Die weltgrößte Messe für Gesellschaftsspiele feiert einen Rekord. Erstmals waren alle vier Besuchertage der Spiel Essen ausverkauft. 204.000 Menschen aus aller Welt füllten die Messehallen in Essen an vier Tagen. Aus mehr als 80 Ländern kam das Publikum, geeint durch die Freude am gemeinsamen Spielen, um zu entdecken, einzukaufen und sich auszutauschen. Die Spielemesse unterstrich auf der bislang größten Fläche ihre internationale Bedeutung: 923 Aussteller aus 52 Ländern präsentierten über 1.500 neue Spiele – nicht nur ein Eldorado für Spielefans, sondern auch ein Ort des globalen Austauschs.
Rock und Fantasy
Ganz offiziell dienten dem Austausch Präsentations- und Diskussionsformate. So diskutierten Wissenschaftler und Praktiker unter dem Titel „Educators Day“ den Einsatz von Spielen in der Bildung. Unter dem Titel „Finsterwacht“ bot das gleichnamige crossmediale Fantasyprojekt aus dem Fantasy-Universum von „Das Schwarze Auge“ (DSA) eine aufwändige Vorstellung. Dahinter stehen die Mittelalter-Rock-Band Saltatio Mortis, die Fantasy-Autoren Bernhard Hennen und Torsten Weitze sowie der Spiele-Redakteur Nikolai Hoch. Die Beteiligten beantworteten auf einem Podium Fragen dazu, wie das aufwändige Projekt entstanden ist. Anschließend gab die Band ein Konzert und eine ausgedehnte Autogrammstunde. Der zuletzt medial sehr umtriebige Frontmann Alea ist sowohl der Held des DSA-Abenteuers als auch offizielles Gesicht der Messe. Die Power-Metal-Band Blind Guardian präsentierte am Stand von Ulisses Spiele ihr Brettspiel „From the Other Side“.
Analog und digital
Crossmedialität lässt sich in doppelter Hinsicht als Trend der Branche ausmachen. Erstens: Die Franchisierung macht auch vor der Spielewelt nicht Halt. Der Verlag und Vertrieb Asmodee hat in Zusammenarbeit mit Lego das Klemmbausteinbrettspiel „Monkey Palace“ präsentiert. Ravensburger Sammelkartenspiel „Lorcana“, in dem alle möglichen Disney-Universen aufeinandertreffen, zog Spieler aller Altersgruppen an den riesigen Stand. Zweitens: Computer- und Gesellschaftsspiele scheinen einander zu befruchten. Viele, gerade aufwändigere, analoge Spiele übernehmen Motive und Mechanismen aus dem Digitalen. Während Ressourcenmanagement im Hintergrund vom Computer übernommen werden kann, sah man auf der Messe eine Menge Spieltische mit einer bunten Fülle an Jetons, Markern und Chips, über die der Spieler wachen muss. – Das scheint auch zu einem Gegendtrend zu führen: Viele Spiele wollen durch Minimalismus, auch im Design, und einfache Spielprinzipien trumpfen, wie die Spiele von Cosmoludo.
Eigene Ideen verwirklichen
Darüber hinaus bieten immer mehr Brettspiele, wie ihre digitalen Pendants, Einzelspieler-Modi. Das gilt sowohl für Abenteuer-Spiele, deren kooperatives Spielprinzip immer mehr Verbreitung findet, als auch für Logik- und Knobelspiele. Zu dem Letzteren zählt „Next Station London“ von HCM Kinzel, das auf der Auswahlliste zum Spiel des Jahres 2023 stand und von dem dieses Jahr Erweiterungen (Tokyo und Paris) präsentiert wurden. Zu ersteren zählt „Heroes of Might and Magic III“ (HOMM III) von Archon Studio, das sich möglichst nah an seinem PC-Spiel-Vorbild halten will und damit zeigt, wie nah beide Welten doch beieinander liegen – oder zumindest was für zwei Herzen in der Spielerbrust schlagen. Das Brettspiel HoMM III wurde per Crowdfunding finanziert. Plattformen wie Kickstarter ermöglichen es Autoren und Teams, ihr Spiel zu veröffentlichen, auch wenn kein Verlag daran glaubt. So hatte Kickstarter einen eigenen großen Stand. Drumherum präsentierten viele junge Teams ihre Prototypen. Erwähnenswert hierbei ist „Fairy Tale“, das durch einen Überfluss in der grafischen Gestaltung der Spielflächen und –figuren auffällt. Ein wirklich märchenhafter Blickfang, der auf seine Finanzierung wartet.
