Der Gemeinschaftsgarten, genannt „Avantgardenist“, versteht sich als exemplarischer Baustein auf Mikro-Ebene. Initiatorin Burcu Eke-Schneider sagt: „Die Vision dieses wissenschaftlichen Projekts ist, ein neues Konflikttransformationsmodell zu schaffen und interkulturelle Austauschprozesse zu ermöglichen.“ Sie hat in Istanbul Friedens- und Konfliktforschung studiert; die Abschlussarbeit: „Identitätsbasierte Konflikte unter Widerstandsgruppen während der Gezi-Protestbewegung“.
Eke-Schneider versteht sich als „Friedensarbeiterin“. Das Wort lässt den akademischen Hintergrund nicht unbedingt vermuten, es ist aber Programm: „Frieden ist ein Werk und Weg“, formuliert die Forscherin den Ansatz. Sie folgt hier dem Soziologen Johan Galtung, der als Gründungsvater der Friedens- und Konfliktforschung gilt und bei dem sie studiert hat. Eke-Schneider: „In meiner Arbeit habe ich begonnen, Friedensförderung in einen städtischen Transformationsprozess mit seiner neuen Bedeutung zu verwandeln.“
Klimawende braucht Teilhabe
Heute sagt sie zu ihren Projekten wie dem Elberfelder Garten: „Ich arbeite daran, die Friedenswissenschaft umzusetzen. Wir können Nachhaltigkeit und gerechte Transformationsprozesse nutzen, um neue Methoden des Dialogs in einem städtischen Umfeld zu schaffen.“
Hier auf dem Dach treffen sich Menschen verschiedener Kulturhintergründe, vor allem Frauen, säen, gießen. Wilde Natur trifft auf geordnete Beete: Hier Efeu, dort Salat und Auberginen. Den Bezug zum Frieden, hat die Forscherin erst im März ausgeführt: 2022 hat Deutschland den Vorsitz der G7-Staaten inne; für die beratende Thinktank-Gruppe Think7 verfasste Eke-Schneider ein Strategiepapier und führte aus, wie Klimawende und Friedensarbeit zusammen hängen. Eine These: Die Klimawende muss „marginalisierte Menschen“ – sonst hat sie nicht die nötige Akzeptanz.
Friedensarbeit und Nachhaltigkeit
In dem Beitrag taucht auch der Wuppertaler Garten auf, und klar wird spätestens hier die wissenschaftliche Grundierung des Südstadt-Salats: „Die Studie entwarf Experimente, arbeitete mit einer empirischen Gruppe, […] und half den Forschenden, die ursächlichen Probleme zwischen den verschiedenen Akteuren zu verstehen.“ Sie empfiehlt weitere Orte nach diesem Muster, damit der Wandel gelingt.
Arbeit gibt es für Eke-Schneider auch an anderen Stellen: Sie steht auch hinter der Initiative Wuppertaler Friedensforum, das anlässlich des Ukraine-Kriegs zu Demonstrationen aufrief. Das Forum organisiert gewaltfreien Aktivismus, „um das Bewusstsein zu schärfen“. Hier wünscht sie sich selbst mehr, vor allem gemischteren Zuspruch: „Die Gruppe braucht mehr Stimmen aus unterschiedlichen Ländern. Für mich ist Friedensarbeit viel effektiver, wenn die Teilnehmer:innen heterogen sind.“
Zurück zum „Garten“: Ist dann die Friedenserhaltung Mittel zum Zweck des Klimaschutzes? Für Eke-Schneider bedingt sich beides: „Es kann keine nachhaltige Entwicklung ohne Frieden geben und keinen Frieden ohne nachhaltige Entwicklung.“ Rüstung und Abschottung sieht sie kritisch: „Wir haben begonnen, aus Angst mehr zu investieren. Mehr Schlösser, Mauern, Grenzen.“ Auf die aktuelle Frage, ob Friedensarbeit überhaupt zwingend Pazifismus bedeute, zitiert sie unmissverständlich den Anarchisten Ammon Hennacy: „Man kann nicht zwischen den Mahlzeiten Vegetarier sein und nicht zwischen den Kriegen Pazifist.“
ZEITENWENDE - Aktiv im Thema
iwkoeln.de | Die Ökonomin Sarah Fluchs skizziert in den Nachrichten des Instituts der deutschen Wirtschaft, wie Kriege die Umwelt schädigen.
nabu.de/news | Der Naturschutzbund Deutschland betont angesichts des Kriegs in der Ukraine den Zusammenhang von sicherheits- und umweltpolitischen Herausforderungen.
greenpeace.de/frieden/krieg-umwelt | Der Greenpeace-Beitrag diskutiert am Beispiel des Irak, wie Kriege sich gezielt auch gegen die Umwelt richten.
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