Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
16 17 18 19 20 21 22
23 24 25 26 27 28 29

12.580 Beiträge zu
3.810 Filmen im Forum

Dominique Manotti machte in Essen den Literatürk-Auftakt
Foto: Benjamin Trilling

Krimis gegen Konzern-Korruption

13. November 2018

Literatürk-Eröffnung: „Kesseltreiben“ von Dominique Manotti am 12.11. im Filmstudio Glückauf, Essen – Literatur 11/18

„Schwarze Löcher“ nennt Dominique Manotti die Lücken, die sich auftun, wenn sie in Zeitungsarchiven stöbert. Die Autorin wird zunächst von Redaktionen wie „Libération“ herzlich empfangen. Dort durchforstet sie stapelweise alte Ausgaben. „Aus diesen ganzen Vorarbeiten entnehme ich eine ganze Reihe von Fakten“, erzählt die Krimi-Schriftstellerin. Tagespolitische Turbulenzen, ökonomische Schieflagen – Inspiration findet sich schon immer in der Presse. „Dann kommt meine Fantasie ins Spiel“, erklärt Manotti. „Ich habe alle Freiheiten, diese ‚schwarzen Löcher‘ durch meine Imagination zu füllen.“ Fakten, Fantasie, Plot, Figuren, das sind die Bausteine ihres kreativen Schaffens.

Das Ergebnis: elf Romane und eine Novelle, die Manotti seit 1995 veröffentlicht hat. Bei der feierlichen Eröffnung des Festivals Literatürk (12. - 22. November) unter dem Motto #Mut präsentierte sie ihren aktuellen Roman. „Kesseltreiben“. Der Titel folgt ihrem bisherigen Erfolgsrezept und verbindet Krimi-Unterhaltung mit politisch-ökonomischen Zusammenhängen.

Ausgangsmaterial von „Kesseltreiben“: die Fakten rund um die Übernahme des französischen Energiekonzerns „Alstom“ durch den US-Riesen „General Electric“. Korruptionsvorwürfe, Schmiergelder und andere Machenschaften geisterten 2014 durch die Medien. Manotti hat aus der „Alstom“-Affäre einen Wirtschaftskrimi gestrickt, in der Commandante Noria Ghozali die Ermittlungen übernimmt, eine Figur, die ihren LeserInnen aus früheren Büchern bekannt ist. „Das ist eine wichtige Figur für mich“, erzählt die ehemalige Wirtschaftsgeschichtsdozentin. „Sie verkörpert die jungen Frauen, die ich während meiner Lehre an den Unis kennengelernt habe.“

Noria Ghozali stößt in dem rund 400 Seiten dicken Wälzer auf eine globale Konzernwelt, die sie zunächst nicht durchblickt. Doch gerade mit dieser Unwissenheit spielt Manotti. In den spannenden Plots ihrer Krimis verpackt die einstige Aktivistin allerhand Didaktik über ökonomische Zusammenhänge.

Marie-Noëlle Thibault, so der bürgerliche Name der Autorin, ist ein Kind der 68er-Bewegung. Nach der Enttäuschung über die linke Mitterrand-Regierung in den 80ern wandte sich die Französin von der Politik ab. Ihr Aktivismus wich einer Aufklärung durch Literatur, die durch ihre einstige marxistische Lektüre geprägt ist. „Der Roman ist dafür da, dass alle Bürger und Bürgerinnen ihn lesen und verstehen, was sich abspielt“, sagt die 76-Jährige. Auch wenn sie gesteht: „Es ist verdammt schwer, einen Roman über Finanzen zu schreiben, weil lustig sind diese Sachen nicht.“ Frankreichs Presse und Öffentlichkeit missachtet ihre kritischen Krimis bis heute, wie sie an diesem Abend beklagt. Anders sieht es östlich des Rheins aus: Ihr mutiges Schreiben gegen die undurchsichtige Welt der Konzerne, kommt bei Manottis LeserInnen nicht nur gut an, es inspiriert sie auch für zukünftige Krimi-Ideen: Ein Fan ihrer Bücher bat sie salopp darum, mal über die Konzern-Verstrickungen eines bald möglichen CDU-Kanzlers Friedrich Merz zu recherchieren. Genug Fakten gebe es ja zum Thema Blackrock. Der Rest sind „schwarze Löcher“.

Benjamin Trilling

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

Mufasa: Der König der Löwen

Lesen Sie dazu auch:

Arbeiter gegen Arbeiter
Festival Literaturdistrikt: Christian Baron mit Debütroman – Festival 11/22

Brezel des Denkens
Eröffnung von Literatürk: Dietmar Dath liest im Filmstudio Glückauf – Literatur 11/21

Unwägbarkeiten des Morgen
Literatürk in Essen und anderen Orten – Festival 10/20

Wörter und Wunder
Literatürk: Karen Köhler mit „Miroloi“ am 21.11, in der Zentralbibliothek Essen – Literatur 11/19

Von der Liebe im Neoliberalismus
Literatürk-Festival: Ivana Sajko mit „Liebesroman“ im Folkwang-Museum Essen – Literatur 11/18

Lesen gegen Verzweiflung
Das 14. internationale Literaturfestival Literatürk – das Besondere 11/18

Mit der Macht der Schrift
Literatürk mit Can Dündars „Verräter“ im Astra-Kino Essen – Literatur 11/17

Momentaufnahmen der Monotonie
Lesung „Über Richtungslosigkeit“ von Literatürk und Richtungsding in der Zentralbibliothek Essen – Literatur 11/17

Freundschaft ist keine soziale Utopie
Das Literatürk-Festival 2016 in Essen – das Besondere 10/16

Der Duft frisch gedruckten Papiers
Proust – Wörter & Töne: Essens Wunschbuchhandlung

Menschen statt Mythen
Eva Ruth Wemme liest „Meine 7000 Nachbarn“ im Kulturzentrum Grend am 29.10. – Literatur 10/15

Feministischer Pornodarsteller für das Glück
Literatürk: „Jetzt kommt Hüsnü“ am 27.10. in der Zeche Carl

Literatur.

HINWEIS