Die Kunst von Douglas Gordon ist nichts für den schnellen Blick. Berühmt wurde der schottische Künstler vor einem Jahrzehnt mit „24 Hour Psycho“: Er macht in seinem Film nichts weiter, als Hitchcocks Thriller „Psycho“ auf eine Länge von vierundzwanzig Stunden zu dehnen. Was in der extremen Zeitlupe als Provokation erscheinen mag, ist tatsächlich ein großes Erlebnis. Douglas Gordon verbindet Dramatik mit Meditation, und er betont die Bedeutung jeder Geste – wobei ein Tag unseres Lebens das Maß ist … Der andere bekannte Film ist „Zidane: A 21st Century Portrait“ (2006). Gemeinsam mit seinem Kollegen Philippe Parreno hat Douglas Gordon den begnadeten Fußballer in einem Fußballspiel mit siebzehn Kameras wie mit Facettenaugen „überwacht“. Douglas Gordon zersplittert Handlung und macht sie in ihren Einzelheiten zugänglich. Seine Motive entstammen unserem kollektiven Gedächtnis. Er greift auf die Pop-Kultur zu und dechiffriert ihre Wirkweisen und hinterfragt unsere Wahrnehmung zwischen lapidarem Konstatieren und pathetischer Stilisierung. Dazu arbeitet Gordon, der 1966 geboren wurde und seit 2010 eine Professur für Film an der Frankfurter Städelschule innehat, außerdem mit Schrift als visueller und inhaltlicher Form. Und er macht neben den filmischen Arbeiten auch Performances und schafft skulpturale Installationen.
Im Grunde schließt die fotografische Inszenierung, die Douglas Gordon nun im Museum Folkwang zeigt, daran an. Sie setzt eine Vielzahl alltäglicher und fremdartiger Fotografien zueinander und fügt an einzelnen Stellen Spiegelflächen ein. Das eigene Sehen, das Teil der Bilderwand wird, ist automatisch mit der Selbsterkenntnis verbunden. – Douglas Gordon, der zu den Global Playern der Kunst gehört, ist derzeit sogar noch zweimal in der Region vertreten: bei der Emscherkunst mit einer Gemeinschaftsarbeit und, im Rahmen der Ruhrtriennale, mit einer Videoinstallation in der Mischanlage im Welterbe Zollverein. Hier werden wir blendendes Licht und tiefste Dunkelheit erleben – und sollten auch das nicht verpassen.
„Douglas Gordon. Everything Is Nothing without Its Reflection – A Photographic Pantomime“ I bis 17. November I Museum Folkwang, Essen I www.museum-folkwang.de
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Reagieren auf den Klimawandel
Tanz-Projekt im Essener Museum Folkwang
Auf Augenhöhe
Deffarge & Troeller im Essener Museum Folkwang – Ruhrkunst 01/25
Hin und weg!
„Ferne Länder, ferne Zeiten“ im Essener Museum Folkwang – Ruhrkunst 05/24
Keine Illusionen
Wolf D. Harhammer im Museum Folkwang in Essen – kunst & gut 03/24
„Wir sind stolz darauf, diese Werke im Bestand zu haben“
Kuratorin Nadine Engel über die Ausstellung zu Willi Baumeister im Essener Museum Folkwang – Sammlung 02/24
Visionen von Gemeinschaft
„Wir ist Zukunft“ im Essener Museum Folkwang – Ruhrkunst 01/24
Aufbruch und Experiment in Paris
Meisterwerke der Druckgraphik im Museum Folkwang in Essen – kunst & gut 10/23
Kompatibel mit Museum
Rafaël Rozendaals NFTs in Essen – Ruhrkunst 05/23
Schütten statt Pinseln
Helen Frankenthaler im Museum Folkwang – Ruhrkunst 01/23
Sie macht ihre Reisen im Internet
Thomas Seelig über Daniela Comani im Museum Folkwang – Sammlung 01/23
Es zählt nur die Botschaft
We want you! im Museum Folkwang – Kunstwandel 07/22
„Zugespitzt auf das eigene Haus und seine Geschichte“
Tobias Burg und Rebecca Herlemann über die Ausstellung „Expressionisten am Folkwang“ – Sammlung 07/22
Nudel, Mops und Knollennase
Loriot in der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen – Ruhrkunst 03/25
Hannibal, ungeschönt
Latefa Wiersch im Dortmunder Kunstverein – Ruhrkunst 03/25
Gewebt, geknüpft, umwickelt
Sheila Hicks in Bottrop – Ruhrkunst 02/25
Wovon Bunker träumen
„Radical Innovations“ in der Kunsthalle Recklinghausen – Ruhrkunst 02/25
Runter von der Straße
Graffiti-Künstler im Märkischen Museum Witten – Ruhrkunst 01/25
Die Dinge ohne uns
Alona Rodeh im Kunstmuseum Gelsenkirchen – Ruhrkunst 12/24
Strich für Strich
„Zeichnung: Idee – Geste – Raum“ in Bochum – Ruhrkunst 12/24
Hinter Samtvorhängen
Silke Schönfeld im Dortmunder U – Ruhrkunst 11/24
Keine falsche Lesart
Ree Morton und Natalie Häusler im Kunstmuseum Bochum – Ruhrkunst 11/24
Gelb mit schwarzem Humor
„Simpsons“-Jubiläumschau in Dortmund – Ruhrkunst 10/24
Die Drei aus Bochum
CityArtists in der Wasserburg Kemnade – Ruhrkunst 09/24
Roter Teppich für das Kino
Kino- und Filmgeschichte des Ruhrgebiets im Essener Ruhr Museum – Ruhrkunst 08/24