„… Das ist nicht gelogen; das ist wirklich wahr.“ Charmant und humorvoll stellte der erste Song des Abends um die Weichen für ein lockeres, witziges und unterhaltsames Konzert. „Herzlich willkommen“ nennen Musik For The Kitchen das Eröffnungslied, das mit viel Schwung und guter Laune zum Mitswingen einlädt.
Die vier Herren von Musik For The Kitchen machen seit 2008 zusammen Musik. Am vergangenen Freitagabend mischten sie sich unter das lebendige Publikum im gut besuchten Grammatikoff in Duisburg und okkupierten die kleine Bühne inmitten vieler voller Tische. Gekleidet in Hemd, Weste und Hosenträger und bewaffnet mit Akustikgitarre, Besenschlagzeug, Akkordeon und Kontrabass kündigte die Band eine Reise durch einhundert Jahre Musikgeschichte an – angefangen im Jahre 1844 mit dem russischen Volkslied „Schwarze Augen“, das von der Band nicht bloß gecovert, sondern gleich neu interpretiert und wie alle folgenden Stücke zu ihrer ganz eigenen Version wurde.
Drei der vier Stimmen bekam das Publikum zu hören: allein oder in stets harmonischem Mehrklang gaben Gebhard, Christian und Stefan ihren gesanglichen Senf dazu und sorgten mit altbekannter Musik aus den Zwanzigerjahren für Stimmung im Lokal. Nicht nur das obligatorische Weizenbier im Mikrofonständer verriet: hier spielt keine abgehobene Gruppe aus der High Society. Vom Beginn des Konzertes an ließ sich das Publikum im Grammatikoff nicht den Mund verbieten und begleitete „Bei mir bistu shein“ und „Everybody needs somebody“ von den Blues Brothers mit klirrendem Geschirr, angeregten Gesprächen und lautem Gelächter. „So war es auch in den Zwanzigern“, merkt Sänger Gebhard an. Stören tut es ihn nicht, dass für die Band keine Ruhe einkehrt. Wenn im Grammatikoff eines nicht fehlte an diesem Abend, dann die gute Stimmung, die von leckerem Essen, reichlich Getränken und den eigenen und gecoverten Songs der Band angefacht und erhalten wurde.
Nach etwa 45 Minuten und einer halbstündigen Pause folgten mit „Blitzkriegbob“ von den Ramones der Sprung in die Siebziger und der Beweis für das Statement: Genregrenzen gibt es kaum für diese Jungs. Gemeinsam sangen Gitarrist Christian und Gebhard am Akkordeon „Smoke on the Water“ zum eingängigen Rhythmus der Band und machten Deep Purples Song aus 1971 mal eben 50 Jahre älter. Mit jedem weiteren Klassiker konnten Musik For The Kitchen die Herzen des Publikums näher an sich reißen; „Das Model“ von Kraftwerk, „Relight my Fire“, „Tainted Love“ und „Major Tom“ ließen stillen Momenten und Stimmungstiefs keine Chance. Für Lacher sorgte die originelle Interpretation des Überraschungsliedes „Drei Chinesen mit dem Kontrabass“. Die gute Laune stand den Künstlern ins Gesicht geschrieben und übertrug sich mühelos auf den Zuschauerraum, der trotz aller laufenden Gespräche nie das Klatschen vergaß. Das Grammatikoff wurde zum musikalischen Wohnzimmer, bis obenhin gefüllt mit fröhlicher Musik und guter, entspannter Laune.
Manch einer mag bis zu diesem Moment das „Aktuelle“ vermisst haben, das Musik For The Kitchen in ihrem Repertoire nennen. Tatsächlich lag der Fokus des Konzertes im zwanzigsten Jahrhundert, und die ersten zwei Stunden über suchten junge Besucher ohne Bezug zu den Siebzigern neue Charthits vergebens. Nach einer weiteren Pause und mit Beginn des letzten Abschnitts des insgesamt dreieinhalbstündigen Konzertes aber lieferten Gebhard, Christian, Alex und Stefan einen Kracher mit starker Publikumsreaktion. „Killing in the Name“ von Rage Against The Machine sorgte für Pfiffe und Jubeln, als die harten E-Gitarrenriffs vom Akkordeon übernommen und auf beinahe witzige Weise neu interpretiert wurden. Und am Ende wurden auch die Jüngsten unter den Zuschauern nicht enttäuscht. „Seven Nation Army“, „Sweet Dreams (are made of this)”, Ke$has “Tik Tok” und Mando Diaos “Dance with Somebody” bedienten auch die modernen Geschmäcker und beendeten die musikalische Zeitreise mit dem Quartett – jedoch nicht das Konzert. Musik For The Kitchen wollten es noch einmal wissen und spielten zum Schluss weitere eigene Stücke im zu diesem Zeitpunkt bereits vertrauten Swing und mit langen Instrumentalparts. Um halb 12 dann entließ die Band das zahlreich erschienene und durchgängig redselige Publikum nach einem soliden, wenn auch vielleicht etwas langen Konzert ins Wochenende. Nach Hause ging es mit einem kleinen Einblick in die Musik von gestern und dem Wissen, einer Band zugehört zu haben, die nicht aus Liebe zum Geld oder Erfolg spielt, sondern aus Leidenschaft für die Musik.
Mehr über Musik For The Kitchen auf der offiziellen Webpräsenz: www.musikforthekitchen.de
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