Die grau-schwarzen Detonationswolken, die in den vergangenen Wochen über Kiew, Mariupol oder Charkiw in den Himmel gestiegen sind, vermochten es nicht, das licht- und hoffnungsgetränkte Gelb-Blau der Ukrainer auszulöschen. Ihre Flagge ist seit dem Überfall der russischen Armee weltweit zum neuen Sinnbild des Widerstands und der Sehnsucht nach Frieden geworden.
Ende März herrscht in einer Lagerhalle im Kölner Süden Hochbetrieb. Rund 20 Personen verpacken Produkte, schleppen und stapeln Kisten oder verladen im Eiltempo Waren in Transporter. Es wird lautstark deligiert und nicht minder vehement zurückkommuniziert. Die Szenerie gleicht einem Industriebetrieb im Nachfragehoch. Doch die Mitarbeiter sind ehrenamtlich tätig. Ihre Aufgabe ist nicht die Steigerung der Unternehmensbilanz, sondern Hilfe für Menschen in höchster Not. Die Stätte ist aktueller Stand- und Verteilungsort des Blau-Gelben Kreuz e.V., der sich um Kriegsflüchtlinge und die Versorgung der Zurückgebliebenen in den Kriegsgebieten kümmert. Zurzeit betreuen die Vereinsmitglieder mehr als 400 Menschen, Tendenz steigend.
Helfer aus allen Gesellschaftsschichten
„Wir engagieren uns schon seit 2014 für die Menschen in der Ukraine. Das Unheil begann ja nicht erst dieses Jahr. 2017 wurde dann der Verein gegründet“, erzählt Linda Mai. Die 47-Jährige wurde in der West-Ukraine geboren und lebt seit über 20 Jahren in Köln. „Bis zum 24. Februar haben wir uns um die Waisenkinder dieses Krieges gekümmert. Danach wurde alles umfassender. Wir helfen der Zivilbevölkerung, verschicken Lebensmittel, Medikamente, Kleidung und Hygieneartikel“, so Mai. In ihrem Team finden sich Helfer aus allen Gesellschaftsschichten. Von Schülern über Studenten bis hin zu Rentnern reicht die Altersspanne. „Jeder kann mitmachen. Auf unserer Hompage finden die Leute ein einfaches Buchungssystem, in dem man sich für bestimmte Uhrzeiten oder Tage eintragen kann. Natürlich ist es auch möglich, Güter bei uns vorbeizubringen oder abholen zu lassen“, informiert die Vereinsgründerin, die unter anderem russische Landsleute zu den Unterstützern zählt.
Mai berichtet von Flüchtlingen, die, in Köln angekommen, nicht genug zu essen hatten. Kurzerhand wurde ein Transporter zum Supermarkt geschickt, vollgeladen und an die betreffende Adresse geschickt. Man verstehe sich als Lückenfüller für die Stadtverwaltung, denn oftmals könne der Verein kurzfristig einspringen. Die Zusammenarbeit mit der Stadt, dem ukrainischen Konsulat sowie polnischen Behörden sei fruchtbar. Jeder gebe sein bestes, so die Ehrenamtlerin. Für die Ankommenden brauche es neben Unterkünften vor allem Übersetzer, die Gänge zum Arzt, zu den Ämtern oder in die Bank begleiten. Dafür stünden bereits mehr als 240 Personen bereit, doch weitere Fremdsprachler seien willkommen: „Ich könnte mir darüber hinaus vorstellen, dass Betriebe ihre russisch- oder ukrainischsprechenden Mitarbeiter freistellen oder Geflüchteten in den Firmen eine Tätigkeit zuweisen. Die Ukrainer sind ein fleißiges Volk. Ich habe bisher von niemandem gehört, der hier Sozialhilfe beantragt. Sie wollen arbeiten“, erzählt Natalie Nothstein, die für die Pressearbeit des Vereins zuständig ist.
Eine Botschaft an Putin
Für die Transporte an die ukrainische Grenze bittet das Blau-Gelbe Kreuz die hiesige Bevölkerung vor allem um Schlafsäcke, Isomatten, Gaskocher, Hygiene-Artikel, Windeln und Lebensmittel. In Köln brauche es dagegen vermehrt Kinderschuhe und -bekleidung in gutem Zustand. „Die Hilfsbereitschaft der Menschen ist toll. Die Kölner haben das Herz am rechten Fleck. Wenn immer wir einen Aufruf starten, wird es auch angenommen“, zeigt sich Linda Mai bewegt und hofft, dass die Anteilnahme nicht verpufft. Auch wenn die bisherigen weltweiten Kundgebungen und Demonstrationen den Krieg nicht stoppen konnten, misst sie den zivilen Protesten eine hohe Bedeutung bei: „Es ist ein Zeichen für diejenigen, die durchhalten müssen. Die Bilder kommen an“, versichert Mai. An Wladimir Putin richtet die Humanistin ihre persönliche Botschaft: „Raus aus der Ukraine, mit all deinen Verbrechern. Raus! Geh einfach nach Hause.“
ZEITENWENDE - Aktiv im Thema
iwkoeln.de | Die Ökonomin Sarah Fluchs skizziert in den Nachrichten des Instituts der deutschen Wirtschaft, wie Kriege die Umwelt schädigen.
nabu.de/news | Der Naturschutzbund Deutschland betont angesichts des Kriegs in der Ukraine den Zusammenhang von sicherheits- und umweltpolitischen Herausforderungen.
greenpeace.de/frieden/krieg-umwelt | Der Greenpeace-Beitrag diskutiert am Beispiel des Irak, wie Kriege sich gezielt auch gegen die Umwelt richten.
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