Epidemic
Dänemark 1987, Laufzeit: 106 Min.
Regie: Lars von Trier
Darsteller: Lars von Trier, Allan De Waal, Ole Ernst, Michael Gelting, Colin Gilder, Svend Ali Hamann, Caecilia Holbek Trier, Udo Kier
"Epidemic" ist kein neuer Film von Lars von Trier, sondern sein zweiter Kinofilm von 1987, der in Folge der Wiederaufführung von von Triers Europa-Trilogie erstmals in deutsche Kinos gelangt. Und doch scheint der Film in enger Verwandtschaft zu seinem letzten Film "The five obstructions" zu stehen. Der letztjährige Film, in den Kinos etwas untergegangen, war eine arrogante und egomanische, aber auch selbstironische und selbstkritische Reflektion der eigenen Arbeit - eine raffinierte und höchst unterhaltsame Um-die-Ecke-Offenbarung."Epidemic" ist zunächst einmal das Gegenteil des perfekt ausgestatteten und perfekt durchdachten Neo-Noir-Erstlings "The Element of Crime". Nicht kunstvoll stilisiert, sondern wie eine flüchtige Dokumentation der kreativen Vorarbeit zum Film beginnt "Epidemic" und zeigt in wackeligen Bildern (das schon die Geburt von Dogma?) von Trier und Vørsel bei der Arbeit: in Gesprächen, bei der Recherche in der Bibliothek oder bei der Planung der Dramaturgie. Während sie so die Handlung des Films weiterentwickeln, wird parallel in Film-im-Film-Szenen diese Geschichte um den Arzt Dr. Mesmer erzählt: der zieht aus ins weite Land, um gegen eine grassierende Seuche vorzugehen. Doch der Idealismus Mesmers macht ihn blind für die Tatsache, dass er selber es ist, der die Seuche verbreitet. Die Konstruktion des Films als raffiniert und kunstvoll zu beschreiben, wäre sicherlich zu hoch gegriffen und auch verfehlt. Eher wird der Film von einer schnoddrigen Geste des laissez-faire beherrscht, die nur in den Film-in-Film-Szenen von einer offensichtlich durchdachteren Inszenierung verdrängt wird. Dabei geht es von Trier wohl vor allem um die Entmystifizierung des kreativen Prozesses: neckische Wendungen in der Handlung werden kichernd beim Bier ausgeheckt, Ideen vom Zufall bestimmt, die Dramaturgie Pi-mal-Daumen entworfen, und wenn man in Köln auf Udo Kier trifft, darf der dann eben weinend eine Anekdote von seiner Mutter erzählen. Aber natürlich kommt Lars von Trier, der hier mit wenig Geld und frei von Erwartungsdruck 'runterfilmt', von seinem hohen Anspruch nicht wirklich los und macht einen umwerfend komischen, intelligenten und beeindruckend persönlichen Film mit einem ergreifenden Splatter-Fantasy-Finale. Und mystifiziert den kreativen Prozess damit doch wieder. Ätsch!
(Christian Meyer)
Zwischen Helden- und Glückssuche
Die Kinotrends des Jahres – Vorspann 01/25
Schund und Vergnügen
„Guilty Christmas Pleasures: Weihnachtsfilme“ im Filmstudio Glückauf Essen – Foyer 12/24
„Das Ruhrgebietspublikum ist ehrlich und dankbar“
Oliver Flothkötter über „Glückauf – Film ab!“ und Kino im Ruhrgebiet – Interview 12/24
Besuchen Sie Europa
Die Studie Made in Europe und ihre Folgen – Vorspann 12/24
Hagener Bühne für den Filmnachwuchs
„Eat My Shorts“ in der Stadthalle Hagen – Foyer 11/24
Ruhrgebietsfilmgeschichte erleben
„Glückauf – Film ab!“ im Essener Ruhr Museum
Zermürbte Gesellschaft
choices preview zu „Critical Zone“ im Odeon – Foyer 11/24
Die ganze Palette Kino
9. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/24
Filmfestivalmonat November
Mit der Duisburger Filmwoche, Doxs! und dem Blicke – Filmfestival des Ruhrgebiets – Vorspann 11/24
Kunst des Nicht-Wegschneidens
„Anna Zeit Land“ im Filmforum – Foyer 10/24
Liebe und Macht
choices preview zu „Power of Love“ in der Filmpalette – Foyer 10/24
Restitution von Kolonialraubkunst
„Dahomey“ und „The Story of Ne Kuko“ im Filmforum – Foyer 10/24
„Die Geschichte ist jetzt unfassbar aktuell“
Regisseur Andreas Dresen über „In Liebe, Eure Hilde“ – Gespräch zum Film 10/24
Reise in die Seele des Kinos
Die Ausstellung „Glückauf – Film ab“ in Essen – Vorspann 10/24
Programmkollaps
Vergraulen immer komplexere Kinoprogramme das Publikum? – Vorspann 09/24
Zurück zum Film
Open-Air-Kinos von Duisburg bis Dortmund – Vorspann 08/24
Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Kölner Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24
Lichtspiele mit Charme
Eröffnung der Ausstellung „Glückauf – Film ab!“ im Ruhr-Museum – Foyer 07/24
„Poor Things“, reiches Cannes
Eine Bilanz der ersten sechs Kinomonate – Vorspann 07/24
„Es geht um Geld, Gerechtigkeit und Gemeinschaft“
Regisseurin Natja Brunckhorst über „Zwei zu eins“ – Gespräch zum Film 07/24
Der Tod, der uns verbindet
NRW-Premiere von Eva Trobischs „Ivo“ – Foyer 06/24
Ewige Stadt, ewiges Kino
In Rom werden aus alten verlassenen Kinos wieder Kinos – Vorspann 06/24
Ein letzter Blick von unten
„Vom Ende eines Zeitalters“ mit Filmgespräch im Casablanca Bochum
„Wir erlebten ein Laboratorium für ein anderes Miteinander“
Carmen Eckhardt über „Lützerath – Gemeinsam für ein gutes Leben“ – Portrait 05/24
Grusel und Begeisterung
„Max und die wilde 7: Die Geister Oma“ mit Fragerunde in der Schauburg Dortmund