Nach einem harten, oft kurzen Arbeiterleben auf den Zechen im Ruhrgebiet gab es für die Kumpels die eigene Zeche auf die Hand. Eine kleine Radierung von Hermann Kätelhön (1884–1940), für Hauer oft nur als Faksimile, für Bergassessoren nach 25 Jahren auch schon mal als echte Radierung, zwar unnummeriert, aber handsigniert. Die echten Auflagen vertrieb der gebürtige Hesse in seinem schicken Atelierhaus auf der Essener Margarethenhöhe. Zahlreiche Arbeiten sind nun im Museum Folkwang zu sehen, ein Beitrag für die regionale Lobpreisung der Kohle, denn der deutsche Steinkohlenbergbau endet im Dezember 2018 mit sinnigen Sprüchen wie „Glückauf Zukunft!“ und die Museen des Ruhrgebiets haben sich für das Projekt „Kunst und Kohle“ zusammengefunden.
Hermann Kätelhön, studierter Töpfermeister, der bereits in Marbug Keramikstar wegen eines goldglänzenden Spezialglasurbrandes war, zog 1917 nach der Heirat nach Essen, auch wegen der Folkwang-Idee von Karl Ernst Osthaus und des Anratens Ernst Gosebruchs, des damaligen Direktor des Kunstmuseums Essen. So wurde Kätelhön zu einem bedeutenden Bergbauchronisten der 1930er Jahre, der allerdings damals schon mit einem ziemlich geschönten Blick auf die stinkende Industrielandlandschaft schaute – einmal, weil er wohl die Strukturen seiner hessischen Bauernlandschaft und damit verbundenen auch das Kompositorische des für ihn vergangenen Jahrhunderts verinnerlicht hatte, andererseits wollten sich seine Abnehmer damals sicher auch keinen radierten Trauerflor an die Wohnzimmerwand hängen.
Eine kleine Auswahl seiner schier endlosen Landschaftsdarstellungen bildet den Mittelpunkt der Kabinettausstellung im Museum Folkwang. Optisch öffnet sich der Blick vom frühen Selbstbildnis (Radierung und Kaltnadel, 1915) in der Mitte nach rechts und links zu frühen Arbeiten Kätelhöns in Essen und zu Werken des Zeichners und Druckgrafikers Adrian Zingg (1734-1816), der als Beleg für die traditionelle Bildgestaltung der Landschaften (Ansicht von St. Blasien im Schwarzwald, Feder und Pinsel, Grisaille 1790) mit gezeigt wird. Im Raum dahinter hängen als Kontrast aber auch einige neusachliche Industriefotografien von Albert Renger-Patzsch (1897-1966), die zeitlich parallel im Ruhrgebiet entstanden sind und ein so anderes Bild der Industrielandschaft zeigen (Gartenkolonie im Industriegebiet Bochum, Silbergelatineabzug, 1930).
Kätelhön, der später noch eine berühmte Radierwerkstatt an der Möhne ins Leben rief, hat die Techniken, mit der die Kupferplatten vor dem Tiefdruck bearbeitet wurden, ziemlich weiterentwickelt, neben der Kaltnadel, wo eigentlich nur geritzt wird (ähnlich des Kupferstichs), aber auch neue Ätzverfahren und vom Österreicher Karl Klietsch, bereits 1879 erfundene Heliogravüre hat er gekannt und manchmal genutzt. Wenn man am Gedenkblatt für die ehemalige Zeche Dahlbusch in Gelsenkirchen angekommen ist, stellt man sich doch die Frage, wo der Meister sich, wie sonst üblich, verewigt hat. Auf vielen der Blätter fehlt die Signatur, von Auflagennummerierungen ganz zu schweigen, hier und da sind es auch Probe- oder Zustandsdrucke, die meist nie signiert werden. Die Auftragsarbeiten für die Dankesurkunden aufm Pütt hat Kätelhön meist in der Platte signiert, heißt dort eingeritzt und hundertfach mitgedruckt, eine Bleistiftsignatur dazu gab´s nur für die Bergassessoren.
Hermann Kätelhön – Ideallandschaft: Industriegebiet | bis 5.8. | Museum Folkwang, Essen | 0201 88 45 444
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