„Die heutige Situation wurde nicht durch eine getrennte Entwicklung von Afrika auf der einen Seite und Europa auf der anderen erreicht, sondern durch Ausbeutung“, schrieb Walter Rodney in seinem 1972 veröffentlichten Buch „How Europe Underdeveloped Africa“. In Entwicklung und Unterentwicklung sah Rodney ein komplementäres Begriffspaar: Um den Fortschritt der Industrienationen zu gewährleisten, würden Entwicklungsländer, insbesondere in Afrika, ausgebeutet und in ihrem Fortschritt gehemmt. Diese Strukturen waren schon zu Rodneys Lebzeiten alles andere als neu. Der Kolonialismus, so der guyanische Autor, dürfe nicht als reiner Effekt des Rassismus missverstanden werden, sondern müsse mit dem Kapitalismus zusammengedacht werden. Ebenso wie die US-amerikanischen Südstaaten auf die Sklaverei in der Agrarwirtschaft angewiesen waren, bildeten die Kolonien nämlich eine Grundlage für die voranschreitende Industrialisierung – mit schwerwiegenden Folgen für die afrikanischen Staaten. Dass die Primärrohstoffe Afrikas zu Waren gemacht, nach Europa geschifft und verkauft wurden, trug nicht nur zu der ökonomischen Ungleichheit bei, sondern nahm den jeweiligen Ländern auch Entwicklungschancen. Auch nach Ende des Kolonialismus blieb diese Asymmetrie im Weltmarkt bestehen, weswegen Rodney, der Teil der Black Power-Bewegung war, für den Schwarzen Marxismus eintrat – und sich dabei viele Feinde machte: 1980 wurde er im Alter von 38 Jahren in Georgetown durch Sprengstoff in einem Walkie Talkie getötet.
Obwohl Rodney seit mehr als 40 Jahren tot ist, prägen seine Schriften noch heute postkoloniale Auseinandersetzungen. Im November 2023 ist auch in Deutschland eine Neuauflage von Rodneys bekanntestem Werk unter dem Titel „Wie Europa Afrika unterentwickelte“ erschienen. Neben dem Haupttext enthält der Band eine Analyse afrikanischer Widerstandsbewegungen, die vom Organisator des Democratic Socialist Movement (DSM), Peluola Adewale, verfasst wurde; weiterhin einen Beitrag zum politischen Wirken Rodneys von der Sozialwissenschaftlerin Bafta Sarbo, die den Sammelband „Die Diversität der Ausbeutung“ geschrieben hat. Darüber hinaus ist ein Kommentar des Verlegers René Arnsburg zur Permanenten Revolution beigefügt. In Anwesenheit von Sarbo und Arnsburg soll es im Bahnhof Langendreer um die Arbeit an der Neuübersetzung gehen. Das Publikum ist herzlich eingeladen, an einer anschließenden Diskussion teilzunehmen.
Wie Europa Afrika unterentwickelte | Mi 28.2. 19 Uhr | Bahnhof Langendreer | bahnhof-langendreer.de
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