Yasmin
Großbritannien/Deutschland 2004, Laufzeit: 87 Min.
Regie: Kenny Glenaan
Darsteller: Archie Panjabi, Renu Setna, Steve Jackson, Shahid Ahmed, Syed Ahmed, Gary Lewis
Sie steigt zu Hause als Muslimin in ihren Golf und kommt als Britin zur Arbeit. Auf ihrem morgendlichen Weg zu ihrer Arbeit mit behinderten Kindern stoppt Yasmin (Archie Panjabi aus "Kick it like Beckham") am Straßenrand und legt ihren Schleier ab. Darunter kommen hochhackige Schuhe, enge Jeans und ein bauchfreies Top hervor: auf der Arbeit ist sie nur eine von vielen britischen Kollegen - lebenslustig und beliebt. Sie wohnt mit ihrem religiösen Vater und ihrem kleinkriminellen Bruder als pakistanische Immigrantin der zweiten Generation in einer Kleinstadt in Nordengland. Dort lebt sie ein relativ an die traditionellen Erwartungen des allein erziehenden Vaters angepasstes Leben, im ständigen Streit mit ihrem Cousin, mit dem sie ihrem Vater zu Liebe wegen einer Aufenthaltserlaubnis eine Scheinehe eingegangen ist. Kenny Glenaan gelingt ein äußerst differenziertes Bild der spannungsgeladenen Situation junger Immigranten zwischen traditioneller Familie und westlich orientiertem Lebensstil. Ein nicht immer einfacher Spagat, den die meisten der Immigranten der zweiten Generation, die bereits im Westen geboren und aufgewachsen sind, ebenso gut meistern wie Yasmin. Die repressiven Normen der eigenen Familie führen zu einem Widerstand, wie ihn fast jeder Heranwachsende in der Pubertät als Teil seiner Abgrenzung auslebt. Doch die Anschläge auf das World Trade Center bringen diese Ordnung außer Kontrolle. Der Film zeigt, wie die islamische Community, die zum Großteil eigentlich deutlich in Abwehrhaltung zu den Anschlägen tritt, erst auf Grund der Schikane und Pauschalverurteilung durch ihre Umgebung - auf der Arbeit, auf der Straße - aber auch durch die Staatsmacht, abrückt von den westlichen Werten und sich wieder auf die eigene Tradition besinnt, sich dann aber teilweise tatsächlich erst deswegen radikalisiert. Gleenans vom Sozialrealismus des britischen Kinos (vgl. Ken Loachs "Just a kiss") geprägte unpathetische Genauigkeit der Schilderung der Lebenssituation seiner Protagonisten ist begleitet von feinem Humor. Der entschärft aber keinesfalls das Dargestellte, sondern ist nur ein weiterer Indikator für die oft schizophrene Identität der Immigranten.
(Christian Meyer)
Zwischen Helden- und Glückssuche
Die Kinotrends des Jahres – Vorspann 01/25
Schund und Vergnügen
„Guilty Christmas Pleasures: Weihnachtsfilme“ im Filmstudio Glückauf Essen – Foyer 12/24
„Das Ruhrgebietspublikum ist ehrlich und dankbar“
Oliver Flothkötter über „Glückauf – Film ab!“ und Kino im Ruhrgebiet – Interview 12/24
Besuchen Sie Europa
Die Studie Made in Europe und ihre Folgen – Vorspann 12/24
Hagener Bühne für den Filmnachwuchs
„Eat My Shorts“ in der Stadthalle Hagen – Foyer 11/24
Ruhrgebietsfilmgeschichte erleben
„Glückauf – Film ab!“ im Essener Ruhr Museum
Zermürbte Gesellschaft
choices preview zu „Critical Zone“ im Odeon – Foyer 11/24
Die ganze Palette Kino
9. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/24
Filmfestivalmonat November
Mit der Duisburger Filmwoche, Doxs! und dem Blicke – Filmfestival des Ruhrgebiets – Vorspann 11/24
Kunst des Nicht-Wegschneidens
„Anna Zeit Land“ im Filmforum – Foyer 10/24
Liebe und Macht
choices preview zu „Power of Love“ in der Filmpalette – Foyer 10/24
Restitution von Kolonialraubkunst
„Dahomey“ und „The Story of Ne Kuko“ im Filmforum – Foyer 10/24
Reise in die Seele des Kinos
Die Ausstellung „Glückauf – Film ab“ in Essen – Vorspann 10/24
„Die Geschichte ist jetzt unfassbar aktuell“
Regisseur Andreas Dresen über „In Liebe, Eure Hilde“ – Gespräch zum Film 10/24
Programmkollaps
Vergraulen immer komplexere Kinoprogramme das Publikum? – Vorspann 09/24
Zurück zum Film
Open-Air-Kinos von Duisburg bis Dortmund – Vorspann 08/24
Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Kölner Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24
„Poor Things“, reiches Cannes
Eine Bilanz der ersten sechs Kinomonate – Vorspann 07/24
Lichtspiele mit Charme
Eröffnung der Ausstellung „Glückauf – Film ab!“ im Ruhr-Museum – Foyer 07/24
„Es geht um Geld, Gerechtigkeit und Gemeinschaft“
Regisseurin Natja Brunckhorst über „Zwei zu eins“ – Gespräch zum Film 07/24
Der Tod, der uns verbindet
NRW-Premiere von Eva Trobischs „Ivo“ – Foyer 06/24
Ewige Stadt, ewiges Kino
In Rom werden aus alten verlassenen Kinos wieder Kinos – Vorspann 06/24
Ein letzter Blick von unten
„Vom Ende eines Zeitalters“ mit Filmgespräch im Casablanca Bochum
„Wir erlebten ein Laboratorium für ein anderes Miteinander“
Carmen Eckhardt über „Lützerath – Gemeinsam für ein gutes Leben“ – Portrait 05/24
Grusel und Begeisterung
„Max und die wilde 7: Die Geister Oma“ mit Fragerunde in der Schauburg Dortmund