Norbert Lammert sagt ja nicht immer das, was seine Kanzlerin erfreut. Der Bundestagspräsident und CDU-Politiker aus Bochum hielt beim Festakt anlässlich des zehnten Geburtstages der Bundeskulturstiftung ein flammendes Plädoyer für die Theater der Republik. Die Häuser seien in ihren Wurzeln bedroht. Zur Konsolidierung der Haushalte der Bundesländer und Kommunen wären weitere Einschnitte im Kulturetat völlig ungeeignet. Schließlich machten die Kulturausgaben nur 0,4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes aus. Tatsächlich aber leiden auch die Theater im Revier an der klammen Haushaltslage der Städte. Die rot-grüne Landesregierung versprach nach der Wahl, notleidenden Kommunen zu helfen. Doch diese Hilfe hilft zunächst nicht den bedrohten Theatern. In manchen Städten werden die Kulturetats zusammengestrichen, um zu sparen, damit die Hilfsvorgaben der Landesregierung erfüllt werden können und die Kommune Geld aus dem Landeshaushalt bezieht.Um solche paradoxen Entwicklungen zu vermeiden, ist vor gut einem Jahr die Theaterkonferenz ins Leben gerufen worden, die sich zuerst mit der Verteilung eines erhöhten Landeszuschusses für die Stadttheater beschäftigt hat, aber sich in der Folgezeit auch mit Strukturfragen beschäftigen soll. Auch ein Kulturfördergesetz ist in Düsseldorf in der Diskussion. Ob die Maßnahmen ausreichen werden und rechtzeitig greifen, bevor ein großes Theatersterben einsetzt, ist aber noch unklar.
Die Landesregierung ist – anders als in vielen anderen Bundesländern – nicht für die Theater verantwortlich
Mancher intellektuelle Stammtischbesucher ärgert sich indes schon länger über die Politik aus Düsseldorf. Millionenschwere Zuschüsse kommen den sogenannten Leuchtturmprojekten wie der RuhrTriennale zugute, während die lokalen Häuser in ihrer Existenz bedroht sind. Leicht werden hier allerdings Äpfel mit Birnen verrechnet. Die Landesregierung ist – anders als in vielen anderen Bundesländern – schlicht nicht für die Theater verantwortlich. Dieter Kükenhöner, Geschäftsführer vom Musiktheater im Revier Gelsenkirchen, mag eine Konkurrenz zwischen RuhrTriennale und den etablierten Einrichtungen auch aus einem anderen Grund nicht überbewerten: „Die Stadttheater stellen über das Jahr die ‚Grundversorgung‘ in den Kommunen sicher und geben aufgrund der Dichte im Ruhrgebiet auch die Möglichkeit, dass für jeden Geschmack etwas dabei ist. Wenn darüber hinaus das Land sich ‚Großprojekte‘ leistet, so finden diese sicher auch ihr Publikum und stellen auch eine Außenwirkung für das Land her, von der die gesamte Kulturlandschaft NRW wiederum profitiert.“ Ähnlich antwortete auf unsere Anfrage auch die Theaterleitung des Westfälischen Landestheaters Castrop-Rauxel, Günter Wohlfarth als Kaufmännischer Direktor und Ralf Ebeling als Künstlerischer Direktor: „Eine Entweder-oder-Frage führt in der Tat nicht weiter. Ohne Frage sind Großprojekte wie die RuhrTriennale für das Land NRW und sein kulturelles Profil immens wichtig. Gleichzeitig sind aber die Kultur in der Fläche und die tägliche Kulturarbeit vor Ort in den Kommunen unverzichtbar. Es wäre fatal, das eine gegen das andere ausspielen zu wollen.“ Das wollen wir natürlich auch nicht.
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