So richtig in die Vollen gehen die Kleinkunst-Bühnen erst im September: mal abgesehen von Festivals wie dem RuhrHochDeutsch-Marathon, der noch bis zum 11. Oktober über die Bühne im Dortmunder Spiegelzelt geht und auch im August mit grandiosen Humorarbeitern wie Frank Goosen und Jochen Malmsheimer, Hennes Bender und Christian Ehring lockt. Das Zeltfestival Ruhr am Kemnader See bei Bochum wiederum bietet vom 21. August bis 6. September vorwiegend Musik-Gigs und Veranstaltungen für Kinder. Eine Ausnahme macht da das Oberhausener Ebertbad. In der ersten Hälfte des Monats werden „Pommes“ serviert (nach dem Buch von Markus Beutner-Schirp), mit Salz, Majo und Ketchup angereichert von Gerburg Jahnke, eine Mixtour aus „Kabarett plus Songs mal Boulevard durch Komödie = Unterhaltung auf hohem Niveau“, so die Ankündigung.
Bis zum 20. des Monats müssen sich diejenigen gedulden, die Enissa Amani immer schon mal live erleben wollten. „Zwischen Chanel und Che Guevara“ heißt das Programm der vielseitigen Kleinkünstlerin, mit dem sie gerade durch die Decke im House of Comedy geht. Anders gesagt: Sie kam, sah und entzückte – eine junge Frau, die sich selbst als Vollblut-Tussi bezeichnet und dabei genau erklären kann, was es damit auf sich hat. Keine Frage, sie ist ein Naturtalent. Wie gut, dass sie ihr Jurastudium an den Nagel gehängt hat. Als Comedienne kann sie auf jeden Fall mehr für die Emanzipation der Menschheit tun als eine Anwältin. Und zwar auf ihre Weise.
Geschickt blickt die Deutschperserin von einem Land zum anderen – zeigt Vorurteile und Missstände auf und nennt diese beim Namen. „Sind Nazis hier“, fragt sie mit ihrer unnachahmlichen Pieps-Stimme, „ruhig mal die rechte Hand heben!“ Oder sie fällt über die IS-Terrorgruppe her: „Habt ihr gesehen, wie die angezogen sind?“ Der Witz besteht dabei in der Verquickung von intelligenten Seitenhieben auf kulturelle Eigenarten und ihrer zur Schau gestellten Weiblichkeit – hierzulande eines der wenigen Tabus. Wer als Frau schön und sexy ist, sollte im Oberstübchen eher unbedarft sei, so die einhellige Meinung.
Ihrem familiären Background – der Vater ein vom iranischen Regime verfolgter Hardcore-Kommunist, die Mutter eine Feministin alter Schule – hat sie es zu verdanken, dass ihr Programm auf festem, intellektuell untermauerten Fundament steht. Sie erzählt, was sich ihre Eltern haben einfallen lassen, um sie zu einer politisch korrekten jungen Frau zu erziehen – frühzeitig mit der Lektüre von Karl Marx‘ kommunistischem Manifest konfrontieren und die Schultüte mit Durchhalte-Parolen beschriften. Es hat funktioniert: Enissa Amani ist nicht nur eine kluge und selbstbewusste Comedienne geworden, sie schert sich auch nicht um Konventionen und Genre-Grenzen. Als Stefan Raab sie in seine Sendung „TV total“ einlud, war das für sie so etwas wie ein Ritterschlag der Zunft. Richtig stolz durfte sie als Moderatorin einer Riesenveranstaltung wie dem Noruz-Fest in der Oberhausener Arena sein, zu der rund 15 000 Menschen geströmt sind. Und im Frühjahr diesen Jahres war sie eine der Kandidatinnen in der RTL-Tanzshow „Let‘s Dance“. Wer sagt da, der August hätte nichts zu bieten – fragt sich Ihre stets über Tage lebende
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