Dardennes den Film auch in einem Moment ausklingen, wo der Nullpunkt erreicht ist, aber eine Wende zum Besseren zumindest nicht ausgeschlossen ist.

Ein Alltagsdrama, das in naturalistischem Stil gefilmt wurde und völlig ohne Musik sowie fast ohne Lacher auskommt ? und, Entwarnung, auch ohne Wackelkamera! Die Dardennes sind keine Dogmatiker. Vielmehr läuft ?L?enfant? in sehr langen und genau abgezirkelten Einstellungen ab, die uns das Geschehen quasi in Echtzeit vorführen: so etwa als Bruno das Baby in einem Zimmer ablegt, ins Nebenzimmer geht und wartet, bis er den Anruf bekommt, dass die ?Käufer? das Kind abgeholt haben, und er schließlich zurück in das Zimmer geht, das Geld aufhebt, zählt und den Übergabeort verlässt. Ebenfalls beispielhaft für die präzise Komposition sind etwa der Rücktausch Geld gegen Baby oder die Verfolgungsjagd nach dem Diebstahl, den Bruno und sein minderjähriger partner in crime Stevie begehen.

Solch ein filmischer Ansatz kann gewaltig daneben gehen, denn in diesen langen Einstellungen passiert oftmals scheinbar nicht viel, es wird kaum gesprochen, keine Filmmusik hilft die (vermeintlichen) Leerstellen zu füllen. Die im Film erzählte Geschichte muss also von Anfang an eine Art Grundspannung erzeugen, damit der Zuchauer bereit ist, sich darauf einzulassen, beispielsweise eine der Hauptfiguren ein, zwei Minuten dabei zu begleiten, wie er einen Kinderwagen durch die Stadt schiebt. Das Ganze steht und fällt aber letztlich mit dem Spiel der Darsteller. In dieser Hinsicht lassen Jérémie Renier und Déborah François keine Wünsche offen. Sie spielen, wie man so schön sagt, ?wahrhaftig? und glaubwürdig das, nun ja, junge (Un-)Glück.

Ich kenne nicht den diesjährigen Cannes-Jahrgang und weiß nicht, was dort an möglicherweise preiswürdigeren Filmen noch zu sehen war. Aber bis zum Beweis des Gegenteils halte ich ?L?enfant? für eine ausgesprochen gute Wahl.

enttäuschend
Hoohni (9), 17.12.2005

Also manchmal verstehe ich nicht, warum Filme Filmpreise wie die goldene Palme von Cannes erhalten.

Mit freudiger Erwartung wieder aufs Neue von einem Film überrascht zu werden, der nicht aus Hollywood stammt, bin ich in diesen Film gegangen und ich muss sagen, dass ich den Abend hätte schöner verbringen können. Irgend etwas hat mir an dem Film gefehlt, die Story scheint so unwahrscheinlich und unwirklich, ja wer verkauft schon sein eigenes Kind, mein Gott? Die Schauspieler wirken blass genau wie der gesamte Film. Das Ende lässt alles offen, obwohl ich noch auf eine Überraschung gehofft hatte. Na ja man kann ja nicht immer nur tolle Filme sehen...

Bemerkenswert
ultramagnetic (2), 28.11.2005

Der Film lässt einen unbemerkt in die Rolle des Beobachters schlüpfen und man begleitet die Protagonisten auf ihrem Weg durch diese Amour fou.
Die eingesetzte Handkamera vermittelt eine ungeheure Nähe und vermag den Zuschauer mitzureißen. Die Doppeldäutigkeit des Titels wird einem bei fortschreitendem Filmverlauf immer mehr bewußt - nicht Jimmy (das Kind), sondern Bruno (die Hauptfigur) benimmt sich wie jenes.

Leider war das meine erste Begegnung mit den Brüdern "Dardennes" aber es wird bestimmt nicht meine letzte bleiben. Ihr Stil in "L'enfant" ist extrem nah an der Wirklichkeit ohne eine Wertung vorzunehmen, und das ist was mir hier so gefällt. Sie zeigen uns eine Etappe im Leben von Bruno und Sonia, heben dabei aber nicht warnend den Zeigefinger, sondern überlassen es dem Zuschauer seine eigenen Schlüsse daraus zu ziehen.

Ein bemerkenswerter Film.

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