Essen, 5. August – Detlef Stoffel zählt zu den wichtigen Aktivisten der schwulen Emanzipationsbewegung. Zum Ausklang des CSD Ruhr präsentierte „Essen Andersrum e.V.“ im Astra die Vorpremiere von „Detlef – 60 Jahre schwul“. Der Dokumentarfilm gibt einen intimen Einblick in Stoffels persönlichen Alltag und die Highlights der politischen Aktionen ab den 70er Jahren. Das sympathische und unkomplizierte Gespräch kreiste um die Frage, inwieweit sich „Schwuppen heute überhaupt noch für ihre Geschichte interessieren.“ Stoffel selbst hatte die erste Bielefelder Schwulengruppe, seine WG, Theater- und Politveranstaltungen gefilmt; reichlich Material also für die Regisseure Stefan Westerwelle und Jan Rothstein.
Private Super 8-Aufnahmen, frühe Videos, Fotos, und fein säuberlich abgeheftete Liebesbriefe von einigen der ungezählten Lover ergeben zusammen mit historischen Fernsehaufnahmen und Stoffels Dokumentarfilm „Rosa Winkel? Das ist doch schon lange vorbei“ (1976) ein wertvolles Erinnerungsgeflecht. Stoffel erzählte im Filmgespräch, dass es für ihn nicht einfach gewesen sei zu akzeptieren, dass er der Protagonist des Films und nicht der Filmemacher war. Während der 14-monatigen Drehzeit lebten die beiden Filmemacher wochenweise mit Detlef Stoffel und seiner alten Mutter zusammen. So ist viel Material aus dieser Situation entstanden. Beim Schnitt war er nicht dabei, und so blieb die Entscheidung, was im Film vorkommt, ganz bei den Regisseuren. „Es war nicht einfach, aber heute kann ich sagen. Es ist gut ist, wie es ist.“
Protagonist Detlef Stoffel (re) im Gespräch mit Thomas Vogt
Weiten Raum im Film nimmt das ätzende Verhältnis zu seiner pflegebedürftigen Mutter ein. Von der Situation überfordert, wird Stoffel nicht nur als kritischer, wortgewandter Kämpfer in einem ausführlich gelebten, schwulen Alltag dargestellt, sondern auch als deprimierter, älterer Schwuler, der heute längst nicht mehr so viel reißt wie ehedem und darüber offensichtlich frustriert ist. In den frühen Jahren der „leader of the pack“, wie Weggefährtin Lilo Wanders ihn beschreibt, setzt der Film diese aktuellen persönlichen Probleme und die politische Historie miteinander in Bezug: Die frühe Zeit war geprägt von öffentlichen Aktionen einer überschaubaren Gruppe schwuler Aktivisten, die auf der Straße noch angespuckt wurden. Mit witzigen, provokanten und aggressiven Gesten suchten sie Vorurteile in der Gesellschaft zu knacken.
Von den bissigen Texten und Performances der Truppe „Brühwarm“ bis zu einem schnellen Fick, der vor der Kamera online bei Gay Romeo organisiert wird, macht „Detlef – 60 Jahre schwul“ ein weites Feld auf. Sicher repräsentiert der Film nicht die gesamte Schwulenbewegung, aber mit dem Begriff „Schwulenbewegung“ hat Detlef Stoffel sowieso ein Problem.
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