Sonnenklar: Unsere Leibspeise ist Currywurst mit Pommes. Und zwar nicht nur montags. Obwohl: Beim RuhrHochDeutsch-Festival im Spiegelzelt an den Dortmunder Westfalenhallen wird sie just an diesem Wochentag kredenzt. Zusammen mit einem Kleinkünstler. Der kann von überall herkommen. Zum Beispiel aus Amorbach, Tübingen oder München, dort, wo Philipp Weber seinen ökologischen Fußabdruck hinterlassen hat. Für schlappe 16 Euro gibt es intelligente Aufklärung von Deutschlands radikalstem Verbraucherschützer („stille Wasser sind nicht tief, sondern teuer“): „Durst – Warten auf Merlot“ heißt sein Programm, in dem es am 7. Juli um bierernste Fragen und leckere Getränke geht, von denen eines im Eintrittspreis enthalten ist.
Genau eine Woche später, am 14. Juli, wird’s zu denselben Konditionen schön bunt: Die Mixshow mit Markus Krebs & Sebastian 23 verspricht jedenfalls jede Menge Abwechslung. Bodenständiger Krebs contra hintersinniger Poetry Slammer. Am 21. behauptet der in Deutschland lebende Amerikaner John Doyle einfach mal: „Die Welt ist eine Bandscheibe“. Hinter ihm liegt ein Martyrium aus Schmerzen, Diagnosen und Therapien. Darüber kann man sich an diesem Abend zusammen mit ihm freuen. Einen komplett anderen Humor hat Jess Jochimsen entwickelt. Texte, Songs und Dias zur allgemeinen Lage der Nation will er am 28. vorstellen – unter dem Titel „Für die Jahreszeit zu laut“. Wobei nicht zuletzt die Aufnahmen aus der deutschen Provinz vor anspielungsreicher Absurdität nur so strotzen. Sein fotografischer Streifzug durchs städtische Hinterland erzählt von den schaurig schönen Orten, in denen Menschenhand abstruse Spuren hinterlassen hat.
Eine weitere Reihe des Festivals, die im Juli im Zwei-Wochen-Rhythmus stattfindet: „HerzDame sticht – Die Highlights der Komikerinnen-Zunft zu Gast bei Mia Mittelkötter“ heißt der von Lioba Albus präsentierte weibliche Schlagabtausch, der regelmäßig vom Besuch der aus Lübeck kommenden, ganz und gar zauberhaften Liedermacherin Fee Badenius gekrönt wird. Als erste Gästin betritt Anka Zink am 2. Juli die Bühne. Die Humor-Dienstleisterin schlüpft in die Rolle einer All-Inclusive-Touristin, die es in ein Museum verschlägt, weil die Klimaanlage im Hotel nicht funktioniert („Das Klima ist kaputt“): ein personifiziertes Klischee, das wohl jeder so oder ähnlich kennt. Das alles ist gut beobachtet, gespickt mit Ironie und bissigen Kommentaren, die die Distanz der Akteurin zu den merkwürdigen Auswüchsen des Tourismus unterstreicht. Und sie vermittelt einen nachhaltigen Eindruck von ihren Begegnungen mit den Einwohnern Ecuadors, wo sie Salsa tanzen gelernt hat.
Vierzehn Tage später (am 16.) wird Nessie Tausendschön durch „die wunderbare Welt der Amnesie“ führen: wobei die herzerwärmend singende und improvisierende Künstlerin inzwischen – wie Anka Zink seit geraumer Weile – als Grande Dame des Kabaretts gehandelt wird, eine reife Erscheinung im mädchenhaften Outfit, die genau weiß, wie man das Publikum auf seine Seite bringt. Was ebenfalls für das Ruhrgebiets-Eigengewächs La Signora gilt, die sich am 30. den verbalen Spitzfindigkeiten von Frau Mittelkötter stellt – natürlich mit Dutt, Denkerstirn und erotischer Dominanz.
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