Only Lovers Left Alive
USA 2013, Laufzeit: 123 Min., FSK 12
Regie: Jim Jarmusch
Darsteller: Tilda Swinton, Tom Hiddleston, John Hurt, Mia Wasikowska, Jeffrey Wright, Anton Yelchin, Slimane Dazi
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Sentimentaler Vampirfilm
Stilsicheres Referenznetz
„Only Lovers left alive“ von Jim Jarmusch
Jim Jarmusch war noch nie ein großer Storyteller. Schon in seinem Debüt „Permanent Vacation“ sah man in langen Einstellungen, wie der Protagonist durch öde, postindustrielle Brachen New Yorks flaniert. 33 Jahre später hat sich daran nicht viel geändert: Adam (Tom Hiddleston) hat sich in einem alten Haus in der öden, postindustriellen Brache Detroits zurückgezogen. In den Nächten widmet sich Adam seiner Leidenschaft für Vintage-Gitarren und -Verstärker. Anonym veröffentlicht er Drone-Metal. Aber eigentlich hat er mit der schnöden Welt abgeschlossen und verliert sich zusehends in sentimentalen Erinnerungen an Vergangenes. Die Welt der „Zombies“, wie er die von ihm verachteten Menschen nennt, ist ihm zuwider. Das Haus verlässt er nur, um Blutkonserven zu besorgen. Eine Holzpatrone für einen effektiven Vampirsuizid hat sich Adam schon besorgt. Einzig die Liebe zu Eva (Tilda Swinton, überirdisch schön) hält ihn am Leben. Die residiert in Tunesien, und als sie Adams lebensmüder Verfassung gewahr wird, reist sie zu ihm.
Wie könnte man besser die Sehnsucht nach den guten alten Zeiten zum Ausdruck bringen als mit Protagonisten, die die letzten paar Jahrhunderte noch selbst erlebt haben. Somit kann man nicht nur von Büchern der Romantik und alten Gemälden schwärmen, sondern auch von den Menschen, die sie hervorgebracht haben. Denn die sind für einen Vampir wie Adam nicht nur verehrte Künstler, sondern auch alte Freunde, mit denen er einst abhing. Jim Jarmuschs Vampire sind Bohemiens reinster Natur. Sie lieben die Literatur, die Musik, die Kunst. Entsprechend sieht eine mit Porträts gepflasterte Wand in Adams Haus aus, wo seine Helden hängen: Franz Kafka, Buster Keaton, William Burroughs, Neil Young, Iggy Pop und viele mehr. Und wie einige seiner Helden versetzt er sich gerne in rauschhafte Zustände. Wie in jedem anständigen Vampirfilm ist das Blutsaugen, auch wenn hier aus Gründen der Moral nicht mehr am menschlichen Hals praktiziert, eine Allegorie auf Sucht und Drogenkonsum. Das ewige Leben ist Adam eine Last und er trauert alten Idealen und Werten hinterher.
Es ist nicht schwer, in ihm ein Alter Ego von Jarmusch zu entdecken, der dem digitalen Dasein stoisch den erdigen Sound eines Röhrenverstärkers entgegen setzt. Jarmusch wäre aber nicht der humorvolle Regisseur, der er ist, wenn er nicht wüsste, wie lächerlich das Bild des Kulturpessimisten ist. Und so ist die vitale Eva das Gegenstück zu Adam, das die Gegenwart schätzt und die ganzen romantischen Lyriker, die Adam verehrt, ziemlich albern findet. Sie hat zwar nicht die gesamte Literaturgeschichte intus, aber sie hat Kraft und Verve. Und so wie Adam für eine Seite von Jarmusch stehen könnte, so scheint Eva das Korrektiv zu sein, das die Gegenwart ebenso genießt, wie es die Vergangenheit schätzt. „Only Lovers left alive“ feiert nicht ohne Selbstironie geschmackssicheres Außenseitertum. In diesem Universum der Referenzen ist der Soundtrack ebenso wichtig wie die Bilder und die Dialoge. Die Story hingegen ist nur das grobe Gerüst für all das. Etwas lästig, aber muss ja.
(Christian Meyer)
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