The Light Between Oceans
USA, Großbritannien, Neuseeland 2016, Laufzeit: 130 Min., FSK 12
Regie: Derek Cianfrance
Darsteller: Michael Fassbender, Alicia Vikander, Rachel Weisz
>> constantin-film.de/kino/the-light-between-oceans/
Schicksalsdrama
Mutterglück
„The Light Between Oceans“ von Derek Cianfrance
Regisseur Derek Cianfrance (“Blue Valentine”, “The Place beyond the Pines”) ist zurück. Diesmal adaptiert er M.L. Stedmans gleichnamigen Bestseller von 2012. Die Geschichte eines Kriegsheimkehrers. Die Geschichte einer tragisch geprüften Frau. Die Geschichte einer Mutter, die Mann und Tochter verliert. Die Geschichte eines Kindes, das zwei Mütter hat.
Das Ende des Ersten Weltkrieges: Der Brite Tom Sherbourne (Michael Fassbender) diente vier Jahre lang seinem Vaterland, jetzt sucht er Abstand von Grauen und eigenen Gräueltaten. Der heimgekehrte Soldat will nur noch eins: ein Leben leben. Die Flucht führt ihn an die Westküste Australiens, wo er auf einer einsamen Insel einen Job als Leuchtturmwächter annimmt. Hier findet er die erhoffte Besinnung. Bei seinen raren Besuchen auf dem Festland lernt er Isabel (Alicia Vikander) kennen. Die beiden verlieben sich ineinander, sie folgt ihm auf die Insel.
Raue, grüne Landschaften und wilde See in visueller Opulenz, ein verliebtes Paar, das im gemeinsamen Glück seine Sehnsüchte stillt und Wunden leckt: Nun, bevor das Ganze gehoben pilcheresque ausläuft, passiert etwas und die Hoffnung auf ein unbesorgtes Leben kippt: Isabel durchleidet zwei Fehlgeburten, das kleine Glück ist damit nach kurzer Zeit schmerzvoll getrübt. Bis eines Tages ein Boot am Ufer der Insel strandet. Ein toter Mann liegt darin und ein Baby. Isabel sieht ihren Wunsch nach einem Kind nun doch noch erhört. Sie will das Kind behalten. Tom hält zuerst dagegen, will den Fund melden, knickt jedoch am Ende ein: Er vergräbt den Vater in den Dünen, schubst das Boot zurück in den Ozean und gibt das Mädchen als die eigene Tochter aus. Schon bald stellt sich das herbeigesehnte Familienglück ein. Bis Vater, Mutter und Kind Jahre später der tatsächlichen Mutter (Rachel Weisz) begegnen.
Pilcher ist da schon längst vergessen, der Film ist längst tragisch gereift, die phantastische Naturkulisse entspricht weit mehr als bloßem Schmuckwerk. Sie rahmt und öffnet vielmehr mit betörender visueller Wucht ein aufreibendes Kammerspiel, in dem Michael Fassbender und Alicia Vikander („The Danish Girl“) brillieren. Cianfrance erzählt fortan, wie eine vermeintliche Entscheidung zum Glück das Leben aller Beteiligten ins Unglück stürzt. Isabel ist die treibende Kraft, die für die Erfüllung des Kinderwunsches alle moralischen Werte hinter sich lässt. Und die dabei so manchen Müttern nahe kommt, denen man nachsagt, sie lebten in einer anderen, enthobenen Welt, in der für genau zwei Menschen Platz ist: für die Mutter und ihr Kind. Das ist erst einmal gut, denn das alles dient dem Schutz des Kindes. „Wir helfen ihr!“, sagt Isabel, als sie das Baby finden. Die Hilfe entspringt jedoch nur purem Egoismus. Isabel will dem Kind nicht helfen, sie will es haben, während woanders eine Mutter nichtsahnend am Grab ihrer verschollenen Tochter kauert. Die Folgen sind tragisch, vor allem für das Kind. Und das Publikum wankt zwischen Verständnis und Empörung. Natürlich sind Ausgangslage und Konstellationen in diesem Drama überspitzt unserer Lebenswirklichkeit enthoben. Die Stärke aber ist, dass uns die Geschichte trotzdem nahe geht. Und das ist wiederum die Kunst einer weiteren, anderen enthobenen Welt: der des Kinos.
(Hartmut Ernst)
Hagener Bühne für den Filmnachwuchs
„Eat My Shorts“ in der Stadthalle Hagen – Foyer 11/24
Ruhrgebietsfilmgeschichte erleben
„Glückauf – Film ab!“ im Essener Ruhr Museum
Zermürbte Gesellschaft
choices preview zu „Critical Zone“ im Odeon – Foyer 11/24
Die ganze Palette Kino
9. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/24
Filmfestivalmonat November
Mit der Duisburger Filmwoche, Doxs! und dem Blicke – Filmfestival des Ruhrgebiets – Vorspann 11/24
Kunst des Nicht-Wegschneidens
„Anna Zeit Land“ im Filmforum – Foyer 10/24
Liebe und Macht
choices preview zu „Power of Love“ in der Filmpalette – Foyer 10/24
Restitution von Kolonialraubkunst
„Dahomey“ und „The Story of Ne Kuko“ im Filmforum – Foyer 10/24
„Die Geschichte ist jetzt unfassbar aktuell“
Regisseur Andreas Dresen über „In Liebe, Eure Hilde“ – Gespräch zum Film 10/24
Reise in die Seele des Kinos
Die Ausstellung „Glückauf – Film ab“ in Essen – Vorspann 10/24
Programmkollaps
Vergraulen immer komplexere Kinoprogramme das Publikum? – Vorspann 09/24
Zurück zum Film
Open-Air-Kinos von Duisburg bis Dortmund – Vorspann 08/24
Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Kölner Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24
Lichtspiele mit Charme
Eröffnung der Ausstellung „Glückauf – Film ab!“ im Ruhr-Museum – Foyer 07/24
„Poor Things“, reiches Cannes
Eine Bilanz der ersten sechs Kinomonate – Vorspann 07/24
„Es geht um Geld, Gerechtigkeit und Gemeinschaft“
Regisseurin Natja Brunckhorst über „Zwei zu eins“ – Gespräch zum Film 07/24
Der Tod, der uns verbindet
NRW-Premiere von Eva Trobischs „Ivo“ – Foyer 06/24
Ewige Stadt, ewiges Kino
In Rom werden aus alten verlassenen Kinos wieder Kinos – Vorspann 06/24
Ein letzter Blick von unten
„Vom Ende eines Zeitalters“ mit Filmgespräch im Casablanca Bochum
„Wir erlebten ein Laboratorium für ein anderes Miteinander“
Carmen Eckhardt über „Lützerath – Gemeinsam für ein gutes Leben“ – Portrait 05/24
Grusel und Begeisterung
„Max und die wilde 7: Die Geister Oma“ mit Fragerunde in der Schauburg Dortmund
Wenn Kino Schule macht
Die Reihe Filmgeschichte(n) spürt Schulgeschichten auf – Festival 05/24
Der Kurzfilm im Rampenlicht
Die Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen 2024 – Vorspann 05/24
„Ich wollte die Geschichte dieser Mädchen unbedingt erzählen“
Karin de Miguel Wessendorf über „Kicken wie ein Mädchen“ – Portrait 04/24
Mehr als „Malen-nach-Zahlen-Feminismus“
„Ellbogen“ im Kölner Filmpalast – Foyer 04/24