Tränen steigen in die Augen, der Bergarbeiter schlägt die Mundharmonika an. „Glück auf, Glück auf“ singen alle zusammen, ob Bergmann oder Nachfahre. Der Förderschacht im Bergwerk Prosper-Haniel in Bottrop fährt ein letztes Mal nach oben. Das Ende eines Zeitalters.
Im Dokumentarfilm „Vom Endes eines Zeitalters“ begleitet das Regie-Duo Gabriele Voss und Christoph Hübner die letzten 40 Jahre der Steinkohleförderung im Ruhrgebiet. Am 28. April besuchten sie die Filmvorführung zum Abschluss der Dokumentarfilmserie im Casablanca-Filmtheater in Bochum – in der Stadt, in der die Bergbaugeschichte des Ruhrgebiets im Deutschen Bergbaumuseum archiviert wird. Im Zentrum ihres Films steht das Bottroper Viertel Ebel. „Man müsse den Zusammenhang zwischen Leben und Arbeit so auch mal wirklich zeigen“, erinnert Gabriele Voss im Filmgespräch. Um die Stätten des Bergbaus herum spielte sich das ganze Leben der Arbeiter und ihrer Familien ab. So entstand dort das Wohnviertel Bottrop-Ebel, das von Außenstehenden als „Tal der fliegenden Messer“ bezeichnet und gemieden wurde. Gabriele Voss und Christoph Hübner haben sich trotz dieser Vorurteile eine Wohnung in dem Viertel gemietet, um es von innen heraus kennenzulernen. Im Vordergrund des Films stehen die Bergarbeiter und die Menschen aus Ebel selbst. Besonders wichtig war dem Regie-Duo die Frage: „Was denken denn die Menschen, wie sehen sie selbst ihre Arbeit und ihre Lebenszusammenhänge?“.
Es gibt nur wenige Zeitzeugen, die den Bergbau zu seiner Hochphase noch unter Tage erlebt haben. Der Bergbau belastete die Gesundheit vieler Arbeiter und führte zu vielen frühzeitigen Toden. Für eine jüngere Generation steht das Wort „Zeche“ eher für Partys – auch ein Zeichen des Wandels in der Region, in der ehemalige Gebäude des Bergbaus heute dem Nachtleben gehören. Doch viele dieser jüngeren Menschen verweisen im Ruhrgebiet auch stolz auf ihre (Groß-)Väter, die unter Tage malocht haben. Als Bekenntnis zu Werten wie Loyalität und Zusammenhalt innerhalb der Arbeiterklasse: „Ohne deinen Kumpel, egal wo er herkommt, egal welche Religion er hat, kommst du hier nicht mehr raus“ heißt es etwa im Film. So geht Bergbaugeschichte auch einher mit Migrationsgeschichte. Viele Gastarbeiter wurden für den Bergbau angeworben. Auch der aus Marokko stammende Großvater der 27-jährigen Jihad Azahrai, die das Filmgespräch im Casablanca moderiert. „Er hat nie wirklich von seiner Arbeit erzählt. Nie von seinen ersten Tagen in Deutschland. Nie, wie es für ihn war. Selbst wenn sein Körper diese unerzählte Geschichte mit sich trägt.“
Diese ‚Unerzähltheit‘ setzt sich im Film leider an einer Stelle fort: Dass migrantische Bergarbeiter im Film nicht zu Wort kommen, wird im anschließenden Gespräch kritisiert. Der Film zeige lediglich einen jungen Studenten mit türkischen Wurzeln, der aus der Perspektive eines Nachfahren spricht – Stimmen migrantischer Bergarbeiter aber fehlen z.B. als Interviewpartner.
Trotz dieses Kritikpunktes ist es dem Film gelungen, einen Blick von 'ganz unten' auf die Leinwand zu transportieren. Zurück bleiben am Ende dieses Zeitalters Menschen, die den Zusammenhalt in früheren Zeiten als besser empfunden haben. Heute erleben sie Vereinzelung – was bleibt ist die Erinnerung, die in den Erzählungen weiterlebt.
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