Ob die Rösslein wirklich angespannt werden entscheidet Thor, der Wettergott der Germanen. Blitz und Donner auch, der März ist für Premieren ein wohl ungewöhnlicher Monat. In Essen eine Farce, in Bochum ein Volksstück unter ärztlicher Leitung und in Essen proben die Laien vom Sprechchor Chöre ein, die sich verdächtig um das runde Lederei drehen, das immer ins Eckige muss. Und weil es nur in dieser Sportart keine schwulen Männer gibt, proben die Frauen und Männer schon mal stimmlich für Fußball und heimliches Begehren. „Echte Liebe“ heißt das neue Stück im Dortmunder Studio, dem echte Fans aus Gelsenkirchen sicher aus Prinzip fern bleiben.
Die ziehen lieber im schicken Fanoutfit aus knappen Trikot über teuer bezahltem Halbzeitbier in Bochum zum Campiello, einem kleinen Platzin Mestre, der Vorstadt von Venedig. Dort steht im Stück von Peter Turrini (frei nach Goldoni) auf jeden Fall schon malein Wirtshaus, auch ein paar Häuser, deren Bewohner allerdings arm sind. Aber eswird geliebt, gestritten und gehofft, Liebe und Eifersucht bestimmen den Alltag. Dann taucht ein edler Fremder auf und bändelt mit mehreren Frauen gleichzeitig an. Das Chaos gerät außer Kontrolle. In der Zeche Eins spielen das Patient*innen der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Präventivmedizin des LWL-Universitätsklinikums Bochum.
Im Essener Grillo hat das Chaos andere Ursachen. Der Brite Michael Cooney nimmt in seiner Farce „Cash – Und ewig rauschen die Gelder“ sowohl eine grassierende Selbstbedienungsmentalität aufs Korn als auch ein Sozialsystem, das mit Ungerechtigkeiten und Gesetzeslücken seine Ausnutzung geradezu forciert. Kein Wunder, dass viele Briten aus der EU heraus wollen. Die Konservativen in England hatten schon immer (zumindest seit Thatcher) NUR das Wohl ihrer Bürger im Blick. Und mit diesem System ist Eric sicher groß geworden. Er löst das Problem seines Rausschmisses bei den Stadtwerken (war das noch RWE?), indem er den wöchentlichen Scheck vom Sozialamt für seinen gerade nach Kanada ausgewanderten Untermieter konfisziert, schnell noch weitere Untermieter samt Familienanhang erfindet, für die er die unterschiedlichsten Sozialleistungen beantragt und kassiert.
„Echte Liebe“ | 29.3.(P) 20 Uhr | Schauspiel Dortmund | 0231 50 27 222
„Campiello“ | 28.3.(P) | Zeche Eins Bochum | 0234 33 33 55 55
„Cash – Und ewig rauschen die Gelder“ | 2.3. 19.30 Uhr | Theater Essen | 0201 81 222 00
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Bretter der Kulturindustrie
„Das Kapital: Das Musical“ im Schauspiel Dortmund – Theater Ruhr 10/23
Abschied und Artusepik
„Merlin oder Das wüste Land“ in Essen – Prolog 04/23
Zwischen Widerstand und Well-being
Feministischer Thementag am Schauspiel Dortmund – Gesellschaft 03/23
„Bedürfnis nach Wiedergutmachung“
Aisha Abo Mostafa über „Aus dem Nichts“ am Theater Essen – Premiere 02/23
Dortmunder Turbulenzen
Schauspielchefin Julia Wissert unter Druck – Theater in NRW 07/22
Fehlt es an klassischem Repertoire?
Geringe Zuschauerzahlen im Schauspiel Dortmund – Kommentar 06/22
Revolution oder Romantik
Sartres „Das Spiel ist aus“ in – Bühne 01/22
„Wir erzählen die Geschichte mehr von innen heraus“
„Das Mrs. Dalloway Prinzip / 4.48 Psychose“ am Theater Dortmund – Premiere 09/21
Rache für den Gedankenstrich
„Marquise von O…“ in der Essener Casa – Auftritt 11/20
„Den Begriff Familie mal überdenken“
Intendant Christian Tombeil über das Essener Spielzeitmotto „We are family“ – Premiere 09/20
Kampf den Ismen und der unerfüllten Liebe
Sascha Hawemann inszeniert in Dortmund Dostojewskis „Dämonen“ – Auftritt 02/20
Frohes neues Theaterjahr
Außergewöhnliche Januar-Premieren im Ruhrgebiet – Prolog 12/19
Ein zeitloser Albtraum
Franz Kafkas „Der Prozess“ im Bochumer Prinz Regent Theater – Prolog 12/24
„Vergangenheit in die Zukunft übertragen“
Regisseur Benjamin Abel Meirhaeghe über „Give up die alten Geister“ in Bochum – Premiere 12/24
Die Grenzen der Bewegung
„Danses Vagabondes“ von Louise Lecavalier in Düsseldorf – Tanz an der Ruhr 12/24
Stimme gegen das Patriarchat
„Tabak“ am Essener Grillo-Theater – Prolog 11/24
Freigelegte Urinstinkte
„Exposure“ auf PACT Zollverein in Essen – Prolog 11/24
Krieg und Identität
„Kim“ auf PACT Zollverein in Essen – Tanz an der Ruhr 11/24
„Ich glaube, Menschen sind alle Schwindelnde“
Regisseurin Shari Asha Crosson über „Schwindel“ am Theater Dortmund – Premiere 11/24
Liebe ist immer für alle da
„Same Love“ am Theater Gütersloh – Prolog 11/24
Bollwerk für die Fantasie
Weihnachtstheater zwischen Rhein und Wupper – Prolog 10/24
Mentale Grenzen überwinden
„Questions“ am Münsteraner Theater im Pumpenhaus – Prolog 10/24
Der Held im Schwarm
„Swimmy“ am Theater Oberhausen – Prolog 10/24
Torero und Testosteron
„Carmen“ am Aalto-Theater in Essen – Tanz an der Ruhr 10/24
„Hamlet ist eigentlich ein Hoffnungsschimmer“
Regisseurin Selen Kara über „Hamlet/Ophelia“ am Essener Grillo Theater – Premiere 10/24