Wenn sich die Trommeln überlagern, die Rhythmen neue Symbiosen eingehen, dann entstehen neue vielschichtige Welten, die im ständigen Fluss sind. In Afrika gehört der Polyrhythmus zur musikalischen Ur-Tradition, die schon vor Jahrzehnten westliche Musiktraditionen erreicht hat. In ihrer neusten Arbeit „Deep Etude“ hat die schwedische Choreografin und Sängerin Alma Söderberg daher eine Tiefenstudie zur Verkörperung von Rhythmus verarbeitet. Vielschichtige Ebenen zeitgenössischer Drum-Sounds, ihre Stimme und die Choreografie des Tanzes mischen visuelle Aspekte mit tonalen Assoziation. Schon bei ihrer letzten Performance „Nadita“ bei PACT Zollverein, spielten Rhythmus, Klang und Bewegung eine zentrale Rolle, war der Raum noch mehr Resonanzkörper, die Wahrnehmung auf die Tänzerin fokussiert. In „Deep Etude“ überlagern sich alle Systeme und kreieren für die BesucherInnen eine kreative Mixtur aus unterschiedlichen Sinneswahrnehmungen, der Raum selbst dient auch hier wieder als Resonanzkörper, hat aber zusätzlich die Funktion noch mehr als Datenträger für zusammengetragene Rhythmen zu dienen.
Die Etüde, das Übungsstück, die insbesondere auch das Serielle in den Abläufen von einstudierten Fertigkeiten beinhaltet, wird hier mehr zum komplexen Erlebnis, das durch mechanisierte Abläufe auch neue, unvorhergesehene Polyrhythmen produziert. Die Künstlerin wandert durch die imaginierten Bühnenkulissen, der Tanz soll zum Backtrack der Musik werden, der den immer wieder neu entstehenden Sound in eine Klang-Körper-Symbiose einbaut. Wellen bewegen sich durch den Raum, werden zum Schwingungszustand des auf allen Ebenen zusammenhängenden Systems. Alma Söderberg, die 2011 ihr Studium in zeitgenössischem Tanz, Choreografie und Flamenco an der School for New Dance Development (SNDO) in Amsterdam beendete, zeigt ihre Studie für den Geist als Uraufführung. Wie immer bei ihr wird auch „Deep Etude“ eine ungewöhnliche Komposition aus körperlichen Visionen und musikalischen Überraschungen.
„Deep Etude“ | Fr 26.1. 20 Uhr, Sa 27.1. 19 Uhr | PACT Zollverein Essen | www.pact-zollverein.de
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Intimität und Gewalt
„Orchidee & Lotus Fight Club“ auf PACT Zollverein in Essen
Jenseits des männlichen Blicks
„Mother&Daughters“ auf PACT Zollverein in Essen – Tanz an der Ruhr 04/25
Plötzlich und heftig
Das Land NRW kappt Säulen der Tanzförderung – Tanz in NRW 04/25
Baum der Heilung
„Umuko“ auf PACT Zollverein in Essen – Tanz an der Ruhr 03/25
Tanz der Generationen
„Kaleidoskop des Lebens“ von Choreografin Suheyla Ferwer – Tanz in NRW 03/25
Überraschungen vorprogrammiert
Das Urbäng Festival 2025 in Köln – Tanz in NRW 02/25
Wenn KI choreografiert
„Human in the loop“ am Düsseldorfer Tanzhaus NRW – Tanz an der Ruhr 01/25
Tanzen, auch mit Prothese
Inklusive Tanzausbildung von Gerda König und Gitta Roser – Tanz in NRW 01/25
Die Erfolgsgarantin
Hanna Koller kuratiert die Tanzgastspiele für Oper und Schauspiel – Tanz in NRW 12/24
Die Grenzen der Bewegung
„Danses Vagabondes“ von Louise Lecavalier in Düsseldorf – Tanz an der Ruhr 12/24
Freigelegte Urinstinkte
„Exposure“ auf PACT Zollverein in Essen – Prolog 11/24
Krieg und Identität
„Kim“ auf PACT Zollverein in Essen – Tanz an der Ruhr 11/24
„Der Zweifel als politische Waffe“
Intendant Olaf Kröck über die Ruhrfestspiele 2025 in Recklinghausen – Premiere 05/25
Von innerer Ruhe bis Endzeitstimmung
Die 50. Mülheimer Theatertagen – Prolog 04/25
Gegen den ewigen Zweifel
Die Ruhrfestspiele 2025 in Recklinghausen – Prolog 04/25
„Kunst hat keine Farbe, Kunst ist Kunst“
Isabelle und Fabrice Tenembot vom Verein Afrikultur über das 4. Mboa-Festival in Dortmund – Interview 04/25
„Der Text hat viel mit heute zu tun“
Regisseurin Felicitas Brucker über „Trommeln in der Nacht“ am Bochumer Schauspielhaus – Premiere 04/25
Das gefährliche Leben von Kindern
„Blindekuh mit dem Tod“ am Jungen Schauspiel in Düsseldorf – Prolog 03/25
Tanzen bis zum Umfallen
46. Duisburger Akzente – Festival 03/25
Kabarett, Cochem-Style
„Zu viele Emotionen“ von Anna Piechotta in Bottrop – Bühne 03/25
Gewinnen um jeden Preis?
„Alle spielen“ im Studio des Dortmunder Theaters – Prolog 03/25
„Ich liebe die Deutungsoffenheit“
Regisseur Roland Schwab über „Parsifal“ am Essener Aalto-Theater – Interview 03/25
„Die Kraft des Buchs besteht in der Aufarbeitung“
Bettina Engelhardt inszeniert Bettina Flitners Roman „Meine Schwester“ am Essener Grillo-Theater – Premiere 03/25