Der große Saal des Ringlokschuppen ist ausverkauft. Jeder hat seinen Platz gefunden und gleich geht es los mit der Bühnenshow, in der Ruhrpott-Slang auf krasse Selbsterkenntnis und Banalitäten des Alltags trifft. Torsten Sträter, Markenzeiche Mütze, ist „umme Ecke vom BVB" geboren und aufgewachsen. Irgendwie muss man schon Mitleid haben mit dem Endvierziger, der laut eigener Aussage seinen Vater nur als rauchenden R1-Zigaretten-Nebelmann kennt und anstelle von Süßigkeiten Mett- und Leberwurst mit schweinskopfgroßen Fettstücken zur Belohnung bekam. „Wir hatten ja nichts, damals nach dem Krieg" - vielleicht ein Grund, warum Sträter heutzutage zwischen Süßigkeitenparadies und Diättagebüchern hin- und herpendelt. Überhaupt nimmt das Essen in Sträters Programm einen bemerkenswert hohen Stellenwert ein, was ihn aber umso sympathischer macht. Frittiertes Frühstück wechselt sich mit Bananendiäten und deren problematischen Folgen ab. Der Genuss von in Acryl eingeschweißten Ferrero-Küsschen, die eigentlich als Diätmotivation dienen sollen, hat einen Krankenhausaufenthalt mit Vollnarkose zur Folge. Der vom Lachen gebeutelte Besucher verliert sich in der Ode an das Schweizer Snickers, das Sträter mit neun Euro seiner Zeit den Schock für das Leben verpasste, während einen Moment später der eigene innere sportmuffelige Schweinehund kurzfristig durch Rockys Kampfhymne, gefrorene Schweinehäften als Boxsackersatz und den Genuss von purem Eiweisspulver angeregt wird.
Der große Saal wird nach und nach zu einem heimeligen Wohnzimmer, was nicht zuletzt an Sträters Interaktion mit dem Publikum liegt. Der elfjährige Henrik hat es dem Mützenmann besonders angetan. Mit ihm diskutiert er über Smartphones für Kinder, den Sinn und Zweck von Leckmuscheln, mit denen Sträter übrigens „viel für später gelernt" hat, und über Bücher. Übrigens: Das politische Parkett ist tatsächlich nichts für Sträter, der mit seiner Geschichte über den Besuch im Auswärtigen Amt die Lacher auf seiner Seite hatte. Zusammen mit Dieter Nuhr (den sogar Sträter sexy findet, „grrrrr"), Ingo Appelt (dem kleidertechnisch nicht mehr zu helfen ist) und Andreas Rebers (der sich eigens eine Strickjacke wie die von Harry Potter schneidern ließ) besuchte Sträter Außenminister Frank Walter Steinmeier und fühlte sich dabei wie ein Mitglied des „A-Teams für Verhaltensgestörte". Ob dem Außenminister nach dem Besuch der vier Comedians auch zum Lachen zu Mute war, bleibt offen, doch ein Blick auf Steinmeiers Gesicht nach der Erwähnung von Stäters Penis-Witzen wäre sicherlich höchst amüsant geworden. Lediglich zur Griechenland-Krise lässt der Ruhrpott-Comedian einen kurzen, aber prägnanten Spruch fallen: „Peter hat vier Äpfel, er isst neun". Wie wahr, wie wahr.
Drei Stunden lang quatscht Sträter, kommt von Hölzken auf Stöcksken und brilliert mit einer Zugenakrobatik, die seines gleichen sucht. Zwischen„Juchuh, es ist nur Schwachsinn" und ernsten Tönen,„Bitte unterstützen Sie den örtlichen Buchhandel", bietet Sträter erfrischend bodenständige Comedy mit einem Hauch sympathischer Ruhrgebietskoketterie. Dieser Mützenmann, „Optisch ein elender Klumpen, aber ich höre mich toll an“, ist der Kumpeltyp von nebenan, der Alltagsgeschichten zum Erlebnis macht.
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