Mit hunderten von großen und kleinen Ständen mit Miniaturen, Karten, Klötzen, Plättchen, Stiften, elektronischen Geräten, Plastik, Holz, Pappe, beweglichen Teilen und starren Arrangements sowie Herausforderungen für kleine und große Hände, Gehirne und Mäuler bot die Spielemesse einen umfassenden Blick auf die Vielfalt der Brett- und Gesellschaftsspiele oder vielmehr: auf das Spielen.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Was erreicht worden ist
Warum Nostalgie auch in die Zukunft weist – Spezial 01/25
Ehrung für ein Ruhrgebiets-Quartett
Verleihung des Brost-Ruhr-Preises 2024 in Bochum – Spezial 11/24
Klimaschutz = Menschenschutz
„Menschenrechte in der Klimakrise“ in Bochum – Spezial 11/24
Digitalisierung 2.0
Vortrag über KI in der VHS Essen – Spezial 10/24
KI, eine monströse Muse
12. Kulturkonferenz Ruhr in Essen – Spezial 09/24
Wurzeln des Rechtsextremismus
Online-Vortrag „Ist die extreme Rechte noch zu stoppen?“ – Spezial 09/24
Wem gehört die Ökosphäre?
Seminar „Die Rechte der Natur“ in der VHS Dortmund – Spezial 05/24
Stimmen der Betroffenen
Vortrag über Israel und Nahost in Bochum – Spezial 04/24
Außerhalb der Volksgemeinschaft
Vortrag über die Verfolgung homosexueller Männer in der NS-Zeit in Dortmund – Spezial 04/24
„Ruhrgebietsstory, die nicht von Zechen handelt“
Lisa Roy über ihren Debütroman und das soziale Gefälle in der Region – Über Tage 04/24
Unterschiedliche Erzählungen
Vortrag zur Geschichte des Nahostkonflikts in Bochum – Spezial 03/24
„Was im Ruhrgebiet passiert, steht im globalen Zusammenhang“
Die Dokumentarfilmer Ulrike Franke und Michael Loeken über den Strukturwandel – Über Tage 03/24
Geschichte der Ausbeutung
„Wie Europa Afrika unterentwickelte“ im Bochumer Bahnhof Langendreer – Spezial 02/24
„Einer muss ja in Oberhausen das Licht ausmachen“
Fußballfunktionär Hajo Sommers über Missstände im Ruhrgebiet – Über Tage 02/24
„Mir sind die Schattenseiten deutlicher aufgefallen“
Nora Bossongüber ihre Tätigkeit als Metropolenschreiberin Ruhr – Über Tage 01/24
„Hip-Hop hat im Ruhrgebiet eine höhere Erreichbarkeit als Theater“
Zekai Fenerci von Pottporus über Urbane Kultur in der Region – Über Tage 12/23
Suche nach Klimastrategien
Gespräch im Essener LeseRaum Akazienallee – Spezial 11/23
„Das Ruhrgebiet erscheint mir wie ein Brennglas der deutschen Verhältnisse“
Regisseur Benjamin Reding über das Ruhrgebiet als Drehort – Über Tage 11/23
„Kaum jemand kann vom Schreiben leben“
Iuditha Balint vom Fritz-Hüser-Institut über die Literatur der Arbeitswelt – Über Tage 10/23
Irrweg deutscher Migrationspolitik
„Blackbox Abschiebung“ in Düsseldorf – Spezial 09/23
„Es hat mich umgehauen, so etwas Exotisches im Ruhrgebiet zu sehen“
Fotograf Henning Christoph über Erfahrungen, die seine Arbeit geprägt haben – Über Tage 09/23
Diskursive Fronten überwinden
„Produktives Streiten“ in Mülheim – Spezial 08/23
Erinnern heißt Widerstand
Sommerfest des Fritz Bauer Forums in Bochum – spezial 08/23
„Man könnte es Stadtpsychologie nennen“
Alexander Estis ist für sechs Monate Stadtschreiber von Dortmund – Über Tage 08/23
Metaphern, Mechaniken, Meisterschaften
Offener Tag im Flipperverein Freeplay.ruhr in Herten – Spezial 07/23