Es ist ein Meer aus bunten Blumen auf der Leinwand. Conrad Veit und Charlotte Maria Kätzl entführen mit ihrem Beitrag für das blicke-Festival „Speaking Flowers“ in eine Traum- oder Märchenwelt, in der Blüten sprießen und die Menschheit abgedankt hat. Zumindest für diese Viertelstunde, in der eine florale Überfülle auf der Leinwand flimmert. „Es stimmt einen Abgesang auf die Natur an“, sagt Conrad Veit über den experimentellen Streifen, den die Jury mit dem gender&queer-Preis bedacht hat. In der Urteilsbegründung heißt es: „Queer ist dabei nicht nur eine Kritik an Norm-Versprechen von Glück, sondern auch eine Ästhetik, die sich aufdrängt und die wehtut, von der wir aber nicht genug bekamen.“
Aus Mensch und Tier
Zu dieser Ästhetik gehört wiederum das Kostüm, in dem Charlotte Maria Kätzl steckt: ein humanoides Blumengestrüpp, das wie eine dadaistische Reminiszenz an Hugo Balls „Blechpriester“ wirkt, und welches sich nahtlos der floralen wie knallbunten Überfülle der Landschaft anpasst. „Wir spielen ironisch mit dem Überschwang der Farben und Blumen“, verrät Veit, „dieser Film ist aus dem Gefühl heraus entstanden“. Zugleich erinnert „Speaking Flowers“ an einen Berlinale-Beitrag, den Veit bereits 2021 einreichte: „Blastogenese X“, ein Manifest der Diversität, inspiriert von Regisseuren wie Kenneth Anger, einer Ikone der queeren Kinematografie. Bereits dieser Film zeigte Figuren, die wie Hybride aus Menschen und Tier daherkommen, die Drag-Form als „Animal Drag“.
Geschminkte Welt
Nun ist es Kätzl, die sich zuweilen sechsarmig als Blumenhybrid gebärdet und dabei an Donna Haraways posthumane Vision eines „Chthuluzäns“ erinnert. Zu ihr gesellen sich ein Bambi, das das Publikum anlächelt und ein weißes Kaninchen, als wäre es „Alice im Wunderland“ entsprungen. „Wir arbeiten häufig so, dass wir Motive aus der Popkulturgeschichte zitieren und diese dekontextualisieren“, verrät Veit. Einen psychedelischen Sog untermauern nicht nur die Kraut- und Stonerrock-Gitarrenriffs, die irgendwann aus dem Off knarzen. Auch die Kodak-Super-8-Kameratechnik trägt zu einer Retro-Verfremdung bei, unter anderem als „Körperlichkeit des Analogfilms“, so Veit, „die Welt erscheint gefärbt und eingeschminkt.“
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Grenzen und Gewalt
31. Filmfestival blicke in Bochum – Festival 12/23
Hattingen, Tian’anmen, Weltall
Weitblick-Preis für „Hochofen II“ beim Filmfestival blicke – Festival 12/23
„Die Sichtung ist das Highlight!“
Katharina Schröder zum 30. Jubiläum des blicke Filmfestivals – Festival 01/23
Mehr als Ruhrgebietsromantik
Filmfestival blicke: Jubiläumsauftakt im Bahnhof Langendreer – Festival 12/22
An die Arbeit
Filmfestival blicke: Sonntagsmatinee in Bochum – Festival 12/22
Soziale Beziehungen im Brennpunkt
Filmfestival blicke in Bochum – Festival 11/22
Wüstensand und Wolkenkratzer
Preisverleihung des blicke-Festivals im Bahnhof Langendreer – Festival 11/21
Science-Fiction trifft Politik
Filmfestival „blicke“ im endstation.kino in Bochum – Festival 11/21
„Man kann weniger davonlaufen“
Die Leitung des blicke filmfestivals über die diesjährige Filmauswahl – Festival 12/20
Alles, was denkbar ist
Das blicke-Filmfestival geht in die 28. Ausgabe – Festival 11/20
Perspektiven jenseits des Patriarchats
Das blicke-Festival im endstation-Kino, Bochum – Festival 11/19
Blicke ins Ruhrgebiet und in die Ferne
Das Blicke-Filmfestival steht vor der Tür – Festival 11/19
Die ganze Palette Kino
9. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/24
Wenn Kino Schule macht
Die Reihe Filmgeschichte(n) spürt Schulgeschichten auf – Festival 05/24
Sichtbarkeit vor und hinter der Leinwand
Das IFFF fordert Gleichberechtigung in der Filmbranche – Festival 04/24
Filmgeschichten, die das Leben schreibt
Neue Dokumentarfilme aus einer verrückten Welt – Festival 01/24
Kino galore
European Arthouse Cinema Day 2023 – Festival 11/23
Komplizinnenschaft
Das IFFF bietet einen Blick auf feministische Solidarität – Festival 04/23
„Man muss sich über alte Zöpfe Gedanken machen“
Clemens Richert zur 44. Auflage der Duisburger Akzente – Festival 03/23
Herbstzeit – Kinozeit
European Arthouse Cinema Day – Festival 11/22