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Nicht von dieser Welt
Italien 1999, Laufzeit: 101 Min., FSK 6
Regie: Giuseppe Piccioni
Darsteller: Margherita Buy, Silvio Orlando, Carolina Freschi, Maria Cristina Minerva, Sonia Gessner, Giuliana Lojodice, Marina Massironi, Fabio Sartor, Alessandro Di Natale, Riccardo Di Torrebruna, Stefano Abbati, Silvano Piccardi, Carlina Torta, Gabriele Garofalo, Daniela Cristofori, Tania Casartelli

Vielfältige Zwänge bestimmen unser Leben, durchziehen unseren Alltag. Oft ist man sich dessen schmerzhaft bewusst, doch meistens sind sie in die Routinen des Arbeits- und Privatlebens fast unmerklich einbezogen. Nach dem wirbeligen "Amélie", der diese Thematik in hinreissenden Episoden und Bildern dargestellt hatte, kommt jetzt ein eher stiller Film aus Italien daher, der uns dieses Problem des Gefangenseins in unberechenbare Lebensmechanismen auf ebenso zärtlich-humorvolle und tiefgründige Weise wie sein französisches Pendant nahezubringen versteht. Regisseur Giuseppe Piccioni, dessen wunderschöne Tragi-Komödie zu den Überraschungen des italienischen Kinojahrs 1999 gehörte und mit fünf "Davids", dem höchsten Filmpreis des Landes – vergleichbar dem "César" in Frankreich – ausgezeichnet wurde, hat ein eigenwilliges, aber treffendes Symbol für diese Verstrickungen seiner Figuren gewählt: sie müssen in ihrem Beruf eine Uniform tragen. Es gibt Polizisten, Mädchen in einem Eiscafé, Krankenhaus-Angestellte und Frauen in einer Reinigung. Ernesto (Silvio Orlando) ist der Inhaber, und auch er trägt die Uniform des Geschäftsmanns: korrekter Anzug mit Krawatte. Und da ist Caterina (Margherita Buy), die als Ordensschwester gezwungen ist, von morgens bis abends ihre Tracht zu tragen. Sie ist gleichsam "nicht von dieser Welt", gerät aber, als sie sich um ein ausgesetztes Baby kümmern muss, mitten hinein in herzzerreissende Konflikte, in die auch Ernesto auf ungeahnte Weise verwickelt ist. Das Kind, Symbol für ein menschliches Wesen, das noch keinerlei Bestimmung unterworfen ist, ist in einen Pullover gehüllt. Caterina setzt sich in den Kopf, die Mutter zu finden, die das Kind loswerden wollte (oder musste), findet ein Wäscherei-Schild an dem Kleidungsstück, und so kommt die ergreifende Geschichte in Gang, in deren Verlauf das Schicksal aller beteiligten Personen in parallel erzählten Handlungssträngen, die am Ende zusammenlaufen, offenbar wird. Sie alle haben Entscheidungen getroffen. Ihr Lebensweg ist scheinbar unumkehrbar geworden. Ernesto ist ein einsamer, verhärteter Mann, der keine Träume und Illusionen mehr hat. Caterinas Gelübde ist lebenslang bindend. Und die Mutter des Kindes in ihrer Verzweiflung sieht keinen Ausweg aus ihrer Situation und konnte womöglich nicht anders handeln. Das vor uns in stillen, gefühlvollen Szenen ausgebreitete Drama schnürt einem fast die Kehle zu. Trotzdem strömt Piccionis filmisches Kleinod einen tiefen Optimismus und eine unbändige Lebenszuversicht aus. Diese heiter-melancholische Geschichte vom Glücklich- und Unglücklichsein ist als Film selber einer der Glücksmomente, die man so selten im Kino erlebt. Wie schön, dass dieses Meisterwerk jetzt auch von den deutschen Leinwänden herab für viel heimliche Tränen und befreiendes Lächeln sorgen wird.

(Heinz Holzapfel)

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