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Dienstgebäude des Bundesamts für Verfassungsschutz in Köln
Foto: BfV

Politischen Streit zulassen

31. Oktober 2023

Teil 2: Lokale Initiativen – Das Kölner Grundrechtekomitee und der Verfassungsschutz

Eine kurze Geschichte aus dem Jahr 1845: „Das System des Dr. Teer und Prof. Feder“ von Edgar Allan Poe. Die Örtlichkeit: Eine Nervenheilanstalt. Die Charaktere: Wissenschaftler, Ärzte, Aufsichtspersonal, Patienten. Eine Deutung: Die Wärter sind die eigentlichen Geisteskranken, in den Zellen büßen Andersdenkende. Die Erzählung stellt das Streben nach Macht durch Kontrolle und die Sehnsucht nach Freiheit einander gegenüber. Nun, überwinden wir die Vergangenheit und wenden uns der Gegenwart zu.

Außerparlamentarische Opposition

Ginge es nach der Bereitschaft zur direkten Kommunikation punktet das Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V. gegen das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), dessen Standort ebenfalls Köln ist. Letzteres verweist nach einer journalistischen Anfrage vor allem auf die Inhalte der Onlinepräsenz inklusive des aktuellen Berichts, der für 2022 einen Höchststand an extremistischen Straftaten feststellt. Bundesinnenministerin Nancy Faeser verlautbart darin „Volle Härte gegen Extremisten“ zum Schutz der Demokratie. Das Grundrechtekomitee erweist sich gesprächsbereiter. Die Initiative sieht sich als Teil der außerparlamentarischen Opposition. Neben der Publikation von Essays planen und gestalten die Mitglieder Demonstrationsbeobachtungen, Hilfsaktionen für Gefangene, etwa durch Proteste gegen die Ersatzfreiheitsstrafe für Schwarzfahrer:innenoder sie engagieren sich gegen die Abschiebung von Flüchtlingen.

Falsche Experten, wahre Betroffene

Es bestehe weiter Grund zur höchsten Wachsamkeit, erklärt Ministerin Faeser im erwähnten Dokument. Das sieht auch das Grundrechtekomitee so, jedoch aus einer anderen Perspektive: „Ein Inlandsgeheimdienst, der die eigenen Bürger:innen bespitzelt und dabei fast jeglicher Kontrolle entzogen ist, hat in einer Demokratie (...) nichts verloren. Deshalb fordern wir seit jeher seine Abschaffung“, sind sichBritta Rabe und Michèle Winkler einig. Der Extremismusbegriff des Bundesverfassungsschutzes delegitimiere weite Teile des politischen Streits, der doch eine Demokratie erst ausmache. Die Aktivistinnen sehen sich angesichts dessen unfreiwillig in einer ‚verfassungsfeindlichen‘ Rolle und stellen fest: „Behörden, die seit ihrer Entstehung von Nazis durchsetzt sind (...), werden weder die AfD noch die rechte Szene ausreichend kontrollieren. Sie können niemals Teil der Lösung im Kampf gegen Rassismus und Antisemitismus sein“.Dass solche absoluten Behauptungen Vorbehalte gegen das linkspolitische Spektrum schüren, nehmen sie in Kauf. Auch die Schuldzuweisung an Bundes- und Landesämter, vor Razzien im NSU-Umfeld gewarnt und die Naziszene gestärkt zu haben, bleibt unkonkret. Bessere Arbeit leisteten demnach antifaschistische, antirassistische und feministische Recherchekollektive. Wichtig sei zudem die Investition in politische Bildung. Die rechtsextremistisch motivierten Attentate in Chemnitz, Halle oder Hanau belegten vor allem eines: „Pausenlos wird den falschen Experten zugehört. Hört endlich den von rechter Gewalt Betroffenen zu und nicht Behörden, die Teil des Problems sind!“, so die Ehrenamtlerinnen.

In Poes Short-Story verkleben Dichtung und Wahrheit in einer bizarren Teer- und Federungsszene. Weder Opfer noch Täter sind benennbar. Neue Frage: Wer bewacht den Frieden, auf dass er nicht mehr ausbreche? Antwort: Wir.


WER BEWACHT DIE WÄCHTER? - Aktiv im Thema

deutschlandfunk.de/soldatenbild-soldaten-image-geschichte-100.html | DLF-Beitrag zum Verhältnis zwischen Bundeswehr und Bevölkerung.
gew.de/mein-arbeitsplatz/schule/bundeswehr/einfluss-der-bundeswehr-an-schulen-zurueckdraengen | Position der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) gegen wachsenden Einfluss der Bundeswehr an Schulen.
rnd.de/politik/100-milliarden-euro-fuer-die-bundeswehr-bundeswehrverband-zur-zeitenwende-es-braucht-mehr-tempo-GCT3KNE4QIMZOB3VRSMNI4JRRI.html | RND-Beitrag zur Wirkung des Bundeswehr-Sondervermögens.

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Thomas Dahl

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