Eigentlich bräuchte das Ruhrgebiet Berge. In den Alpen lassen sich aufgrund der starken Gefälle in den Tälern Pumpkraftwerke einrichten. Aber wen sollen sie versorgen? 40 Prozent der Alpen sind kaum oder gar nicht bewohnt. Im Ruhrgebiet dagegen leben über fünf Millionen Einwohner auf 4.435 Quadratkilometern. Und der Wengeberg bei Breckerfeld wirkt mit seinen 441 Metern gegenüber der Zugspitze eher wie ein Maulwurfshügel. Aber konventionelle Pumpspeicherwerke benötigen eben ein oberes Speicherbecken auf einem Berg und ein unteres Speicherbecken im Tal. Die Höhendifferenz wird genutzt, um Energie bei Überangebot zu speichern und im Bedarfsfall wieder abzugeben. Doch was wäre, wenn man das Flachland als Berg nimmt und das Tal einfach unter Tage verlegt? Die nötige Infrastruktur findet man im Kohlebergbau. Sagt sich zumindest ein Team von Wissenschaftlern und Ingenieuren aus dem Bergbau unter der Leitung von Prof. Dr.-Ing. André Niemann vom Institut für Wasserbau und Wasserwirtschaft an der UDE.
Die Idee eines untertägigen Pumpspeicherwerkes (UPSW) besteht darin, das untere Speicherbecken in die vorhandenen Anlagen des Steinkohlebergbaus zu verlegen und das obere Becken an der Erdoberfläche zu installieren. „Dadurch würden Fallhöhen bis zu 1.200 Meter aktiviert, die ein erhebliches energetisches Potential aufweisen“, so Niemann. „Bis zum politisch gewollten Ende des Bergbaus 2018 sind die Anlagen offen, bevor der dauerhaft einwirkende Gebirgsdruck sie wieder verschließt.“ Denn hier liegt die Krux: Die Strecken müssen noch in Benutzung sein. Bereits stillgelegte sind schon verfallen, und auch bei Verwendung der aktuell noch genutzten Zechen ist der Kostenaufwand immens. „Nur im aktiven Bergbau ist bekannt, wie es genau um die einzelnen Elemente bestellt ist“, so Niemann, „in den stillgelegten werden die Strecken zurückgebaut, verwertbare Teile abgebaut und die Schächte wieder verfüllt. Der Erkundungsaufwand käme einer Neuerkundung gleich.“ Daher konzentriert sich sein Projekt auf zwei Bergwerke der RAG, die Zechen Auguste Victoria in Marl und Prosper Haniel in Bottrop. Die wirkliche Herausforderung sei, dass die darunter liegenden Erdschichten dauerhaft tragen. Niemann: „Der Bergbau war ausgelegt auf eine temporäre Nutzung, hier würde man eine dauerhafte Anlage betreiben wollen. Dieser Ausbau ist es, der richtig Geld kosten würde.“ Obendrein erfordern die Speicherwerke selber einen höheren Energieaufwand, als sie wieder hergeben – aber sie können eben den Überschuss aus Wind- und Solarenergie speichern für Windstille und wolkige Tage. Der geht sonst verloren. „Doch aktuell würde wohl niemand dafür investieren“, räumt Niemann ein. Dafür fehlen die politischen Rahmenbedingungen. Derzeit befindet sich das Projekt daher auch noch in der Phase der Machbarkeitsstudie. Immerhin: Umfragen zeigten, dass die Bevölkerung solchen Speicherwerken offen gegenüber steht – sie sind schließlich unsichtbar und stehen nirgends in der Landschaft herum.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Einladung zur Rebellion
Filmgespräch Carl-A. Fechner, dem Regisseur von „Power to Change“ – Foyer 03/16
Bier-Reste im Dienst der Energiewende
Projekte der Klimametropole Ruhr 2022 (Bochum): Biogas und Wasserkraft in Bochums Süden – Innovation 10/14
Guck ’mal, was da brennt
Projekte der Klimametropole Ruhr 2022 (Oberhausen): Strom und Fernwärme aus Biomasse – Innovation 10/14
Energie-Sanierung: Keine schiefe Kalkulation
Projekte der Klimametropole Ruhr 2022 (Gladbeck): Zehnfamilienhaus fast wie neu – Innovation 10/14
Unter dem Pflaster die Supra-Zukunft
Projekte der Klimametropole Ruhr 2022 (Essen): Energieleitung auf Weltniveau – Innovation 10/14
Vorweggehen oder Weggehen?
Die Energiewende im Spannungsfeld von Ökologie und Ökonomie – THEMA 04/14 ENERGIEWENDE
„Gabriel ist ein Erzengel für die Kohle“
Franz Alt über die Bremser der Energiewende – Thema 04/14 Energiewende
Gegen welche Regel?
Intro – Flucht und Segen
Schulenbremse
Teil 1: Leitartikel – Was die Krise des Bildungssystems mit Migration zu tun hat
„Die Kategorie Migrationshintergrund hat Macht“
Teil 1: Interview – Migrationsforscher Simon Moses Schleimer über gesellschaftliche Integration in der Schule
Bildung für Benachteiligte
Teil 1: Lokale Initiativen – Der Verein für multikulturelle Kinder- und Jugendhilfe in Bochum
Rassismus kostet Wohlstand
Teil 2: Leitartikel – Die Bundesrepublik braucht mehr statt weniger Zuwanderung
„Ein Überbietungswettbewerb zwischen den EU-Staaten“
Teil 2: Interview – Migrationsforscherin Leonie Jantzer über Migration, Flucht und die EU-Asylreform
Ein neues Leben aufbauen
Teil 2: Lokale Initiativen – Der Verein Mosaik Köln Mülheim e.V. arbeitet mit und für Geflüchtete
Zum Schlafen und Essen verdammt
Teil 3: Leitartikel – Deutschlands restriktiver Umgang mit ausländischen Arbeitskräften schadet dem Land
„Es braucht Kümmerer-Strukturen auf kommunaler Ebene“
Teil 3: Interview – Soziologe Michael Sauer über Migration und Arbeitsmarktpolitik
Ankommen auch im Beruf
Teil 3: Lokale Initiativen – Bildungsangebote für Geflüchtete und Zugewanderte bei der GESA
Das Recht jedes Menschen
Die Flüchtlings-NGO Aditus Foundation auf Malta – Europa-Vorbild Malta
German Obstacle
Hindernislauf zur deutschen Staatsbürgerschaft – Glosse
Weihnachtswarnung
Intro – Erinnerte Zukunft
Nostalgie ist kein Zukunftskonzept
Teil 1: Leitartikel – Die Politik Ludwig Erhards taugt nicht, um gegenwärtige Krisen zu bewältigen
„Nostalgie verschafft uns eine Atempause“
Teil 1: Interview – Medienpsychologe Tim Wulf über Nostalgie und Politik
Lebendige Denkmäler
Teil 1: Lokale Initiativen – Die Route Industriekultur als Brücke zwischen Gestern und Heute
Aus Alt mach Neu
Teil 2: Leitartikel – (Pop-)Kultur als Spiel mit Vergangenheit und Gegenwart
„Früher war Einkaufen ein sozialer Anlass“
Teil 2: Interview – Wirtschaftspsychologe Christian Fichter über Konsum und Nostalgie