Wie heißt es so schön: Auf dem Gipfel ist es einsam. Komischerweise scheint es aber heute Bergspitzen zu geben, die regelrecht übervölkert sind. Nein ich meine nicht die teure Hatz auf den Mount Everest, wo sich Seilschaften an engen Stellen immer wieder in die Quere kommen und ein paar Bergsteiger-Touristen anschließend sterben. Das ist schlichtweg frei gewähltes Schicksal und nicht zu kritisieren. Ich meine diese G20, G8 oder auch den lustigen Rio+20. Alles schicke Geldvernichtungsmaschinen, die viel Presse, aber keine Ergebnisse bringen oder eben nur solche, die man hinterher widerrufen, relativieren oder am besten noch einmal nachverhandeln kann. Die Beteiligten setzen dann wichtige Minen auf, halten großspurige Reden und dealen hinter den Kulissen ein bisschen untereinander. Meist geht es um Waffen oder schlimmeres: Geld nämlich.
Das hat nämlich eigentlich niemand mehr, dennoch wird es mit vollen Händen ausgegeben. Zum Grölen: Führende Korruptionsermittler schlagen momentan Alarm: In vielen Steueroasen würden sich die wahren Eigentümer von Unternehmen verschleiern lassen, was dazu führe, dass Korruption und Geldwäsche leichter würden. Diese Praxis solle die Politik auf dem G-8-Gipfel beenden. Manchmal glaube ich, dass nicht einer, sondern Millionen über das Kuckucksnest fliegen. Dass in den Steueroasen Steuergelder hinterzogen werden, wer hätte das gedacht? Sie etwa? Auch Uli Hoeneß wollte doch nur spielen – mit Euro-Millionen. Golf kann doch inzwischen jeder.
Was hat das mit NRW-Kulturpolitik zu tun? Eine kleine Meldung am Rande 10,8 Millionen Euro für die Durchführung der Ruhrtriennale und weiterer Projekte erhält die Kultur Ruhr GmbH in Gelsenkirchen aus Mitteln der Kunst- und Kulturförderung des Landes NRW. Der Förderbescheid wurde jetzt durch die Bezirksregierung Arnsberg übergeben. Vom 23. August bis zum 6. Oktober findet das Gipfeltreffen zeitgenössischer Zeitgenössischkeit unter Intendanz von Heiner Goebbels statt. Gleichzeitig versuchen zahlreiche freie Theatergruppen wenigstens ein paar Projektgelder zu erhaschen, andere haben bereits aufgegeben: „Diese neue Arroganz bei der Antragsstellung tue ich mir nicht an“. Diese Aussage hat mich erschüttert.
In einer Gegend, wo vor 316 Millionen Jahren noch der Ichniotherium praesidentis am großen Strom durch das Unterholz stapfte, scheinen sich die Gehirne derer, die für die kulturelle Weiterbildung der Region verantwortlich sind kaum weiter entwickelt zu haben. Fressen und gefressen werden und anschließend schön versteinern? Das kann es doch nicht sein. Wozu Kultur in der Lage ist, sollte sich doch inzwischen rumgesprochen zu haben, doch wer am Aufschwung partizipiert scheint noch unklar zu sein. Vielleicht deshalb diskutiert man die Rolle von Kultur und Kreativwirtschaft für die Zukunftsgestaltung und damit auch für die aktuelle Krisenbewältigung lieber erst einmal. Ein Gipfel muss also her. Er heißt Forum d'Avignon Ruhr. 300 Vertreter aus Politik, Wirtschaft sowie Kultur und Kreativwirtschaft kommen bereits zum zweiten Mal auf dem Weltkulturerbe Zollverein in Essen zusammen. Was dabei herauskommt? Siehe oben.
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