Der Rausch
Dänemark 2020, Laufzeit: 117 Min., FSK 12
Regie: Thomas Vinterberg
Darsteller: Mads Mikkelsen, Thomas Bo Larsen, Lars Ranthe
>> www.weltkino.de/filme/der-rausch
Irritierend ist das Wort, welches...
Matt513 (266), 14.11.2021
Einen kritischen Film über soziales Trinken zu drehen, wäre aller Ehren wert gewesen. Besitzt in der westlichen Gesellschaft doch der Konsum von Alkohol einen ausgeprägten, ja zentralen Stellenwert: Das Glas gehört einfach dazu; das reinste Ritual.
Nach entfesselt saufenden Schülern bereits im Intro tritt bald Lehrer Martin auf, dem die Mühe der Selbstkontrolle vor seinen Schülern anzumerken ist. Man denkt, da könnte Alkohol im Spiel sein. Einen Fingerzeig liefert tatsächlich die abendliche Geburtstagsfeier im Kreise befreundeter Kollegen. Martin möchte eigentlich nichts trinken. Seiner Verfassung nach sollte er besser auch nicht, aber der Gruppenzwang ist stärker. Einige Augenblicke taumelt er am imaginären Rand, ringt mit sich und fällt dann doch hinein.
Ist das komisch? Fand ich nicht. Und saß in einer Herde angestrengt gackernder, feixender Kinobesucher und fragte mich, was die so amüsant daran finden, daß da einer die Kontrolle über sich verliert. Es ist dieses Phänomen im Kino schon seit längerem, dieses angestrengte Kichern an Stellen, die nicht wirklich lustig sind. Ich empfinde das als irritierend (so wie übrigens auch das Verhalten spät eintreffender Kinogänger, die nicht begreifen wollten, warum ich während einer Pandemie Wert auf den freien Platz Abstand lege, speziell wenn anderswo im Saal auch noch reichlich Platz wäre).
Daß Vinterberg sich dieses wichtigen wie ernsten Themas annimmt, ist also achtbar, die gewählte Umsetzung jedoch ungeeignet. Denn sein Film gerät im folgenden über weite Strecken zu einer fidelen Ode ans Saufen, wodurch man gar über sich hinauswachsen soll. 'Glaube ich nicht dran; den Exkurs über das Nervengift Alkohol klemm ich mir.
Fröhlich trifft man sich im Film, um das Level zu halten. Irritierten zunächst Wahrnehmungen diesseits der Leinwand, setzt der Film nach solidem Start dies fort. Das ist in der Realität einfach ein zu häufig tragisches Thema, als daß man das so darstellen sollte. Also bitte, es muß ja auch kein Lehrfilm mit erhobenem Zeigefinger sein. Auch wie eher beiläufig die Stolperer inszeniert sind, die Vinterbergs Figuren zunehmend in ihrem Umfeld nehmen, das bringt den Film erst recht nicht zurück in die Spur. Auch nicht, daß es einen erwischt. Das ist filmisch einfach nicht gut umgesetzt. Und als wenn das noch nicht gereicht hätte, hebt der Film danach noch einmal an und sein Ton dreht wieder in die andere Richtung So als ob er dem Zuschauer zurufen wollte: Tja, einen hat's erwischt; nun läßt uns wieder fröhlich sein.
Das Wort, das man sucht, lautet – genau, siehe oben.
Nicht langweilig
Raspa (391), 28.07.2021
Wir sind den Irrungen und Wirrungen vier dänischer Lehrer und ihrer Umgebung gerne gefolgt. Die Schauspieler sind großartig, allen voran natürlich Mads Mikkelsen. Das offene Ende mag man "unentschlossen" finden; ich sehe es eher als sinnvoll an, dass am Ende offen bleibt, ob z.B. Martins Ehe noch eine wirkliche Chance zum Neubeginn hat. Lassen Sie sich also nicht vom Besuch dieses interessanten Films abhalten.
Alkohohl
Das Auge (335), 25.07.2021
Langweiliger Film, Menschen trinken wie eh und je, diesmal mit pseudowissenschaftlicher Begründung. Kann man sich anschauen, muss man nicht. Lieber noch drei Kölsch in der Stammkneipe.
Meine bessere Hälfte meinte: Der Film ist unentschlossen, dem stimme ich zu.
Filmfestivalmonat November
Mit der Duisburger Filmwoche, Doxs! und dem Blicke – Filmfestival des Ruhrgebiets – Vorspann 11/24
Kunst des Nicht-Wegschneidens
„Anna Zeit Land“ im Filmforum – Foyer 10/24
Restitution von Kolonialraubkunst
„Dahomey“ und „The Story of Ne Kuko“ im Filmforum – Foyer 10/24
Reise in die Seele des Kinos
Die Ausstellung „Glückauf – Film ab“ in Essen – Vorspann 10/24
„Die Geschichte ist jetzt unfassbar aktuell“
Regisseur Andreas Dresen über „In Liebe, Eure Hilde“ – Gespräch zum Film 10/24
Programmkollaps
Vergraulen immer komplexere Kinoprogramme das Publikum? – Vorspann 09/24
Zurück zum Film
Open-Air-Kinos von Duisburg bis Dortmund – Vorspann 08/24
Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Kölner Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24
„Poor Things“, reiches Cannes
Eine Bilanz der ersten sechs Kinomonate – Vorspann 07/24
Lichtspiele mit Charme
Eröffnung der Ausstellung „Glückauf – Film ab!“ im Ruhr-Museum – Foyer 07/24
„Es geht um Geld, Gerechtigkeit und Gemeinschaft“
Regisseurin Natja Brunckhorst über „Zwei zu eins“ – Gespräch zum Film 07/24
Der Tod, der uns verbindet
NRW-Premiere von Eva Trobischs „Ivo“ – Foyer 06/24
Ewige Stadt, ewiges Kino
In Rom werden aus alten verlassenen Kinos wieder Kinos – Vorspann 06/24
Ein letzter Blick von unten
„Vom Ende eines Zeitalters“ mit Filmgespräch im Casablanca Bochum
„Wir erlebten ein Laboratorium für ein anderes Miteinander“
Carmen Eckhardt über „Lützerath – Gemeinsam für ein gutes Leben“ – Portrait 05/24
Grusel und Begeisterung
„Max und die wilde 7: Die Geister Oma“ mit Fragerunde in der Schauburg Dortmund
Der Kurzfilm im Rampenlicht
Die Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen 2024 – Vorspann 05/24
Wenn Kino Schule macht
Die Reihe Filmgeschichte(n) spürt Schulgeschichten auf – Festival 05/24
„Ich wollte die Geschichte dieser Mädchen unbedingt erzählen“
Karin de Miguel Wessendorf über „Kicken wie ein Mädchen“ – Portrait 04/24
Mehr als „Malen-nach-Zahlen-Feminismus“
„Ellbogen“ im Kölner Filmpalast – Foyer 04/24
Sichtbarkeit vor und hinter der Leinwand
Das IFFF fordert Gleichberechtigung in der Filmbranche – Festival 04/24
„Viel Spaß beim Film“
Vom Ende der Platzanweiser:innen – Vorspann 04/24
„Ich mag realistische Komödien lieber“
Josef Hader über „Andrea lässt sich scheiden“ – Roter Teppich 04/24
Was läuft im Kino?
Über die Programmierkunst echter und gespielter Helden – Vorspann 03/24
„Alles ist heute deutlich komplizierter geworden“
Julien Hervé über „Oh la la – Wer ahnt denn sowas?“ – Gespräch zum Film 03/24