Langsam startet die Kamera durch die karge Wüstenlandschaft. Erst nach kurzer Zeit sind einige Haufen Geröll und im fernen Hintergrund erste Anzeichen der Zivilisation zu sehen. Dann folgen die ersten Häuser. Halbfertige Neubauten, hinter denen wieder die endlose Landschaft beginnt. Zu hören nur das Pfeifen des Windes, noch klingt es nach Wüste. Die Straße wechselt. Die Häuser werden nun schicker, die Siedlungen größer und die Autos häufen sich. Man sieht einen leeren Parkplatz, hinter dem sich die Wolkenkratzerfront von Las Vegas aufbaut und näher kommt. Erneuter Straßenwechsel, und es fängt an zu leuchten und zu blinken. Im Gegensatz zur eintönigen Monotonie der Wüstensteppe ist das Auge jetzt reizüberfordert. Jeder Winkel der Häuserfront ist mit Leuchtreklame, Markenname oder Werbetafel bedeckt. Man würde nicht glauben, dass man gerade noch in der Wüste war.
Der im Rahmen des blicke-Festivals vorgeführte Film „Transitions“ von Aurèle Ferrier bewegt sich schleichend durch die gespenstische Stadt und zeigt den Übergang von schier unendlicher Wüste hin zur Metropole Las Vegas. Diese unwirklichen Kontraste bringen dem Film den vom trailer-Magazin gestifteten Preis „Weitblick“ ein – einer von sechs Preisen, die am Samstagabend im Bahnhof Langendreer verliehen werden.
Filmische Kontraste
Das 29. blicke-Festival hat vor allem Kontraste im Programm: fantastische Beiträge neben realen Dokumentarfilmen; Filme über regionale und ferne Orte, über politische wie unpolitische Themen. Festivalleitung Felix Hasebrink betont bei seinem Resümee die Vielschichtigkeit des filmischen Erlebnisses, und wie sehr man sich gefreut habe, dass das Festival nun auch wieder vor Ort stattfinden konnte. Kino lasse sich eben nicht adäquat durch Streaming ersetzen.
Lenia Friedrichs Film „Oma“, welcher das Leben der Großmutter in der jungen Bundesrepublik zeigt, holt den von der Gleichstellungstelle der Stadt Bochum gestifteten gender und queer-Preis. Preisträgerin Friedrich betont in ihrer Dankesrede per Videobotschaft, wie wichtig der Kampf für Gleichberechtigung weiterhin sei. Der schräge Animationsfilm „Doom Cruise“, eine metaphorische „Kreuzfahrt ins Nichts“, wird mit dem Preis „aus-blicke“ ausgezeichnet, während das Pendant „ein-blicke“ an den Dokumentarfilm „Mensch Horst“ aus dem Ruhrgebiet geht. Der eigens vom Festival vergebene „fundstücke“-Preis geht an den Film „Selina“ von Greta Benkelmann, der einem auf subtile Art und Weise die harten Realitäten verschiedener Lebenswelten vor Augen führe. Zuallerletzt gewinnt Hendrick Ströhles „Berühr mich“ den Publikumspreis, der vom Bahnhof Langendreer gestiftet wird, bevor der Abend zur Musik von DJ Ali James ausklingt.
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