Als Umwelt- oder Naturschutzorganisation ist der Allgemeine Deutsche Verkehrsclub (ADAC) nicht bekannt. Mit über 17 Millionen Mitgliedern vertritt er in der Regel die Interessen der motorisierten Menschen hierzulande. Es verwundert also nicht, dass laut ADAC der Autoverkehr nicht Alleinverursacher des Feinstaubproblems in Ballungsräumen ist. So ist es nur folgerichtig, dass er die Ausweitung der Umweltzonen im Ruhrgebiet ablehnt. Nach Auffassung von Günter Trunz, Leiter des Bereichs Verkehr und Umwelt beim ADAC Westfalen e.V., sollten Maßnahmen zum Umweltschutz immer ein Kompromiss sein, doch die Umweltzone käme seiner Meinung nach vor allem die Autofahrer teuer zu stehen. Betroffen sind laut Trunz etwa Rentner und Wenigfahrer. Der Automobilclub zeigt sich hier als sozial engagiert. Wenn Autos nicht nachrüstbar sind und Geld für einen Neukauf nicht vorhanden ist, würde man Personen mit niedrigem Einkommen ihr Auto „enteignen“, obwohl das Fahrzeug technisch einwandfrei ist. Auch kleinere und mittlere Unternehmen wären auf diese Weise betroffen und würden so an den „Rand des Ruins getrieben“, so Trunz.
Eine Art Bestandsschutz sowie sozial gerechtfertigte Ausnahmeregelungen
Aber auch die Wirksamkeit der zum Jahreswechsel eingeführten Umweltzone stellen die gelben Engel aus München in Frage. Studien des ADAC kommen zu dem Ergebnis, dass ein positiver Effekt der Umweltzonen nur gering bis überhaupt nicht vorhanden ist. Dass die bisherigen Zonen, die von den einzelnen Kommunen des Ruhrgebiets beschlossen wurden, bereits zu einer Verbesserung der Luftqualität geführt haben, erwähnt der Club nicht. Sinnvoller als der Ausschluss von Fahrzeugen wäre laut ADAC die Verflüssigung des Verkehrs durch Einsatz von „Grünen Wellen“ und intelligenten Verkehrsleitsystemen, doch diese sind teuer und daher bei Kommunen wenig populär. Dabei befeuert jene Argumentation natürlich auch den alten Streit zwischen Auto-Lobby und Ökologen, ob verkehrsbehindernde Maßnahmen wie Tempolimits, verkehrsberuhigte Zonen und verengte Fahrbahnen der Umwelt nutzen oder schaden. Aber auch urgrüne Argumente finden sich beim ADAC. Die steuerliche Förderung der Aus- und Nachrüstung von Fahrzeugen mit Rußpartikelfiltern, ein attraktiver ÖPNV sowie die Entwicklung fortschrittlicher, schadstoffarmer Motoren werden gefordert. Nach Meinung von Gabriele Schön, Leiterin des Bereichs Verbraucherschutz und Recht beim ADAC Nordrhein e.V., sollte es eine Art Bestandsschutz sowie sozial gerechtfertigte Ausnahmeregelungen geben. Als Beispiel dient ihr die alleinerziehende Mutter, deren alter Kleinwagen demnächst nicht mehr in die Umweltzone einfahren darf. Ohne Ausnahmeregelung könnte sie die Fahrten zwischen Kita, Wohnung und Arbeitsplatz nicht mehr bewältigen. Ein neues Auto wäre zu teuer; die Fahrt mit Bus und Bahn würde zu lange dauern. Fazit: Zwar tragen die gelben Engel nicht plötzlich grün, doch schwarze Schafe sehen nun wirklich anders aus. Der ADAC hat sein Herz für minderbemittelte Autofahrer entdeckt.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
„Null-Linie für Pestizide bei Bio-Produkten nicht steuerbar“
Gerald Wehde von Bioland e.V. über Herausforderungen des Biolandbaus – Thema 10/15 Vogelfrei
„Keine großen Effekte“
Jürgen Eichel zur Umweltzone aus Sicht des VCD – Thema 01/12 Umweltzone Ruhrgebiet
Die Wissenschaft hat festgestellt …
Ein kurzer Blick auf die aktuelle Forschungslage zum Thema Feinstaub – Thema 01/12 Umweltzone Ruhrgebiet
Die neue Zone an der Ruhr
Zum Jahreswechsel treten neue Bestimmungen gegen Luftverschmutzung in Kraft – THEMA 01/12 UMWELTZONE RUHRGEBIET
„Nicht in Hysterie verfallen“
Ulrich Carow zu der Umweltzone aus der Sicht des Regionalverbandes Ruhrgebiet – Thema 01/12 Umweltzone Ruhrgebiet
Ran an die Regeln
Intro – Verspielt
Werben fürs Sterben
Teil 1: Leitartikel – Zum Deal zwischen Borussia Dortmund und Rheinmetall
„Genießen der Ungewissheit“
Teil 1: Interview – Sportpädagoge Christian Gaum über das emotionale Erleben von Sportevents
Immer in Bewegung
Teil 1: Lokale Initiativen – Sportangebote für Jugendliche im Open Space in Bochum
Es sind bloß Spiele
Teil 2: Leitartikel – Videospiele können überwältigen. Wir sind ihnen aber nicht ausgeliefert.
„Viele Spiele haben noch einen sehr infantilen Touch“
Teil 2: Interview – Medienpädagoge Martin Geisler über Wandel in der Videospiel-Kultur
Jenseits der Frauenrolle
Teil 2: Lokale Initiativen – Die Spieldesignerin und Label-Gründerin Mel Taylor aus Köln
Das Spiel mit der Metapher
Teil 3: Leitartikel – Was uns Brettspiele übers Leben verraten
„Ich muss keine Konsequenzen fürchten“
Teil 3: Interview – Spieleautor und Kulturpädagoge Marco Teubner über den Wert des Spielens
Zusammen und gegeneinander
Teil 3: Lokale Initiativen – Spieletreffs in Wuppertal
Spielglück ohne Glücksspiel
Gegen teure Belohnungen in Videospielen – Europa-Vorbild: Belgien
Spielend ins Verderben
Wie Personalmanagement das Leben neu definierte – Glosse
Wie gewohnt
Intro – Europa
Europäische Verheißung
Teil 1: Leitartikel – Auf der Suche nach Europa in Georgien
„Mosaik der Perspektiven“
Teil 1: Interview – Miriam Bruns, Leiterin des Goethe-Instituts Budapest, über europäische Kultur
Europa verstehen
Teil 1: Lokale Initiativen – Initiative Ruhrpott für Europa spricht mit Jugendlichen über Politik
Demokratischer Bettvorleger
Teil 2: Leitartikel – Warum das EU-Parlament kaum etwas zu sagen hat
„Die Bürger vor globalen Bedrohungen schützen“
Teil 2: Interview – Politikwissenschaftler Oliver Treib über Aufgaben und Zukunft der Europäischen Union
Zu Gast in Europas Hauptstadt
Teil 2: Lokale Initiativen – Die europäische Idee in Studium und Forschung an der Kölner Universität
Paradigmenwechsel oder Papiertiger?
Teil 3: Leitartikel – Das EU-Lieferkettengesetz macht vieles gut. Zweifel bleiben.