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Anträge werden heute immer öfter über ellenlange Zeitspannen geplant
Foto: Irma Flesch

Errare humanum est

19. Dezember 2012

Lioba Albus über das Phänomen „Highraten“ – Thema 01/13 Ehe-Los

Heiraten ist wieder total in. Der Heiratseifer ist auch nicht durch die Tatsache zu bremsen, dass in den großen Städten jede zweite Ehe geschieden wird. Im Gegenteil, da ist die Chance ja größer, dass ich mir dieses erfreuliche Event mehrmals gönnen kann. Denn ein EVENT ist heiraten heutzutage. Das geht ja schon los mit den aufwändig inszenierten Heiratsanträgen, gerne zu den Klängen von Bruno Mars’ „Marry you“. Die Anträge werden teilweise über ellenlange Zeitspannen geplant, gründlich unter Einbindung sämtlicher Freunde, Verwandter und Bekannter inszeniert, um dann schleunigst bei Youtube eingestellt zu werden. Je mehr Klicks, desto schöner wird die Ehe! Diese öffentlich zur Schau gestellten Anträge sind längst peinlicher Alltag geworden. Neulich hörte ich beim Hereinkommen in ein Ikea-Möbelhaus die Durchsage: Die Monika möchte bitte ganz dringend den Jens aus dem Spielparadies abholen. Zufällig fiel mein Blick auf dieses lustige Bälletohuwabohu und ich blieb wie erstarrt stehen: Mitten in den bunten Bällen saß ein erwachsener Mann, nur mit einer Riesenwindel bekleidet, einen Schnuller im Mund, und hatte ein Schild um den Hals: „Geliebte Moni! Wenn du willst, dass deine zukünftigen Kinder ungefähr so aussehen, dann antworte mit: JA!“ Wäre ich die Moni, ich hätte die Beine in die Hand genommen und wäre um mein Leben gerannt! Neidische Ziege, werden einige sagen. Du bist doch nur so angesäuert, weil sich für dich noch kein Mann so zum Affen gemacht hat. Tja, wer weiß. Ich hab’s eigentlich nicht so mit Affen.

In der Fußgängerzone Präservative aufblasen
Noch unangenehmer sind mir ja diese Junggesellinnen- und Junggesellenabschiede. Da wird man in der Fußgängerzone von einer Horde eigenwillig gestylter Phantasiebräute überfallen und von ihnen genötigt, vor den Augen einer Handykamera so lange ein Präservativ aufzupusten, bis es platzt. Dann muss man in die Kamera sagen: „Liebe Nathalie, ich wünsche dir eine glückliche, fruchtbare Ehe.“ Auch wenn ich Nathalie nicht kenne, bin ich mir nicht sicher, ob ich Nathalie das wirklich wünschen soll. Bei dem Freundeskreis. Da ist es doch vielleicht besser, Nathalie behält ihr Genmaterial für sich. Und dann die Hochzeiten heutzutage: unter Tage, über den Wolken, zu Lande und zu Wasser … in Weiß, in Gelb, in Rosé … Ein guter Freund hat mir vor Jahren mal gesagt, das Wort „Ehe“ sei eine Abkürzung für den lateinischen Ausspruch: Errare humanum est! Irren ist ja bekanntlich menschlich und kann sehr lustig sein. Wenn wir alle unsere Trennungen ähnlich opulent feiern würden. Im Brautkleid mit der Aufschrift: „Return to sender“. Und der Mann verkleidet als Flipperkugel mit einem Tattoo: „Next shoot, try it again!“ Wie lustig könnten solche Partys sein. Ich würde gerne mit euch weiter über solche Ideen spinnen, aber da tut sich gerade was vor meiner Haustür im Hausflur. Mein Liebster war in den letzten Tagen so aufgeregt. Ich glaube, der führt was im Schilde. Da! Die ersten Takte von Bruno Mars, ganz laut im Flur. Äh, ich glaube, ich sage: „Ja!“

Lioba Albus

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