Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
25 26 27 28 29 30 1
2 3 4 5 6 7 8

12.580 Beiträge zu
3.810 Filmen im Forum

Hermine May als Azucena, Stefano La Colla als Troubadour Manrico
Foto: Björn Hickmann

Starkes Solisten-Quartett

28. März 2013

Verdis „Der Troubadour“ in Dortmund – Oper in NRW 04/13

Mangelnder Mut lässt sich Dortmunds Intendant Jens Daniel Herzog wirklich nicht vorwerfen. Vor gut einem Jahr nahm er mit Bellinis „Norma“ ein Primadonnen-Stück auf den Spielplan, welches von Stadttheatern aus gutem Grund gemieden wird, und nun ist es Verdis „Troubadour“, von dem Enrico Caruso einst behauptete, man brauche es einfach nur mit den vier besten Sängern der Welt zu besetzen, um eine gute Aufführung zu erhalten.
Allerdings fehlt es der Dortmunder Oper eindeutig an Budget, um die Weltelite nach Westfalen zu holen. Dass dies aber auch gar nicht nötig sein muss, und dass es sogar spannender sein kann, junge, noch nicht so bekannte Sänger zu entdecken, bewiesen sowohl die junge Miriam Clark als Norma als auch die beachtlich gute Solistenriege, die nun im Dortmunder Troubadour auf der Bühne steht. Susanne Braunsteffer (Leonora), Hermine May (Azucena), Sangmin Lee (Graf Luna) und Stefano La Colla (Troubadour) beweisen einmal mehr die glückliche Hand Herzogs bei der Zusammenstellung seiner Besetzungen.
Den gängigen Erwartungen entsprechen indes vor allen die Frauen nicht unbedingt. Besonders auffällig ist dies bei Hermine May, die für ein rachsüchtiges altes Weib wie die Zigeunerin Azucena deutlich zu sympathisch wirkt und gesanglich zuweilen überraschend lyrisch und sanft klingt. In geringerem Maße gilt dies auch für „Leonora“ Susanne Braunsteffer, die in den hochdramatischen Momenten das letzte Quäntchen Biss und Schärfe vermissen lässt. Indes hat sich Kapellmeister Lancelot Fuhry mit den Dortmunder Philharmonikern auf die sanften Seiten der Solistinnen eingelassen, und so ergeben sich in der Musik keine allzu großen Diskrepanzen. In jedem Fall wiegen die Qualitäten der Solistinnen das Manko auf. Hermine May verfügt über ein reizvolles, facettenreiches Mezzo-Timbre und eine sichere Technik, Susanne Braunsteffer besticht durch einen jugendlichen Schönklang und natürlichen Gestus bis in die Spitzentöne. Stefano La Colla ist ein Tenor mit Strahlkraft und Feuer, der sein Hohes C am Ende des dritten Aktes mit vitaler Präsenz über die Rampe bringt. Bariton Sangmin Lee ist stimmlich ein mindestens ebenbürtiger Widersacher, wirkt leider nur als Darsteller ein wenig hölzern.
Auf Seiten der Inszenierung sperrt sich wie schon die „Norma“ nun auch der „Troubadour“ gegen eine stringente Umsetzung. Intendant Herzog belässt es dennoch nicht bei einer konzertanten Aufführung, die sicher weniger Aufmerksamkeit gefunden hätte. Bei Hausregisseurin Katharina Thoma liegt die Aufgabe in sicheren Händen. Ihre Ansätze zur Aktualisierung sind konkret genug, um interessant zu sein, aber offen genug, um der Logikfalle zu entgehen. Mit Bildeinblendungen und den Kostümen von Irina Bartels werden Bezüge geschaffen zum Spanischen Bürgerkrieg und aktuellen Nahostkonflikten. Eine plausibel nachvollziehbare Geschichte lässt sich aus dem „Troubadour“ nicht stricken. Das schafft auch Thoma nicht und vermeidet glücklicherweise die Brechstange.

„Der Troubadour“ I 6.4. 19.30 Uhr I Oper Dortmund I 0231 502 72 22

Karsten Mark

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

Konklave

Lesen Sie dazu auch:

Piraten von gestern und heute
Die Junge Oper Dortmund zeigt „Die Piraten von Penzance“ – Prolog 06/24

Liebe in der Puszta
Operette „Gräfin Mariza“ in Dortmund – Oper in NRW 12/22

Magie des Puppenspiels
„Die Zauberflöte“ an der Oper Dortmund – Oper in NRW 08/22

Sex und Selbstzerstörung auf Droge
„Quartett“ von Luca Francesconi feiert deutsche Erstaufführung an der Oper Dortmund – Bühne 05/18

Neues Jahr, neues Glück
Mal was anderes. Silvesterparty im Theater oder auch ohne – Prolog 12/16

Kein Mitleid mit dem Mörder
Tilman Knabe inszeniert „Peter Grimes“ in Dortmund – Oper in NRW 06/16

Hinter der Fassade bleibt nichts
Tina Lanik inszeniert „La Traviata“ in Dortmund – Oper in NRW 03/16

Gnadenlos bodenständig
Jens-Daniel Herzog inszeniert „Tristan und Isolde“ zum Saisonauftakt – Oper in NRW 10/15

Fußball ohne Würfel
Die Operette „Roxy und ihr Wunderteam“ in Dortmund – Oper in NRW 02/15

Carmen und die Schleuserbande
Bizet-Oper in Dortmund ein furioser Publikumserfolg – Oper in NRW 08/14

Dicke Hose auf der Wartburg
Kay Voges inszeniert Wagners Tannhäuser in Dortmund – Oper in NRW 03/14

Im Reich der lebenden Fossilien
J.-D. Herzog inszeniert Verdis „Don Carlo“ in Dortmund – Oper in NRW 11/13

Oper.

Hier erscheint die Aufforderung!