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Roland Kaiser im Kopf, aber immerhin kreativ abgemischt
Foto: Mira Moroz

Roland Kaiser im Kopf

31. Mai 2013

Zum Verhältnis zwischen Schlagern, neurologischen Einschränkungen und Kreativwirtschaft – Thema 06/13 Kreative Masse

Immer wieder werde ich nach meinen Auftritten gefragt: „Wie kann man sich nur so viel Text merken?“ Indem man sonst nix im Kopf hat, antworte ich dann gerne. Und so ganz verkehrt ist das nicht! Die vielen, vielen Sätze, die so in meinem Kopf wohnen, die brauchen Platz. Und mit zunehmendem Alter wird es ja enger in der körpereigenen Dachgeschosswohnung. Weil sich da auch über die Jahre Gerümpel angesammelt hat. Wörter, Lieder, Erinnerungen, die man eigentlich lieber schon längst entrümpelt hätte. Die aber hartnäckig da oben hocken bleiben und Platz wegnehmen. Ich habe zum Beispiel das große Pech, dass Schlagertexte in mir kleben bleiben. Ich mag aber keine Schlager. Und schon gar nicht als Dauerschleife in meinem Kopf. Oder glauben Sie, das macht Spaß, wenn einem jemand während eines Gesprächs in einem völlig anderen Zusammenhang sagt: „Manchmal, möchte ich schon ...“ Den Rest höre ich dann nicht mehr. Also etwa: „… vor Wut an die Decke gehen.“ Oder „… den ganzen Krempel hinschmeißen.“ Na ja, irgendetwas in der Art halt. Aber bei mir springt sofort was an bei dem Satzfetzen. Da kommt mir der blöde Roland Kaiser – entschuldigen Sie bitte, Herr Kaiser, das war jetzt nicht persönlich gemeint – um die Ecke, und ich denke den Satz zu Ende mit dem Refrainzitat: „... mit dir diesen unerlaubten Weg zu Ende gehen.“ Uaaaaaahhhhh! Das will ich gar nicht! Aber es passiert.

Neue Wörter, die einem plötzlich an jeder Ecke begegnen
Manchmal stelle ich mir vor, wie klug ich vielleicht wäre, wenn diese ganzen Texte nicht in meiner Dachgeschosswohnung wohnen würden und deshalb ein Gedanke richtig Platz hätte, mal nach rechts, mal nach links zu gehen, sich hinzusetzen, wieder aufzustehen, sich zu drehen. Tja, was nützt es, darüber nachzudenken, wenn auch dafür nicht genug Platz ist in meinem Schädel. Lieber sollte ich ein kleines Plätzchen freihalten für ganz neue, tolle Wörter, die man sich gar nicht so leicht merken kann. Neue Wörter, die einem plötzlich an jeder Ecke begegnen. Wörter wie Nachhaltigkeit, Burnoutprophylaxe und Crowdfunding. Gut, die sind jetzt vielleicht nicht so neu. Aber für mich schon mit meiner vollgestopften ... äh, Dings da. Sie wissen schon. Ich will ja nicht so dämlich aus der Wäsche gucken, wenn einer zu mir sagt, dass er mehr so'n Crossovertalent ist und deshalb gern irgendwas mit Medien machen würde. Dann würde ich gerne verständnisvoll gucken und sagen: „Klar du, da gibt's ja heutzutage viele Möglichkeiten zum Beispiel in der Kreativwirtschaft ...“ Dafür müsste ich allerdings genau wissen, was Kreativwirtschaft eigentlich ist. Und selbst wenn es mir jemand erklären würde, müsste ich's mir merken können. Und dann müsste dieses schicke, neue Wort ja Platz finden in meinem vollgestellten Dachstübchen. Hach, ist das alles kompliziert. Wissen Sie, manchmal, da möchte ich schon ... mit dir, eine Nacht das Wort Begehren buchstabieren ... äh, oder so. Was macht eigentlich Roland Kaiser heutzutage, wenn er nicht singt? Irgendwas mit Medien?

LIOBA ALBUS

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