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„Das kalte Herz“
Foto: Joachim Schmitz

Kohle macht nicht glücklich

26. November 2015

Hauffs „Das kalte Herz“ am Theater an der Ruhr in Mülheim – Theater Ruhr 12/15

Im Schwarzwald soll es einmal so viele Bäume gegeben haben, dass sich die Köhlerei gelohnt hat. Richtig gelohnt hat sie sich nicht, ernährt, aber eben nicht reich hat sie gemacht, Kohlenmunk-Peter will aber genau das. Und er ist eine Dumpfbacke. Und Dumpfbacken laufen meistens in ihr Verderben. Jo Fabian inszeniert am Theater an der Ruhr in Mülheim Wilhelm Hauffs „Das kalte Herz“. Keine Gutenachtgeschichte, aber auch kein Kasperletheater, irgendwie was dazwischen ist das schon zwischen den weißen Kisten auf der Bühne. Mit badischem Akzent und ebensolchen Kostümen findet dort ein Plädoyer fürs Handwerk, fürs Mitgefühl und gegen die Dummheit statt. Schlau ist nur die Eichhörnchen-Handpuppe (und das ist Marco Leipniz als Schatzhauser), solange das Herz noch pumpt und natürlich seine Mutter (Gabriella Weber).

Ich schätze mal vier Schulklassen im Theater, lärmende Mittelstufe, blinkende Smartphones. Als Kohlenmunk-Peter (Wolf Gerlach) auftritt zwischen den Stämmen im Wald, die eher aussehen wie japanischer Bambus, da wird halt mal gekreischt, aber da wird auch mitgegangen, da werden sogar Münzen auf die Bühne geworfen. Also ein schwieriges, aber dankbares Publikum. Peter will die reiche Tochter Lisbeth (Annegret Thiemann), aber er darf ja nicht mal in die Kneipe von deren Vater (Matthias Horn). Also versucht er es mit Magie, denn er ist ein Sonntagskind. Infrage kommen da im Wald der Holländer-Michel (Rupert J. Seidl) mit dem schnöden Angebot Herz gegen Gold und eben der Schatzhauser mit seinen drei freien Wünschen. Gut oder böse sind beide irgendwie nicht, eben nur Vertreter unterschiedlicher Ökonomiesystem. Peter testet beide, vergeigt erst die Wünsche, dann sein Herz. Dafür wird er reich, aber eben ein Arschloch und auch noch Gattinnenmörder. Jo Fabian inszeniert mit viel Musik und viel Bewegung auf der Bühne; die Kisten dienen als universelle Requisite. Am Schluss wird es für den Kohlenmunk-Peter ohne Herz noch mal eng. Aber nichts ist im Theater unmöglich. Und die Moral von der Geschicht? Niemals Geld auf die Bank, oder sehen sie im Theater an der Ruhr am besten selbst.

„Das kalte Herz“ | R: Jo Fabian | 1.12. 14 Uhr, 13.12. 16 Uhr, 14./15.12. 11 Uhr | Theater an der Ruhr, Mülheim | 0208 599 01 88

Peter Ortmann

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