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Freut sich auf Gesellschaftskritik: Moderator Max Moor
Foto: Kreklau

Ziemlich große Fußstapfen

30. April 2014

In Duisburg wird das „schwarze Schaf“ auserkoren – Komikzentrum 05/14

Er selbst nannte sich gerne „das Schwarze Schaf vom Niederrhein“, andere erfanden weitere tierische Bezeichnungen für Hanns Dieter Hüsch (1925-2005), den Poeten unter den Kabarettisten. „Fuchs im Hühnerstall der deutschen Sprache“, „literarische Fledermaus“, „räsonierender Kauz“, „Spottdrossel“ und „weiser Uhu“ sind nur einige Umschreibungen, mit denen er im Laufe seines Lebens bedacht wurde. Den mit insgesamt 12.000 Euro dotierten Preis rief Hüsch 1999 ins Leben. Mit ihm sollen Nachwuchskünstler unterstützt werden, die in seine – ziemlich großen – Fußstapfen treten.

Sechs von insgesamt zwölf Kandidaten haben das Vorrundenprogramm erfolgreich absolviert: Erik Lehmann, Helene Mierscheid, Till Reiners, Simon & Jan, René Sydow und Volker Weininger werden im Finale am 10. Mai im Theater am Marientor in Duisburg der Jury zeigen, wo der hüsche Hammer hängt. Die Moderation des Abends besorgt der aus dem Fernsehen bekannte Autor und Landwirt Max Moor, der verlauten ließ, dass er sich bereits im Vorfeld auf eine „ordentliche Portion Gesellschaftskritik“ freue.

Da wird ihn Erik Lehmann nicht enttäuschen. Der 1984 in Leipzig geborene und nun in Dresden lebende Kabarettist schert sich wenig um political correctness, sondern haut gerne dort auf den Putz, wo dieser abzublättern droht. Till Reiners wiederum kommt aus der Slam-Poetry-Ecke und hat sich peu à peu in Richtung politischer Querkopf entwickelt. Der Mann macht es weder sich noch dem Publikum leicht. Er fragt zum Beispiel nach den Maßstäben, die bei Asylbewerbern angelegt werden und argumentiert ganz perfide mit den Argumenten von Innenminister Friedrich: „Bekommen sie hier mehr Würde als in dem Land, aus dem sie geflohen sind?“ Klare Antwort: „Ja.“

Ebenfalls ein Ex-Slammer: der wortgewandte René Sydow. Sein Credo: „Kabarett ist nicht der Ort, wo am lautesten gelacht, sondern am lautesten gedacht wird“. Wenn nicht alles täuscht, wird der kluge Kopf, durch den er sich selber gerne geht, das Rennen machen: Als Schauspieler ist er nicht nur dazu in der Lage, seine Texte dramaturgisch geschickt zu präsentieren, er ist auch einer von jenen Künstlern, denen man stundenlang beim Denken zuhören kann. Würde HDH gefallen, garantiert.

Sicher auch das, was Simon & Jan machen: singen und erzählen. Die beiden Vertreter einer runderneuerten Liedermacher-Szene singen – meist im Duett – wie einst Simon & Garfunkel, spielen Akustikgitarre wie junge Götter und mischen in ihren Texten Tiefgründiges mit Nonsens. All das mit stupender Präzision, angereichert mit einer Prise Schüchternheit und Schalk: „Ach Mensch“, so der Titel ihres Programms, in dem extrem kurze Passagen („Ich leide unter Stimmungsschwankungen“) mit Zyklen aus der Reihe „Hilfe aus dem Jenseits“ kontrastiert werden.

Weit weniger Hüsch-affin ist dagegen Volker Weininger. Der „Trick“, mit dem er arbeitet ist so schlicht wie wirkungsvoll. Einfach mal die Dinge beim Namen nennen – und deren Kehrseite beleuchten. Mit treuherziger Miene nimmt er die Experten-Schwemme im deutschen Fernsehen unter die Lupe. Oder fragt naiv, ob Politiker überhaupt noch als Vorbilder taugen? Die Antwort: Kommt darauf an, wofür. Oder er berichtet unter anderem von seinem Werdegang, der ihn als Aushilfslehrer nach Yorkshire in England führte, wo ihm sein pädagogischer Eros ein für alle Mal ausgetrieben wurde.

Die einzige Frau des Abends ist gleichwohl nicht zu übersehen: Helene Mierscheid kann mit ihren Pfunden wuchern – seien es das Hüftgold oder ihre Fähigkeit, politische Missstände mit Witz und Verstand anzuprangern. Und sie hat sogar pfiffige Lösungen für die flotte Fertigstellung des Berliner Flughafens in petto. Wer den Preis mit nach Hause nehmen darf, wird sich zeigen. Fest steht nur: Eine(r) wird gewinnen – orakelt die stets über Tage lebende

ANNE NÜME

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