Rechts und links vorm Treppenabgang in den neuen Wechselausstellungstrakt zeigen zwei Videodisplays ein Kuriosum im nächtlichen Stadtraum. Aus dem Straßenpflaster schraubt sich ein blinkender Poller, bekrönt von einem Plateau voller Zigarettenkippen, das er sogleich wieder aufs Straßenniveau absenkt – auf und ab. Wirkt realistisch. Aber kann das sein: Absperrpoller als Aschenbecher? Also treppab und hinein in die „Interzone“. Die in Berlin lebende Multimediakünstlerin Alona Rodeh (geb. 1979 in Israel) hat ihre Einzelschau nach William S. Burroughs‘ abgründiger, gesetzloser Zwischenwelt benannt. Entsprechend ist das abgedunkelte Untergeschoss des Museums mit zwielichtigen Szenarien ausgestaltet, die komplett ohne Menschen auskommen. In dunklen Winkeln finden sich Gaming-Stationen und Videoscreens mit kurzen geloopten Clips. Schon das erste Videowerk „Black-Silver-Gold“, 2023, macht klar: Hier ist nichts Reales abgefilmt, alles digital animiert. An einer Tankstelle versprüht ein Zapfhahn selbsttätig in eleganten Schlauchschwüngen den Sprit in opulenten Gold- und Silberfontänen.
Alona Rodeh zeigte früher Installationen aus Alltagsobjekten, doch schwenkte nun um von analog auf digital. Sie versteht sich als kreative Producerin, die gemeinsam mit einem Team aus Web-, Game- und Sounddesignern und Programmierern dystopische Animationen entwickelt über Dinge unserer Konsumwelt, die ihr Eigenleben führen. Da umtänzeln sich zwei E-Scooter auf der nächtlichen Straße zu flotten Klängen im harmonischen Duett, bis plötzlich weitere Roller vom Himmel herabknallen – „Runway Freefall“, bis zur finalen Zerstörung. Und „The Juicer“ beweist, dass nachts zum Laden eingesammelte E-Scooter im Sprinter rot blinkend Party machen. An Spielstationen können Besucher entweder mit beweglichen Geldautomaten Autoscooter fahren („Wasted“) oder mit virtuellem Greifarm statt Plüschtieren Elektroschrott angeln („Token Eater“). Damit spielt auch Rodehs zentrale und neuste Videoarbeit „Core Dump“: Auf einer fiktiven Müllkippe sortieren Schwärme von Drohnen Elektroschrott, bis sie unvermittelt in endlos tiefe Schächte abstürzen. Alona Rodehs Werke sind zwiespältig, voller Anspielungen und unaufdringlicher Gesellschafts- und Konsumkritik, sie vermitteln verstörende Endzeitstimmung und sind doch immer amüsant.
Alona Rodeh: Interzone | bis 2.3.2025 | Kunstmuseum Gelsenkirchen | 0209 169 43 61
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