Verblendung
USA 2011, Laufzeit: 158 Min., FSK 16
Regie: David Fincher
Darsteller: Daniel Craig, Rooney Mara, Christopher Plummer, Stellan Skarsgård, Steven Berkoff, Robin Wright
>> www.verblendung-film.de/index.html
Hochspannender, atmosphärischer Thriller
Sinnlich aufregend
„Verblendung“ von David Fincher
Man mag inzwischen die Augen rollen darüber, dass Hollywood fortständig erfolgreiche fremdsprachige Spielfilme innerhalb kurzer Zeit noch einmal für das amerikanische Publikum neu verfilmen muss. Das hat zur Folge, dass bei uns oft beide Fassungen auf der Leinwand landen. Das ist mal überflüssig, das ist mal gut. Gut war es erst kürzlich bei „Let me in“, dem Remake des schwedischen Vampir-Melodrams „So finster die Nacht“. Und jetzt: „Verblendung“, der Auftakt des dreiteiligen Thriller-Epos aus dem kühlen, europäischen Norden, in welcher der Journalist Mikael Blomkvist gemeinsam mit der unbequemen Hackerin Lisbeth Salander böse Morde und weitreichende Verschwörungen aufdeckt. Stieg Larsson war Autor des Werkes, der Däne Niels Arden Oplev hatte es bereits 2009 gelungen fürs Kino verfilmt.
Der Handlungsort Schweden wurde für die US-Version beibehalten, entsprechend nah konnte man sich an die literarische Vorlage halten. Abgesehen von einer weniger gelungenen Neuinterpretation gegen Ende folgt das Drehbuch dicht der Adaption der Erstverfilmung. Was soll das also? Warum soll man da noch einmal hinein gehen?
Weil es ein ähnliches und zugleich grandios anderes „nochmal“ ist! Der Vorspann, in dem die Credits wie in einen elegant öligen James-Bond-Vorspann getränkt werden, mag aufgrund überbordenden Hochglanzes noch irritieren. Den Rest des Films bewahrt Regisseur David Fincher Stilsicherheit, entlockt dem nordischen Gewand Bilder eleganter Tristesse, spannt wirkungsvoll den Spannungsbogen. Seine früheren Arbeiten, von „Sieben“ über „Zodiac“ bis hin zu „The Social Network“ zeichneten ihn bereits als Souverän darin aus, episch verstrickte, komplexe Zusammenhänge, die von den Protagonisten detektivisch ergründet werden müssen, wenig reißerisch aber hochspannend zu inszenieren. Stieg Larssons Trilogie scheint wie für Fincher geschaffen.
Die zweite sehenswerte Komponente bilden sämtliche Darsteller, allen voran Daniel Craig („Casino Royal“) als Mikael Blomkvist, und – beängstigend mitreißend - Rooney Mara als Lisbeth Salander. Die 26-jährige New Yorkerin spielte zuvor die weibliche Hauptrolle in dem Remake von „Nightmare on Elmstreet“ und einen Part in Finchers „The Social Network“. In „Verblendung“ entlockt ihr der Regisseur völlig neue Facetten. Düstere, böse, verführerische. Eine androgyne Schönheit, so verletzlich wie gefährlich, die sich vor der phantastischen Noomi Rapace aus Oplevs Original nicht zu verstecken braucht.
Bis hierhin ist die Wiederverfilmung eine gelungene Sache, die sich aber soweit noch nicht absetzt. Dies gelingt Fincher erst dadurch, dass er wiederholt mit Trent Reznor und Atticus Ross zusammenarbeitet, die schon für „The Social Netzwork“ den Score komponiert haben. Trent Reznor ist Gründer und einziges ständiges Mitglied der amerikanischen Formation Nine Inch Nails, die durch schaurig schöne, streichelnd schmerzhafte und aggressiv provokante Songs auffiel. Der Brite Atticus Ross ist unter anderem als Produzent der Band tätig. Die Einflechtung von Reznors Klängen in „Verblendung“ ist nicht nur DAS herausragende Stilelement dieser Verfilmung. Sie offenbart zugleich, wie großartig Reznors klirrend wabernde Arrangements zu Kälte und Schnee passen. Kühle Melancholie gepaart mit verstörender Härte: Reznors Musik ist so verloren, unangepasst und hintergründig omnipräsent wie Lisbeth Salander. Der Musiker taucht Finchers Bilder in einen einzigartigen, sinnlich aufregenden Kosmos, in eine Dimension, die den zweiten Kinoanlauf endgültig rechtfertigt.
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