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Martina Dietrich ist für eine verpflichtende Gemeinwohl-Bilanz
Foto: Rendel Freude

Wirtschaft für alle

28. Dezember 2022

Die Gruppe Gemeinwohl-Ökonomie Köln-Bonn – Teil 2: Lokale Initiativen

Geht es nach den Verfechtern der Gemeinwohl-Ökonomie, dann richtet sich die Wirtschaft nach dem Wohl der Menschen – nicht umgekehrt. „Wir müssen anders wirtschaften, um allen Menschen und Lebewesen ein gutes Leben zu ermöglichen“, sagt Martina Dietrich. Sie gehört zum Vorstand des Vereins Gemeinwohl-Ökonomie Rheinland, 2018 gründete sie die Regionalgruppe Köln-Bonn. Nach vielen Jahren in der Personal- und Organisationsentwicklung, könne sie sich nun als selbstständige Unternehmensberaterin für Menschenwürde und Solidarität einsetzen.

Die Bewegung entstand 2011 und geht zurück auf das Buch „Gemeinwohlökonomie“ des österreichischen Aktivisten Christian Felber. Während Kritiker seine Thesen als ungenau und schwer umsetzbar beurteilen, treffen sie jedenfalls einen Nerv. Denn während an Hochschulen eine Volkswirtschaftslehre nach neoliberal-kapitalistischen Grundsätzen vorherrsche, suchten Studierende, Konsumenten und Unternehmen zunehmend nach alternativen Wirtschaftsmodellen, ist Dietrich überzeugt.

Mehr als Profit

Wichtiges Instrument ist hierbei die Gemeinwohl-Bilanz eines Unternehmens. Mit einer Matrix wird die Umsetzung von Grundwerten bei zentralen Gruppen wie Lieferanten, Kunden, Mitarbeitenden überprüft. Neben dem Gewinn sollen vor allem Nachhaltigkeit und Klimaschutz, Transparenz und Gerechtigkeit bedacht werden.

Für gemeinwohlorientiertes Handeln gibt es Punkte. Arbeitet ein Unternehmen mit fair und ökologisch produzierenden Subunternehmen zusammen, zahlt faire und transparente Löhne und fördert die Mitbestimmung der Mitarbeiter, hat es gute Chancen auf eine hohe Punktzahl. Mit einem Zweijahresbericht werde Transparenz geschaffen und Kunden, Lieferanten und Mitarbeitende könnten sich so für oder gegen Unternehmen entscheiden, so Dietrich.

Gemeinwohlberater können den Prozess überprüfen. „Die Gemeinwohl-Bilanz soll kein neues Greenwashing-Tool sein“, so Dietrich. Zurzeit sei die Bilanzierung freiwillig, teilnehmen würden vor allem kleine und mittelständische Unternehmen, die an Veränderung interessiert seien, derzeit deutschlandweit über 600 Unternehmen.

Kölner Pilotprojekt

Das Kölner Ratsbündnis aus Grünen, CDU und Volt will das etablieren. Im Rahmen eines Pilotprojekts erstellen zwölf Kölner Unternehmen eine Gemeinwohl-Bilanz, darunter die Brauerei Heller, Bunte Burger, Köln Bäder oder die Stadtentwässerungsbetriebe. Die Kosten übernimmt die Stadt. Auch europäische Richtlinien werden geprüft, bereits 2024 soll die Gemeinwohl-Bilanzierung ein Instrument sein, mit dem größere Unternehmen ihre Berichtspflicht erfüllen können. „Die Gemeinwohl-Bilanz sollte verpflichtend für alle Unternehmen sein, dann würden endlich auch die schwarzen Schafe sichtbar“, sagt Dietrich. Einen Lichtblick sieht sie in der Bildung, in Österreich, Italien und Spanien gebe es bereits Lehrstühle für Gemeinwohl-Ökonomie.

Auch in Köln pflege der Verein Kontakte zu Hochschulen, so Dietrich, es bildeten sich Arbeitsgruppen, auch länderübergreifend. Beim „Schokoladenplanspiel“ können Schülerinnen und Schüler Grundsätze der Gemeinwohl-Ökonomie verfolgen.

Für eine Gemeinwohl-Ökonomie sei zu klären, welche Messgrößen das Wohlergehen widerspiegeln – was bedeuten Glück und Zufriedenheit? In Tübingen gibt es dazu ein empirisches Projekt unter Bürgerbeteiligung. Damit „Gemeinwohl“ keine hohle Phrase bleibt.


ARMUT LEICHT GEMACHT - Aktiv im Thema

ichbinarmutsbetroffen.start.page | Die basisdemokratische und linke Bewegung erwartet von der Politik, die Armutsfrage ernst zu nehmen.
dishwasher-magazin.de | Das „Magazin von und für Arbeiter*innenkinder“ gibt denen eine Stimme, die aufgrund ihres „tatsächlichen, vererbten“ oder „zugeschriebenen sozialen Status benachteiligt, diskriminiert und entwürdigt“ werden.
bodoev.org | Seit fast 30 Jahren klärt der Verein mit seinem in Dortmund und umliegenden Städten verteilten Straßenmagazin in über die Belange armer und obdachloser Menschen auf.

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Mareike Thuilot

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