Für die Kunstsammlung NRW am Düsseldorfer Grabbeplatz war die berühmt-berüchtigte Handtasche der ‚Eisernen Lady‘ sowie das gesamte Thema der Krise des Neoliberalismus „zu schwergewichtig, um es in Form einer Performance abzuhandeln“, wie Kuratorin Dr. Doris Krystof verlauten ließ. Dankbar hingegen zeigte sich Felicia Mülbaier, Mitarbeiterin des NRW-Forums unweit der Tonhalle, die zum Abschluss der attac-Aktion stellvertretend für den Museumsdirektor insgesamt drei Exponate mit den Worten entgegennahm: „Herzlich Willkommen Neoliberalismus, herzlich Willkommen im NRW-Forum. Du bist jetzt Teil der Ausstellung 'Planet B'!“ Dort werden neben Maggies Tasche nun bis zum 21. August auch das überlebensgroße Abbild eines „Homo Oeconomicus“ sowie ein abstrakt-geometrisches Kunstwerk zu sehen sein, das frei nach einem Diktum von Sigmar Polke gestaltet wurde: „Höhere Wesen befahlen: Neoliberalismus ins Museum!“
Als „riesiges, weltumspannendes Kunstprojekt“ und „asoziale Machtwirtschaft“ wird die zum musealen „Weltkulturerbe“ erklärte kapitalistische Ideologie des Neoliberalismus bei der Auftakt-Performance der attac-AktivistInnen vor den Kunstsammlungen NRW bezeichnet und das „Versprechen unbegrenzten Wachstums“ als „ökonomischer Gagaismus“ gegeißelt – „absurder als Dadaismus, Surrealismus und Fluxus zusammen“. Dennoch will das die Kunst des 20. Jahrhunderts versammelnde K20 am Düsseldorfer Grabbeplatz die Exponate nicht annehmen: „Museen dürfen nicht als Grab oder Endlager missbraucht werden, um zum Beispiel Symbole eines überwundenen Neoliberalismus auszustellen“, zitiert der Kölner Journalist, Autor und Volkswirt Matthias Holland-Letz die Argumentation der K20-Kuratorin auf Anfrage des trailer-ruhr-Magazins. „Der satirische Ansatz der Aktion hat sich der Kuratorin offensichtlich nicht erschlossen“, konstatiert Holland-Letz, der die Abschlussaktion der attac-Sommerakademie mit vorbereitete und bereits Ende Mai Kontakt mit den Kunstsammlungen NRW aufgenommen hatte. Pressesprecher Gerd Korinthenberg hingegen betont, dass eine Annahme der Exponate schwerlich mit dem „Profil unseres Hauses“ vereinbar sei: „Geschenke nehmen wir nur in Ausnahmefällen an.“
In jedem Fall sorgte die Performance zum Ende der diesjährigen attac-Sommerakademie für gute Stimmung und schöne Bilder, als die Exponate im einige hundert Meter weiter gelegenen NRW-Forum schließlich doch noch ihren Platz finden. Eine solche Aktion im öffentlichen Raum trägt sicherlich dazu bei, Sympathien für das globalisierungskritische Netzwerk zu stiften, dem zuletzt die Gemeinnützigkeit entzogen wurde. Vielleicht lässt sich so auch das eine oder andere Neumitglied gewinnen – angesichts „stark steigender Mitgliedszahlen“ zeigt sich Veronika Czech (attac-Pressestelle) jedenfalls zuversichtlich: „Wir werden bald die 30.000 knacken!“ Sicherlich kann es mit solchem Elan zudem gelingen, das aktuelle Hauptziel des Netzwerks zu erreichen und neben dem Neoliberalismus als nächstes – nicht nur symbolisch – auch die geplanten Freihandelsabkommen TTIP und CETA ins Museum zu verbannen.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Sonderfall der Moderne
Marc Chagall in der Düsseldorfer Kunstsammlung NRW
Fast ein Lufthauch
Yoko Ono in der Düsseldorfer Kunstsammlung NRW
Am Anfang der Abstraktion
Hilma af Klint und Wassily Kandinsky in Düsseldorf – Kunst in NRW 05/24
Puls des Lebens
Chaïm Soutine im K20 in Düsseldorf – Kunst in NRW 12/23
Farben des Lichts
Etel Adnan im K20 in Düsseldorf – Kunst in NRW 05/23
Bäume und Linien
Piet Mondrian in Düsseldorf – Kunst in NRW 01/23
Zeitgeschichte als Skulptur
Reinhard Mucha in der Kunstsammlung NRW – Kunst in NRW 11/22
Himmel und Erde
„Lygia Pape – The Skin of All“ in Düsseldorf – Kunst in NRW 05/22
Abstraktion der Geschwindigkeit
Georges Braque's Kubismus in Düsseldorf – Kunst in NRW 11/21
Ein neuer Blick auf die Kunst
Eine „ex-zentrische Moderne“ in Düsseldorf – Kunst in NRW 02/19
Seltene Technik
Anni Albers im K20 in Düsseldorf – Ruhrkunst 08/18
Zwei Farben
Carmen Herrera in Düsseldorf – Kunst in NRW 03/18
Neue Bündnisse, alte Krisen
Online-Diskussion „Wie weiter nach der Bundestagswahl?“ – Spezial 02/25
Deckeln gegen die Mietbelastung
Online-Diskussion „Sind die Mieten noch zu bremsen?“ – Spezial 01/25
Was erreicht worden ist
Warum Nostalgie auch in die Zukunft weist – Spezial 01/25
Ehrung für ein Ruhrgebiets-Quartett
Verleihung des Brost-Ruhr-Preises 2024 in Bochum – Spezial 11/24
Klimaschutz = Menschenschutz
„Menschenrechte in der Klimakrise“ in Bochum – Spezial 11/24
Digitalisierung 2.0
Vortrag über KI in der VHS Essen – Spezial 10/24
Minimal bis crossmedial
Rekorde und Trends auf der Spiel Essen – Spezial 10/24
KI, eine monströse Muse
12. Kulturkonferenz Ruhr in Essen – Spezial 09/24
Wurzeln des Rechtsextremismus
Online-Vortrag „Ist die extreme Rechte noch zu stoppen?“ – Spezial 09/24
Wem gehört die Ökosphäre?
Seminar „Die Rechte der Natur“ in der VHS Dortmund – Spezial 05/24
Stimmen der Betroffenen
Vortrag über Israel und Nahost in Bochum – Spezial 04/24
Außerhalb der Volksgemeinschaft
Vortrag über die Verfolgung homosexueller Männer in der NS-Zeit in Dortmund – Spezial 04/24
„Ruhrgebietsstory, die nicht von Zechen handelt“
Lisa Roy über ihren Debütroman und das soziale Gefälle in der Region – Über Tage 04/24