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Der Gestiefelte Kater“
Foto: Birgit Hupfeld

Auf dem Schaukelpferd ins Gefecht

30. November 2017

„Der gestiefelte Kater“ im KJT Dortmund – Theater Ruhr 12/17

Mitten hinein in die bunte Märchenwelt mit Hängebrücke platzt das Leben, das Spiel, die Freude, die kindliche Lust am Verstellen, Verkleiden, Verlieben. Aber davor hat Andreas Gruhn, Direktor des Dortmunder Kinder- und Jugendtheaters (KJT) die Langeweile gesetzt. König sein – langweilig, Prinzessin sein – langweilig, Staatsgeschäfte oder gebratene Fasane, nee nicht nochmal. Aber in diese verwunschene Gesellschaft im romantischen Märchen „Der gestiefelte Kater“ von Charles Perrault (nein, nicht Grimm) platzen erst einmal zwei musizierende Landstreicher – kein Haustier. Sie wollen aus der Küche Essen stibitzen, erbeuten auch einen Eimer Kartoffeln, landen aber im Gefängnis. Bis hierhin ist alles so inszeniert, wie es bei Märchenstücken notwendig ist. Ein kolossales Bühnenbild, mit runder Plattform, Türmchen, Türen, Löchern und Gängen. Viel grüne Pflanzen, graues Gemäuer, kein Palast eben, aber doch für Kinderaugen ein Abenteuerspielplatz alter Schule, sprich: analog, denk: ohne Strom und Bildschirm. Und so benehmen sich die Schauspieler auch. Große Gesten, klare Sprache – die Augen werden größer, das Zappeln nimmt ab. „Wo ist denn der Kater?“ Kindermund tut Wahrheit kund. Spiel im Spiel: Das ist eben auch nicht so ganz einfach zu verstehen, und noch sitzen unsere jugendlichen Helden im vergitterten Kellerloch bei Wasser und Brot.

Aber die beiden sind eben notleidende fahrende Schausteller (für Eltern und Lehrer: soll es bis heute geben), die das Märchen vom gestiefelten Kater parat haben und gerne die Schlossgemeinschaft animieren, mal gegen die Langeweile Theater zu spielen. Gruhn inszeniert das geschickt mit vielen Slapstick-Einlagen, mit Akrobatik, mit erhöhter Spannung, und das Licht erzeugt die Atmosphäre dazu nach Bedarf. Dazu sieben kecke Schauspieler und eine Multitasking-Königs-Rolle, die auch Schuster, Koch, Räuber, Hirte und Waldarbeiter sein will. Die Handlung wechselt zwischen Realität und Spiel, die Ebenen vermischen sich, das junge Paar, die böse Hexe, der miauende Kater, der Goldfasan an Champagnerkraut. Nur die Köchin bleibt irgendwie vergesslich bis zum Schluss. Ein richtig schönes Stück für den Advent.

„Der gestiefelte Kater“ | R: Andreas Gruhn | bis Mitte Januar | KJT Dortmund | www.theaterdo.de

PETER ORTMANN

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