Die Meldung schlug ein wie eine Bombe: Die Kunststiftung NRW stellt ihre Förderung der renommierten „Impulse Theater Biennale“ – dem Pendant zum Berliner Theatertreffen für die Freie Theaterszene – ein und widmet sich verstärkt der Förderung anderer Formate und des Nachwuchses in NRW. Durch diese Entscheidung fehlen im Festivalbudget 150.000 Euro: „Damit ist das Festival aus gegenwärtiger Sicht nicht mehr durchführbar“, so der Pressesprecher des Veranstalters Kultursekretariat NRW.
Dietmar N. Schmidt, dem 2007 verstorbenen Gründer des vor 25 Jahren ins Leben gerufenen OFF-Festivals Impulse, würde es spätestens jetzt das Herz zerreißen. Doch auch er könnte die Augen vor bestimmten Entwicklungen nicht verschließen: Seine Nachfolger Tom Stromberg und Mathias von Hartz haben das Festival stark in Richtung „Pop“ entwickelt und nicht zuletzt persönlich durch üppige Honorare massiv profitiert. Der geplünderte Festivaletat erlaubte in der Folge nur noch einen zweijährigen Festivalrhythmus. Der neue Leiter für die Festivals 2013 & 2015, Florian Malzacher, steht aufgrund der klaffenden Finanzierungslücken somit bereits nach seiner ersten Ausgabe vor dem Aus. In der Zeit von Stromberg und von Hartz hat das Festival aufgrund einer ästhetischen Monokultur, die sich in fast nichts vom internationalen Festivalzirkus abhob, innerhalb der Freien Szene stark an Ansehen eingebüßt und ein Stück weit auch seine Daseinsberechtigung verloren.
Es wäre sicherlich ein Verlust, vor allem für Köln, Spitzenpositionen der Freien Szene nicht mehr vor Ort begutachten und sich an ihnen reiben zu können. Auf der anderen Seite muss man festhalten, dass durch die seit 2009 praktizierte Zweijährigkeit bereits der Anspruch verloren ging, eine Bestenschau eines jeden Jahrgangs des deutschsprachigen OFF-Theaters zu präsentieren. Zudem hat sich die Theaterlandschaft insgesamt dahingehend verändert, dass sich freie Produktionen, freie Produktionsteams und die städtischen Theater immer stärker durchdringen, es eine ständige Fluktuation zwischen beiden Systemen gibt und an den Stadttheatern aufgrund besserer Finanzierung teilweise „experimenteller“ gearbeitet werden kann, als in der eigentlich als innovativ charakterisierten Freien Szene. Andererseits werden immer mehr „freie“ Produktionen zum Berliner Theatertreffen eingeladen. Eine strikte Trennung zwischen OFF-Szene und städtischen Theatern hat sich also überholt. Die Freie Szene wird im Zuge dieser Veränderungen mehr zur Schmiede des künstlerischen Nachwuchses für die großen Häuser oder für Formate, die im immer noch recht unbeweglichen Stadttheatersystem keinen Platz finden.
Es stellt sich also schon die Frage, ob man als Kunststiftung NRW nicht lieber für vernünftige, konkurrenzfähige Arbeitsbedingungen der Darstellenden Künstler in NRW sorgt, als das Geld alle zwei Jahre in einem zweiwöchigen, publicitywirksamen Festival zu verpuffen. Vor diesem Hintergrund bereitet einem die jetzt getroffene Entscheidung zwar immer noch Unbehagen, aber sie wird nachvollziehbar als mutiger Schritt im Hinblick auf die Zukunft der Darstellenden Künste in NRW, ihres künstlerischen Nachwuchses und den Arbeitsbedingungen und Entwicklungsmöglichkeiten einheimischer Ensembles.
Lesen Sie dazu konträr: www.trailer-ruhr.de/impulse-festival-foerderung-aus
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Zu kurz gegriffen
Prinzipiell ist es traurig, wenn sich Macher der Freien-Szene mit üppigen Honoraren bestücken. Aber daraus einen generellen Verzicht auf die gesamte Veranstaltung ohne Blick auf die kulturpolitischen Weichenstellungen herzuleiten, finde ich zu kurz gegriffen. Vielmehr mutet es so an, als hätte Herr Fürst eine ästhetische Gegenposition zum vergangenen Format der Impulse, so dass die politische Entscheidung hier schon fast als Folge dieser ästhetischen Fehlstellung seitens der früheren Impulse-Macher anmutet. Da werden zwei unterschiedliche Punkte vermischt.
Weiterhin würde ich es nicht so rosa-rot werten, wenn die Off-Szene restlos ins Off-Theater fluktuiert, zumal der Gedanke der Off-Theater auch eine Gegenposition zum städtischen Theater mit seinen Abo-Kunden-Spielplänen darstellt - in diesem Rahmen ist nie genug Platz für kreative, alternative TheatermacherInnen - vielleicht nicht mal in Köln.
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