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Das Ingenium Ensemble
Foto: Presse

Slowenische Engelsstimmen

30. März 2017

Kerzenschein und Karfreitagsklänge mit dem Ingenium Ensemble in Essen – Klassik an der Ruhr 04/17

Reine Gesangsgruppen waren immer schon aufgeschlossen gegen alle Jahrhunderte und jede Stilistik. Jetzt greift ein gemischtes Sextett aus Slowenien absolut in die Vollen, wenn es Musik von der Romantik bis zum Popsong begeistert interpretiert. Und ihre Kraft suchen die Mitglieder in der Folklore ihrer Heimat. Das liegt natürlich auch an der Heimat selbst. 50 Prozent Sloweniens sind mit Wald bedeckt. Einmalig sind die Naturparks, aber das Land besitzt auch Ausläufer der Zentralalpen und eine knapp 50 km lange Slowenische Riviera. Neben der Adria-Küste grenzt das Land an Italien, Österreich, Ungarn und Kroatien. Und es leben in der kleinen Republik so viele Menschen wie in Köln und Düsseldorf zusammen – 100 pro Quadratkilometer. Kultur lernte das Volk als Teil Österreich-Ungarns, die Wurzeln haften im Slawischen. Hier kann der Künstler Heimat atmen und befreit singen.

Sechs junge Sängerinnen und Sänger aus Ljubljana gründeten 2009 das Ingenium Ensemble. Dass mehrere Mitglieder sich den Nachnamen teilen, kann auf eine musikalische Familie hindeuten. Wer sie aber singen hört, dem wird schnell klar, dass hier keine Kelly Family ohne Hausboot aufspielt. Das Sextett operiert gesangstechnisch am offenen Herzen.

Dazu gehört auch, dass die Musiker ihr Spektrum der zeitgenössischen Musik besonders auf die junge Generation slowenischer Komponisten ausweitet. Die schreiben Chormusik am Puls der Zeit, arrangieren aber auch Volkslieder für diese Besetzung, die ja theoretisch Boygroups wie die King‘sSingers nachahmt – statt der in Soprano gestimmten Buben übernehmen hier die natürlichen Spitzenreiter der Gesangskunst, die Damen, dieses Register. Mit Stephen Connolly, einem legendären King‘sSinger, und auch mit Emma Kirkby, die Grande Dame der Alten Musik, hat das Ensemble gearbeitet.

Das Programm stützt sich auf Madrigale, Motetten und Responsorien aus der Renaissance-Zeit von Komponisten wie William Byrd, Jacobus Gallus oder den Meistern Claudio Monteverdi oder Orlando di Lasso. Den titelgebenden Text „Tenebrae factae sunt“ komponierte der musikliebende Fürst Carlo Gesualdo, der ihn für die liturgischen Wechselgesänge für die Karwoche vertont hat. Das über jeglicher Musik am Karfreitag schwebende Thema „Leiden und Sterben“ passt übrigens zu diesem Künstler sehr direkt.

Um eine Affäre seiner Frau auffliegen zu lassen, inszenierte der Fürst 1590 einen Jagdausflug, bei dem er jedoch gleich wieder umkehrte und seine Gemahlin mit ihrem Liebhaber in flagranti erwischen konnte. Mehrere impulsive Dolchstiche beförderten nicht nur die Gemahlin, sondern auch den Liebhaber und eine kleine Tochter ins Jenseits. Ehrenmorde blieben damals unter Adeligen ungesühnt. Der Fürst schrieb seinen Kummer in Noten nieder.–Der Konzerttitel heißt übersetzt „Finsternis brach ein“. In Essen werden deshalb Kerzen angezündet.

Ingenium Ensemble | Fr 14.4. 17 Uhr | Alfried Krupp Saal, Essen | www.philharmonie-essen.de

Olaf Weiden

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