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„Fenster auf“ lässt so manche Nachbarschaft hell erstrahlen und erklingen
Foto: Stephan Muennich

Freude und Honorar für "Straßenkünstler" in Bochum

11. November 2020

Aktion „Fenster auf“ startet mit der ersten Staffel u.a. am Bergbaumuseum

Es ist gerade mal ein halbes Jahr her, dass diese Videos um die Welt gingen. Musiker:innen öffneten ihre Fenster oder betraten ihre Balkone. Dann begannen sie, mit ihren Instrumenten zu spielen. Und schnell regten sie ein Konzert für oder gar mit ihrer Nachbarschaft an. Während des Lockdowns im März und April suchten viele Kreative nach Möglichkeiten, der Pandemie-Tristesse zu entfliehen und eine Bühne im Alltag zu finden. Nun führten die aktuellen Corona-Beschränkungen erneut dazu, dass die Kultureinrichtungen vorerst geschlossen bleiben.

Mit der Aktion „Fenster auf“ sorgen die GLS-Bank und Katja Leistenschneider von Radio Bochum in den nächsten Wochen dafür, dass Kulturschaffende aus der Region eine kleine Bühne finden. Und zwar erneut inmitten der Nachbarschaft.  „Wenn die Menschen nicht ins Theater können, dann müssen wir das Theater zu den Menschen bringen“, erklärt Aysel Osmanoglu, Vorständin der GLS-Bank. An ausgewählten Orten, die vorher aus Infektionsschutzgründen nicht bekannt gegeben wurden, packten Musiker:innen am Donnerstagabend ihre Instrumente aus. In einer Wohnsiedlung in Bochum-Wiemelhausen heizte etwa der selbsternannte „King of Orgel“, Mambo Kurt mit Disco-Hits ein. Insgesamt traten an diesem Abend sieben Künstler:innen an jeweils drei Orten in Bochum auf.

Weltmusik mit Balkaneinflüssen lockte einige Kilometer weiter nördlich die Nachbarschaft an der Graf Engelbertstraße ans Fenster. Hier, in der Nähe des Bergbaumuseums, spielte das Duo Janni und Benni Weichsel eine knappe Viertelstunde. Spenden für die Künstler:innen werden über die eigene Homepage gesammelt. Denn die GLS-Bank leitete die Aktion zwar mit insgesamt 10.000 Euro ein. Doch damit die Veranstaltungsreihe weiterhin ermöglicht werden kann, ist ein weiteres Budget erfoderlich. Davon sollen unter anderem die Honorare der Musiker:innen bezahlt werden


Veranstalterinnen und Musiker machen die Reihe „Fenster auf“ möglich: Katja Leistenschneider, Jani Weichsel, Aysel Osmanoglu (v.l.n.r.), Foto: Fenster auf

Und dieses Geld können die Kreativen angesichts ausbleibender Auftritte gut gebrauchen. Denn trotz der versprochenen, staatlichen Finanzhilfe bleibt die Lage für die Kulturschaffenden angespannt, wie Jan-Sebastian „Janni“ Weichsel schildert: „Jeder, der arbeiten kann, ist natürlich in einer besseren Situation.“ Für viele bedeute diese Situation, auf bestehende Finanzreserven zurückzugreifen. Bereits 2016 legte er ein Sabbatjahr ein. „Von daher kenne ich die Situation, kein Geld zu verdienen.“ Aber diese Kreativpause konnte er vorher einplanen. „Es ist diesmal so passiert, ohne dass ich es mir ausgesucht hätte.“

Und dieses pandemiebedingte Veranstaltungsverbot trifft viele in der Musikszene hart. Weichsel berichtet von einem Kollegen, der Cello spielt und durch die ausbleibenden Konzerte in Finanznöte geriet. Weichsel selbst sei bisher vom Schlimmsten verschont geblieben, wie er erklärt: „Eine latente Unruhe ist da, auch wenn ich keine existentiellen Sorgen habe, so wie viele andere.“

Doch auch regelmäßige Konzertbesucher:innen vermissen natürlich die Kulturangebote. „Es geht natürlich auch um die, die in ihren Wohnungen sitzen“, sagt Katja Leistenschneider von Radio Bochum, Mitinitiatorin der Aktion. Umso schneller kleben die ersten an den Fenstern, um den Auftritt von Janni und Benni Weichsel zu verfolgen. Passant:innen und „Gassigeher“ bleiben stehen, sie applaudieren. Bevor die beiden Künstler bereits zum Abschluss kommen: mit Chick Coreas „La Fiesta“. Als ginge es ihnen darum, mit ihrer Musik auf die Zeit nach den Einschränkungen zu vertrösten, so Jan-Sebastian Weichsel: „Irgendwann feiern wir wieder alle eine große Party.“

Info:

„Fenster auf“ soll jeden Donnerstagabend ab 18 Uhr stattfinden. Die Orte können aus Infektionsschutzgründen jedoch nicht vorab angekündigt werden. Größere Menschenansammlungen sind zu vermeiden.

Benjamin Trilling

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