Ein einheitliches Gesetz zur Vergabe der Wasserkonzessionen hat es in Europa noch nicht gegeben. Die politische Praxis vieler Länder ist dabei unterschiedlich. Mal sind es Mischverhältnisse aus kommunalen und privaten Anbietern, mal ist es nur die eine der beiden Seiten, die für Leitungen, Trinkwasserqualität und -versorgung sowie Abwässer zuständig ist. Von den Turbulenzen der internationalen Märkte sind dabei alle betroffen.
Frankreich: In Frankreich beziehen mehr als 70% der Haushalte ihr Wasser von privaten Anbietern. Der überwiegende Marktanteil geht dabei an die internationalen Wasser- und Energieriesen Veolia und GDF Suez. Verteilt werden die Aufträge von den Kommunen. In den letzten Jahren hat die stetig sinkende Kaufkraft in Frankreich aber zu einer Neuverhandlung zahlreicher Verträge zwischen den Kommunen und den Konzernen geführt – mit der Folge, dass die Preise teilweise um 10 bis 20% gesenkt wurden. Im Gegenzug stellten Veolia und GDF Suez an manchen Orten Dienstleistungen wie die Instandhaltung von Leitungsrohren ein. Andere Kommunen, darunter auch Paris, kehrten derweil zu rein kommunalen Versorgungsstrukturen zurück.
Polen: Im östlichen Nachbarstaat Polen fallen alle Bereiche der Wasserwirtschaft in die Zuständigkeit kommunaler Unternehmen. Lediglich drei Prozent des Marktes für Trinkwasser sind hier in privatwirtschaftlichen Händen. Die große Steuerungszentrale ist dabei die Landesverwaltung für Wasserwirtschaft in Warschau, die mit einem 187 Milliarden starken Investitionsprogramm den Ausbau von Leitungen, Kanälen, Kläranlagen sowie die Verbesserung der Wasserqualität voranbringen soll. Problematisch sind in Polen aber noch die regionalen Preisunterschiede. In beliebten Städten wie in Warschau ist das Wasser deutlich teurer als in ländlicheren Gebieten.
Das für London zuständige Unternehmen steigerte seinen Umsatz auf 357 Milliarden Euro
England: Inzwischen ist das englische Versorgungssystem zum Prellbock für alle Gegner der EU-Pläne zur Wasserkonzession geworden. Hintergrund ist aber weniger die Versorgung in England, die ausschließlich privat geregelt ist, als jene in London. Dort häuften sich in den vergangenen Jahren die Meldungen über steigende Wasserpreise, verschlechterte Wasserqualität und Lecks in den Leitungen. Ein Trinkwasserverlust von zirka 894 Milliarden Litern wird allein für das Jahr 2006 in der britischen Hauptstadt geschätzt. Das für London zuständige Unternehmen, die RWE-Tochter Thames Water, steigerte im selben Jahr seinen Umsatz auf 357 Milliarden Euro. Bis heute ist die Reparatur der Leitungen absolut notwendig, aber getan hat sich noch nichts.
Portugal: Die Situation Portugals ist symptomatisch für die mögliche Entwicklung in der Wasserwirtschaft Südeuropas. Sollte das notwendige Wirtschaftswachstum nicht erfolgen, müssen immer mehr Güter privatisiert werden. In Portugal sollen, so steht es in einem Quartalsbericht der EU-Kommission, die Regionalregierungen die Wasserlizenzen europaweit ausschreiben und somit den verschuldeten staatlichen Wasserbetrieb Águas de Portugal von seinen Dienstleitungspflichten befreien.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Der schiefe Turm von PISA
Die Schulleistungsstudie zeigte große Unterschiede in europäischen Bildungssystemen – Thema 10/13 Arme Mater
Wie das Land, so das Gärtnern
Beispiele aus Kuba, Italien, Irland und Spanien - mit Urban Gardening gegen Missstände – Thema 08/13 Urban Gardening
Ha-zwei-Oh!
Die geplante Privatisierung der Wasserversorgung sorgt für heftigen Streit – THEMA 04/13 UNSER WASSER
„Akute Gesundheitsgefahren bestehen nicht“
Markus Rüdel über die Wasserqualität der Ruhr und mögliche weitere Gefährdungen – Thema 04/13 Unser Wasser
„Wasser ist keine Ware“
Petra Kammerevert über die Pläne der EU und deren Risiken für unsere Wasserversorgung – Thema 04/13 Unser Wasser
Kostenfreie Albträume
Eigentlich sollte alles kommerzialisiert werden, nicht nur das Trinkwasser – Thema 04/13 Unser Wasser
Gegen welche Regel?
Intro – Flucht und Segen
Schulenbremse
Teil 1: Leitartikel – Was die Krise des Bildungssystems mit Migration zu tun hat
„Die Kategorie Migrationshintergrund hat Macht“
Teil 1: Interview – Migrationsforscher Simon Moses Schleimer über gesellschaftliche Integration in der Schule
Bildung für Benachteiligte
Teil 1: Lokale Initiativen – Der Verein für multikulturelle Kinder- und Jugendhilfe in Bochum
Rassismus kostet Wohlstand
Teil 2: Leitartikel – Die Bundesrepublik braucht mehr statt weniger Zuwanderung
„Ein Überbietungswettbewerb zwischen den EU-Staaten“
Teil 2: Interview – Migrationsforscherin Leonie Jantzer über Migration, Flucht und die EU-Asylreform
Ein neues Leben aufbauen
Teil 2: Lokale Initiativen – Der Verein Mosaik Köln Mülheim e.V. arbeitet mit und für Geflüchtete
Zum Schlafen und Essen verdammt
Teil 3: Leitartikel – Deutschlands restriktiver Umgang mit ausländischen Arbeitskräften schadet dem Land
„Es braucht Kümmerer-Strukturen auf kommunaler Ebene“
Teil 3: Interview – Soziologe Michael Sauer über Migration und Arbeitsmarktpolitik
Ankommen auch im Beruf
Teil 3: Lokale Initiativen – Bildungsangebote für Geflüchtete und Zugewanderte bei der GESA
Das Recht jedes Menschen
Die Flüchtlings-NGO Aditus Foundation auf Malta – Europa-Vorbild Malta
German Obstacle
Hindernislauf zur deutschen Staatsbürgerschaft – Glosse
Weihnachtswarnung
Intro – Erinnerte Zukunft
Nostalgie ist kein Zukunftskonzept
Teil 1: Leitartikel – Die Politik Ludwig Erhards taugt nicht, um gegenwärtige Krisen zu bewältigen
„Nostalgie verschafft uns eine Atempause“
Teil 1: Interview – Medienpsychologe Tim Wulf über Nostalgie und Politik
Lebendige Denkmäler
Teil 1: Lokale Initiativen – Die Route Industriekultur als Brücke zwischen Gestern und Heute
Aus Alt mach Neu
Teil 2: Leitartikel – (Pop-)Kultur als Spiel mit Vergangenheit und Gegenwart
„Früher war Einkaufen ein sozialer Anlass“
Teil 2: Interview – Wirtschaftspsychologe Christian Fichter über Konsum und Nostalgie
Spenden ohne Umweg
Teil 2: Lokale Initiativen – Das Netzwerk 2. Hand Köln organisiert Sachspenden vor Ort