Die inzwischen staubbedeckten Hefte und Rucksäcke müssen wieder ans Tageslicht, die Stimmung der Kinder wird von Tag zu Tag launischer und die regionale Presse malt sich bereits den „Super-Stau-Montag“ wegen der A40-Sperrung aus. Das letzte Ferien-Wochenende dürfte für viele die Drehtür aus der stressfreien Zone sein. Genau in dieser Zeit schlägt das Dortmunder Micro!Festival seit nun schon 20 Jahren seine Zelte auf. Am Friedensplatz, zentral zwischen dem Altem Stadt- und dem Rathaus gelegen, sei das Fest für alle Altersgruppen als Ort konzipiert, an dem man sich nach seiner Rückkehr aus dem Urlaub treffe und den Abschluss der Sommerferien genieße, so Michael Hoppe, künstlerischer Leiter des Micro!Festivals und Kulturreferent Dortmunds. Neben dem Zeitpunkt ist der internationale Charakter eine zweite Besonderheit des Festivals. Theaterkompanien, Straßenkünstler, Comedians und Weltmusikbands aus drei Kontinenten ziehen sich durch das dreitägige Programm. Mit dabei sind diesmal die spektakulären Lichtinstallationen und Plastiken der Compagnia Teatrale Corona (18.8. 22 Uhr) sowie die Katalanen von Cia Mar Gomez, die das Thema Leidenschaft an einer Waschmaschine abtanzen. „Heart Wash“ heißt das gute Stück (17.8. 20 Uhr, 18.8. 17 Uhr).
Weltmusik von Helsinki bis Johannesburg
Musikalisch versucht man beim Micro!Festival immer wieder neue Wege in der Weltmusik einzuschlagen. Da gleichen sich nur wenige Bands, einzig „die Authentizität und die Ausgefallenheit“ seien die entscheidenden Maßstäbe bei der Auswahl der Künstler, so Hoppe. Ein Highlight dürften die Rumänen von „Fanfare Ciocarlia“ sein. Die zehnköpfige Band schießt mit ihren Blechbläsern eine Tanzvorlage nach der anderen raus, improvisiert sich gegenseitig mit schnellen Solis in Stimmung und bedarf zu alle dem keine Notenblätter. Reine Musik aus dem Gefühl (17.8. 21 Uhr). Musik für Sommer-Feelings bringen die Südafrikaner von Hot Water mit. Seit 2006 mischt die Band um den Multi-Instrumentalisten und Songwriter Donovan Copley traditionelle südafrikanische Musikstile wie Mbaqanga und Ghoema mit Blues und Pop-Elementen. Gesang und Rhythmus nehmen nur eine Richtung Marsch: Feierlaune. Für diese würde man nicht unbedingt die kühnen Finnen von Sväng einladen. Vielmehr sind die sie international als einzige Mundharmonika-Band bekannt. Mit verschiedenen Varianten des ansonsten als Begleitinstrument verpönten Western-Instrumentes schaffen sie gar Bass-Tiefen und mehrstimmige Harmonienwechsel. Die Ausbildung der Mitglieder an der renommierten Sibelius-Akademie in Helsinki trägt bei solchen Experimenten noch Früchte.
Bedrohte draußen-und-umsonst-Kultur
Bei allen besonderen Künstlern, die man nach Dortmund holt, ist der Fortbestand des Festivals dennoch von Jahr zu Jahr gefährdet. „Es ist ja in den letzten Jahren immer schwieriger geworden, dass Budget dafür zusammen zu bekommen, um das Festival dann letztlich durchführen zu können“, resümiert Michael Hoppe. Es freue ihn zwar, dass es diesmal geklappt hat, aber ob und wie viel Budget nächstes Jahr möglich wird, könne er „überhaupt nicht absehen“. Dies hinge vor allem vom Rat der Stadt Dortmund ab, und dieser wird erst Ende August gewählt.
Micro!Festival I 17.8.-19.8. I Friedensplatz Dortmund I 0231 50 25 177
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Der Drache am Paradiesgarten
Micro!Festival 2023 in Dortmund – Prolog 07/23
Zu Gast bei Freunden
25. Micro!Festival in Dortmund – das Besondere 08/18
Magische Musik ohne Manieren
Das Micro!Festival 2017 in Dortmund – das Besondere 08/17
Singen gegen die Schwerkraft
23. Microfestival vom 19.-21.8. in Dortmund – Spezial 08/16
Machen sie doch mal Platz
Das 23. MICRO!Festival in Dortmund – das Besondere 08/16
Fliegendes Geld und goldene Affen
Das Dortmunder Micro!Festival – Prolog 08/15
Tonale Weltkultur-Stimulation
Das 21. Micro!Festival in der Dortmunder Innenstadt – Theater Ruhr 08/14
Kostenloses Abenteuer der Kulturen
20. Micro!Festival in der Dortmunder Innenstadt – Festival 08/13
Das blaue Licht in Bochums Norden
Otto Groote Ensemble im Bochumer Kulturrat – Musik 12/24
Schummerlicht und Glitzerhimmel
Suzan Köcher's Suprafon in der Bochumer Goldkante – Musik 12/24
Pessimistische Gewürzmädchen
Maustetytöt im Düsseldorfer Zakk – Musik 11/24
Komm, süßer Tod
„Fauré Requiem“ in der Historischen Stadthalle Wuppertal – Musik 11/24
Konfettiregen statt Trauerflor
Sum41 feiern Jubiläum und Abschied in Dortmund – Musik 11/24
Erste Regel: Kein Arschloch sein
Frank Turner & The Sleeping Souls in Oberhausen – Musik 10/24
Eine ganz eigene Kunstform
Bob Dylan in der Düsseldorfer Mitsubishi Electric Halle – Musik 10/24
Psychedelische Universen
Mother‘s Cake im Matrix Bochum – Musik 10/24
Sich dem Text ausliefern
Bonnie ,Prince‘ Billy in der Essener Lichtburg – Musik 10/24
Improvisationsvergnügen
Das Wolfgang Schmidtke Orchestra in der Immanuelskirche – Musik 09/24
Essen-Werden auf links drehen
Cordovas im JuBB – Musik 09/24
Rock ‘n‘ Roll ohne Schnickschnack
Gene Simmons und Andy Brings in der Turbinenhalle Oberhausen – Musik 08/24
Vielfalt, Frieden und Respekt
3. Ausgabe von Shalom-Musik.Koeln – Musik 07/24
Die Ruhe im Chaos
Emma Ruth Rundle in Bochum und Köln – Musik 07/24
Musikalische Feier
Markus Stockhausen Group im Wuppertaler Skulpturenpark Waldfrieden – Musik 07/24
Verzauberung des Alltags
The Düsseldorf Düsterboys in Essen – Musik 07/24
Brachialromantik im Tempel
Qntal in Oberhausen – Musik 07/24