Als am 08.07. die Dokumentation „Trainer!“ von Ajoscha Pause in Bochum-Langendreer gezeigt wurde musste das Endstation Kino seine Räumlichkeiten zugunsten der großen Halle im Soziokulturellen Zentrum Bahnhof Langendreer aufgeben: 180 Besucher waren gekommen. Grund dafür war das Filmgespräch mit Sympathieträger und „VfL-Retter“ Peter Neururer. Hardcore-VfLer Fußballbegeisterte, Neugierige und auch ein paar Schwartzgelbe aus der Nachbarstadt lauschten amüsiert den Anekdoten des Trainers der mit hohem Unterhaltungswert eine Essenz der Doku unter Beweis stellte: Als Trainer reiche es heute nicht, ein guter Taktiker zu sein, man müsse nach Innen als Persönlichkeit überzeugend und nach Außen vor allen Dingen ein Entertainer sein. So sei die moderne Fußballwelt, konstatierte Komiker und Filmemacher Ben Redelings, der die Zusammenarbeit mit Peter Neururer als stets sehr angenehm lobte. Es sei ja eher der konservative Typ, gab Neururer zu, in die Kabine lasse er keine Kamera, aber das Anliegen Ajoscha Pauses, die Facetten des Trainerjobs zu beleuchten, habe ihm gefallen und daher habe er sich zum Filmdreh bereit erklärt.
Wenn Neururer in der Funktion als Trainer und Fußballexperte vor die Kamera tritt, wirkt er sehr überzeugend, aber als Schauspieler… „Als Schauspieler bin ich zum kotzen“, sagte er freimütig in Langendreer. Zu Schulzeiten sei er einmal Statist in einem WDR-Film gewesen. Es gab schließlich 50 DM. Eine Menge bei 1,10 DM pro Schachtel Zigaretten. (Er habe aber aufgehört, erklärt er unter Beifall.) Sein Einsatz beinhaltete den Satz „Guten morgen, Herr Direktor“. Ähnlich wortkarg gab er sich zu Beginn seiner Trainerzeit. Gegen den FCB bereitete er seine Mannschaft allein mit dem auf eine Tafel geschriebenen Satz „Happ, happ, happ fresst sie auf“ vor. Sie gewann. Und noch ein paar Anekdoten gegen den FCB schickte Neururer flapsig unter Aufforderung hinterher. Doch die Wirkung nach Außen sei eine andere als nach Innen wahrgenommen. Sätze wie auf jener Tafel werden im nachhinein von Journalisten als „großartige Wendung“ bezeichnet. Das seien alles Märchen. In der Mannschaft gebe es diese Wendungen nicht. Ebenso sei es ein Irrglaube, dass der Trainer während des Spiels Einfluss auf seinen Verlauf nehmen könne. Springt ein Trainer am Spielfeldrand (wie es Kollege Klopp gerne tut), dann tut er es nicht, um das Spiel zu beeinflussen, sondern um eigenen Stress abzubauen. Aber solche Geschichten bestimmen nun mal heute die Außendarstellung. Nichtsdestotrotz sei es neben all dem charismatischen Auftreten wichtig, den Fußball ernst zu nehmen und ihn zu leben. Er selbst schaue sich beispielsweise jedes Spiel nachher noch zwei Mal an, Schlechte sogar drei mal. Bei einer Flasche Rotwein zugegebenermaßen, doch immer ganz bei der Sache. Das Wichtigste sei es schließlich, als Trainer überzeugt und authentisch zu sein.
Mit einer unterhaltsamen schnellen 10-Fragerunde verabschiedete sich Neururer vom Filmgespräch, nicht ohne dabei noch ein paar unterhaltsame Stories rauszuhauen. Er bestelle vor jedem Spiel den gleichen Kuchen, obwohl er Kuchen hasst,, versuche sich in golfartigen Bewegungen tanze nicht mehr an der Stange, sondern nur noch Standard und als Wunschspieler würde er sich Gomez holen. Der Erwerb sei schließlich machbar. Und auf die Frage nach seinem Trainerkonzept habe er bei der Vertragsverlängerung kürzlich geantwortet: „Welches Konzept?“
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Abenteuer in Afrika
Reportage im Bochumer Bahnhof Langendreer
Die Ruhe im Chaos
Emma Ruth Rundle in Bochum und Köln – Musik 07/24
Unterschiedliche Erzählungen
Vortrag zur Geschichte des Nahostkonflikts in Bochum – Spezial 03/24
Geschichte der Ausbeutung
„Wie Europa Afrika unterentwickelte“ im Bochumer Bahnhof Langendreer – Spezial 02/24
Musik mit Sogwirkung
Derya Yıldırım und Grup Şimşek in Bochum – Musik 12/23
Dokumentation rechten Terrors
„Der Halle-Prozess“ in Bochum – Spezial 03/23
Knotenpunkt der Kultur
Bahnhof Langendreer feiert 36-jähriges Jubiläum – Prolog 07/22
Belletristik für Bestandskunden
Heinz Strunk in Bochum – Literatur 04/22
Alle Macht den Care- und Energieräten
Gabriele Winker in Bochum – Literatur 04/22
Berufung auf Umwegen
Nikita Miller zu Gast in Langendreer
Bühne frei
Poetry und Open Mic Bühne mit Ajayini Sathyan
Alles auf Prüfstand
Politisches Kabarett mit Jean-Philippe Kindler
Schund und Vergnügen
„Guilty Christmas Pleasures: Weihnachtsfilme“ im Filmstudio Glückauf Essen – Foyer 12/24
Hagener Bühne für den Filmnachwuchs
„Eat My Shorts“ in der Stadthalle Hagen – Foyer 11/24
Kunst des Nicht-Wegschneidens
„Anna Zeit Land“ im Filmforum – Foyer 10/24
Restitution von Kolonialraubkunst
„Dahomey“ und „The Story of Ne Kuko“ im Filmforum – Foyer 10/24
Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Kölner Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24
Lichtspiele mit Charme
Eröffnung der Ausstellung „Glückauf – Film ab!“ im Ruhr-Museum – Foyer 07/24
Der Tod, der uns verbindet
NRW-Premiere von Eva Trobischs „Ivo“ – Foyer 06/24
Bären für NRW-Filme?
21. NRW-Empfang im Rahmen der 74. Berlinale – Foyer 02/24
Sieben Spitzenprämien-Gewinner
Kinoprogrammpreis-Verleihung in der Wolkenburg – Foyer 11/23
Verfilmung eines Bestsellerromans
„Die Mittagsfrau“ im Casablanca Bochum – Foyer 10/23
Mysteriöses auf schottischem Landsitz
„Der Pfau“ im Cinedom – Foyer 03/23
Alle Farben der Welt
37. Teddy-Award-Verleihung bei der 73. Berlinale – Foyer 02/23
Drei NRW-Filme im Berlinale-Wettbewerb
20. NRW-Empfang im Rahmen der 73. Berlinale – Foyer 02/23