Green Border
Polen, Frankreich, Tschechische Republik, Belgien 2023, Laufzeit: 147 Min., FSK 12
Regie: Agnieszka Holland
Darsteller: Jalal Altawil, Maja Ostaszewska, Tomasz Włosok
>> pifflmedien.de/filme/green-border/
Multiperspektivischer Blick auf die Flüchtlingsthematik
Flüchtlinge als Spielball der Politik
„Green Border“ von Agnieszka Holland
Damit hier erst gar keine Missverständnisse entstehen: Das heimelig klingende „Grün“ im Titel wird uns gleich zu Beginn des Films genommen. Bei einer kurzen Kamerafahrt über einen Wald werden nach wenigen Sekunden dessen Farben entsättigt, bis nur noch das kühle, abweisende Schwarzweiß einer verregneten Winterlandschaft bleibt. Der Drohnenflug zeigt die „Grüne Grenze“ zwischen Polen und Belarus. Hier haben seit der großen Flüchtlingskrise 2015 vor allem viele Syrer versucht, in die EU zu gelangen. Die polnische Regisseurin Agnieszka Holland begleitet eine solche syrische Familie, die sich, animiert durch die weißrussische Regierung, per Flugzeug und schließlich per Kleinbus bis zur Grenze vorarbeitet, um schließlich zur Verwandtschaft in Schweden zu gelangen. Eine Lehrerin aus Afghanistan schließt sich ihnen an. Doch der angeblich leichte Grenzübertritt entpuppt sich als Falle. Belarus nutzt das Szenario, um die EU unter Druck zu setzen. Denn in Polen ist man ganz und gar nicht bereit, Flüchtende über die Grenze zu lassen. So wird die Flucht Richtung Frieden und Freiheit zum zynischen Ping Pong-Spiel zwischen zwei Staaten, die mittels der sogenannten Push Backs immer wieder die Flüchtenden hin und her jagen. Ein Erbarmen der Grenzsoldaten ist auch nicht bei Kindern und Senioren zu erwarten. Holland inszeniert die verzweifelten Versuche der Familie, in die EU zu gelangen, in fast dokumentarischer Intensität, die an die Schmerzgrenze geht. Dann wechselt sie die Seiten und begleitet einen jener polnischen Grenzsoldaten, die dort teilweise ohne moralische Skrupel, mitunter aber auch nur widerwillig ihre fragwürdige Arbeit verrichten. Schließlich wechselt der Film ein weiteres Mal die Perspektive, in dem er auf eine Gruppe von Aktivist:innen blickt, die ihre Zeit den Opfern dieses zynischen Spiels widmen und trotz der Gefahr, selber juristisch dafür belangt zu werden, versuchen, zu helfen.
Der Film polarisiert. „Green Border“ erlebte in Venedig seine Uraufführung, wo er im Wettbewerb lief. Zwar erhielt den Hauptpreis letztlich unser Film des Monats „Poor Things“, dafür gewann er allerdings sieben Preise in Venedig und weitere auf anderen Festivals. In Polen begegnete man dem Film von Seiten der rechten Regierungskoalition PiS, die im Dezember von dem Bündnis um Donald Tusk abgelöst wurde, allerdings mit einer konzertierten Schmutzkampagne. Der damalige Oppositionsführer Tusk warf den Politikern der PiS-Partei vor, eine Diffamierungskampagne zu fahren, ohne den Film überhaupt gesehen zu haben. Das weiß man nicht, ihr Urteil wäre indes kaum anders ausgefallen, hätten sie „Green Border“ gesehen. Denn die Parteinahme für die Flüchtlinge und die Aktivisten ist eindeutig, und die Kritik an der Politik in Belarus und vor allem in Polen ist klar und deutlich. Im Epilog stellt der Film das Gesehene mit der Willkommenskultur für ukrainische Flüchtlinge wenige Jahre später gegenüber. Der Kontrast unterstreicht die kritische Position des Films umso mehr und legt alle Gründe für die Abwehr der Hilfesuchenden klar als rassistisch offen.
Den Artikel zur NRW-Kinopremiere im Kölner Odeon finden Sie hier
Ungeschönt aufs Leben blicken
32. blicke-Filmfestival in Bochums Endstation Kino – Film 01/25
Kneecap
Start: 23.1.2025
Der Brutalist
Start: 30.1.2025
Poison – Eine Liebesgeschichte
Start: 30.1.2025
Maria
Start: 6.2.2025
Mutiny in Heaven – Nick Caves frühe Jahre
Start: 6.2.2025
Heldin
Start: 27.2.2025
Like A Complete Unknown
Start: 27.2.2025
Das kostbarste aller Güter
Start: 6.3.2025
Flow
Start: 6.3.2025
Köln 75
Start: 13.3.2025
Das Licht
Start: 20.3.2025
The End
Start: 27.3.2025
Zwischen Helden- und Glückssuche
Die Kinotrends des Jahres – Vorspann 01/25
Schund und Vergnügen
„Guilty Christmas Pleasures: Weihnachtsfilme“ im Filmstudio Glückauf Essen – Foyer 12/24
„Das Ruhrgebietspublikum ist ehrlich und dankbar“
Oliver Flothkötter über „Glückauf – Film ab!“ und Kino im Ruhrgebiet – Interview 12/24
Besuchen Sie Europa
Die Studie Made in Europe und ihre Folgen – Vorspann 12/24
Hagener Bühne für den Filmnachwuchs
„Eat My Shorts“ in der Stadthalle Hagen – Foyer 11/24
Ruhrgebietsfilmgeschichte erleben
„Glückauf – Film ab!“ im Essener Ruhr Museum
Zermürbte Gesellschaft
choices preview zu „Critical Zone“ im Odeon – Foyer 11/24
Die ganze Palette Kino
9. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/24
Filmfestivalmonat November
Mit der Duisburger Filmwoche, Doxs! und dem Blicke – Filmfestival des Ruhrgebiets – Vorspann 11/24
Kunst des Nicht-Wegschneidens
„Anna Zeit Land“ im Filmforum – Foyer 10/24
Liebe und Macht
choices preview zu „Power of Love“ in der Filmpalette – Foyer 10/24
Restitution von Kolonialraubkunst
„Dahomey“ und „The Story of Ne Kuko“ im Filmforum – Foyer 10/24